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Sekundenpendel
wuerg, 23.07.2018 16:45
Wenn man dem vernünftigen Gedanken folgt, daß neuere antike Maße in vorwiegend rationalen Verhältnissen auf älteren aufbauten [1], dann liegen sehr viele verwertbare Artefakte vor, die zu einer metrologischen Nippurelle von 0,518541 Metern führen, wovon der ‚wahre‘ [2] Wert nur um ein Promille abweichen sollte. Ich benutze im folgenden den etwas größeren, dafür aber 7‑glatten metrologischen Wert e=0,518616 m der mesopotamischen Nippurelle. Das sind 2³⋅3³⋅7⁴ Mikrometer.
Alexander Thom will in noch älteren Bauwerken und Ornamenten ein steinzeitliches Maß von 2,715′, also 0,827532 Metern gefunden haben, das er megalithisches Yard nannte. [3] Wenn man ihm folgt, sollte die Nippurelle daraus hervorgegangen sein. [4] Genauere Messungen erhöhten später auf 2,722′ in sehr gutem Einklang mit einem einem metrologischen megalithischen Yard von y=8e/5=0,8297856 m.
Esoteriker versuchen die Maße aus dem Erdumfang, der damals in der geforderten Genauigkeit gar nicht bekannt sein konnte, oder aus Pendelzeiten abzuleiten. Beides wirkt recht konstruiert und unterstellt eine Teilung des Kreises, des Erdumfanges, des Tages in ‚megalithische‘ Teile von 366. Heute stehen Zeiten und Längen gemäß der Lichtgeschwindigkeit in einem festen Verhältnis. Und auch vor vielen Jahrtausenden wurde bereits ein Zusammenhang von Zeit und Raum vermutet.
Die Länge eines idealen Pendels mit einer Halbschwingungszeit von T=1s heißt Sekundenpendel. Bei einer Erdbeschleunigung g=9,793m/s² knapp unterhalb des 30. Breitengrades [5] ergibt sich s=g⋅(T/π)²=0,99225m=375e/196 als metrologischer Wert. Um davon nenneswert abzuweichen, muß man schon auf einen hohen Berg steigen oder nach Skandinavien reisen. Mit diesem Sekundenpendel ergibt sich für ein idelaes Pendel der Länge l eine Halbschwingungszeit von √(l/s) Sekunden.
Aus y=8e/5 und s=375e/196 ergibt sich y/s=1568/1875 und damit für ein ideales Pendel von einem megalithischen Yard eine Halbschwingungszeit von √(1568/1875)=0,914476 Sekunden. Das sind 94480 Schläge an Tag. Die 366-Esoteriker haben die Pendellänge halbiert, wodurch sich 133615 Schläge ergeben, was nahe 366·366=133956 liegt. Ein ideales Pendel, das 366 mal 366 mal am Tag schwingt, ist damit 0,412785 m lang. Damit mißt das daraus abgeleitete esoterische megalithische Yard nur 0,82557 Meter, ist also um zwei bis vier Millimeter kürzer als alle anderen Annahmen und Messungen. Eine Abweichung die auch vor Jahrtausenden nicht akzeptiert worden wäre.
Was glücklicherweise nicht in der Macht der Esoteriker liegt, ist die Anpassung der Maße an ihre Theorie. Das sah Gudea von 4000 Jahren anders. Zum ersten soll er der Meinung gewesen sein, ein Klafter müsse nicht krumme 96, sondern glatte 100 Finger lang sein. Dadurch sinken alle Maße um den Faktor 24/25. Der sog. ideale Gudeafuß von 16 Fingern war damit nur noch 26,55 cm lang, das Yard zu drei Fuß verkürzte sich auf 79,66 cm und die nun wieder 30 Finger lange Elle hatte 49,7871 cm, womit zwei Ellen zu 99,5742 cm recht genau das Sekundenpendel trafen.
Möglicherweise hatte er auch das bereits im Sinn, doch sollen ihm seine Wisenschaftler gesagt haben, daß es leider zu ungenau sei. Somit legte er den Finger auf den sechzigsten Teil des Sekundenpendels fest. Metrologisch gerechnet sind das 2⋅3⁴⋅5³⋅7²/60 Mikrometer, also 1,65375 cm. Damit ist dieses reale Gudeamaß um den metrologischen Faktor 375/392 kürzer als das urspüngliche mesopotamische Nippurmaß mit seinem megalithischen Yard. [6]
Der aufmerksame Leser mag nun einwenden, es habe damals keine Sekunde und damit auch kein Sekundenpendel gegeben: Es könnten aber die babylonischen zwölf Doppelstunden in 60 mal 60 Doppelsekunden untergliedert worden sein. Dann hätte das Sekundenpendel in der einer solchen Zeitspanne von zwei Sekunden eben eine Voll- statt einer Halbschwingung vollführt. Schwieriger wird es, wenn man eine Unterteilung des Tages in 360 mal 360 ges annimmt. Dann ergibt sich eine Zeitspanne von 2/3 Sekunden. Die Pendellänge müßte also 4/9 des Sekundenpendels sein. Oder es wurde nicht einfach ein kleines Gewicht an einem langen Seil gependelt, sondern etwas anderes [7]
[1] Rolf C. A. Rottländer: Ableitung der alten Längeneinheiten und deren rechnerisches Verhältnis.
[2] Einen wahren Wert gibt es nicht, auch wenn unsere Vorfahren sich einen vorgestellt haben mögen. In jedem Falle konnten sie ihn nicht so genau definieren oder darstellen, daß jemals entschieden werden kann, ob rationale Verhältnisse wirklich gegeben sind. Bemerkenswert bleibt in jedem Falle die Genauigkeit trotz mehrstufiger Ableitung aus den Urmaßen.
[3] Die Bezeichnung Yard ist nicht nur der Länge von etwa einem englischen Yard geschuldet. Vielmehr teilte sich eine Nippurelle in 30 Finger, von denen 16 einen Fuß von 27,6 Zentimetern bildeten. Ein megalithisches Yard maß damit wie das englische drei Fuß, auch wenn diese Einheit damals wohl nicht geläufig war.
[4] Man muß ihm nicht folgen, vor allem nicht den Jüngern, die in der ganzen Welt bis in graue Urzeiten dieses megalithische Yard zu sehen glauben. Es ist aber durchaus plausibel, daß sich über die Jahrtausende ein weitgehend einheitliches Grundmaß ausbreiten konnte.
[5] Wilfried Korth: Geodynamik und Erdmessung. Meine Berechnungen folgen der Schwereformel 1967 auf Seite 33 und treffen sehr genau den metrologischen Wert von s=0,99225m. Das sind 2⋅3⁴⋅5³⋅7² Mikrometer.
[6] Gudea hatte wahrscheinlich sein Längenmaß einfach von der Pendellänge übernommen und kein metrologisches Verhältnis von 375/392 im Sinn, auf das man allerdings auch anders kommt: So soll die nubische Nippurelle um den Faktor 15/16 kleiner sein als die mesopotamische, deren königliche Verlängerung um 50/49 auf (15/16)(50/49)=375/392 für das nubische große Königsmaß führte.
[7] Als bronzezeitlicher Pendelmeister hätte ich nicht allein auf ungenaue Seile gebaut, sondern Metallstäbe, besser flache Metallbänder gependelt. Bei einer Länge von 2/3 des Sekundenpendels ergäbe sich nach meiner Rechnung eine Halbschwingungszeit von 2/3 Sekunden. Und solche 2/3‑Sekundenpendel sind zwei Fuß zu je 20 Finger (pygon) lang, die gut in die Denkweise des Gudea passen: Fuß zu 20, Elle zu 30, Sekundenpendel zu 60, Klafter zu 100 Finger.
Menschenmaß | Klafter | Wunschdenken | Gerstenkorn | Megalithisches Yard
Alexander Thom will in noch älteren Bauwerken und Ornamenten ein steinzeitliches Maß von 2,715′, also 0,827532 Metern gefunden haben, das er megalithisches Yard nannte. [3] Wenn man ihm folgt, sollte die Nippurelle daraus hervorgegangen sein. [4] Genauere Messungen erhöhten später auf 2,722′ in sehr gutem Einklang mit einem einem metrologischen megalithischen Yard von y=8e/5=0,8297856 m.
Esoteriker versuchen die Maße aus dem Erdumfang, der damals in der geforderten Genauigkeit gar nicht bekannt sein konnte, oder aus Pendelzeiten abzuleiten. Beides wirkt recht konstruiert und unterstellt eine Teilung des Kreises, des Erdumfanges, des Tages in ‚megalithische‘ Teile von 366. Heute stehen Zeiten und Längen gemäß der Lichtgeschwindigkeit in einem festen Verhältnis. Und auch vor vielen Jahrtausenden wurde bereits ein Zusammenhang von Zeit und Raum vermutet.
Die Länge eines idealen Pendels mit einer Halbschwingungszeit von T=1s heißt Sekundenpendel. Bei einer Erdbeschleunigung g=9,793m/s² knapp unterhalb des 30. Breitengrades [5] ergibt sich s=g⋅(T/π)²=0,99225m=375e/196 als metrologischer Wert. Um davon nenneswert abzuweichen, muß man schon auf einen hohen Berg steigen oder nach Skandinavien reisen. Mit diesem Sekundenpendel ergibt sich für ein idelaes Pendel der Länge l eine Halbschwingungszeit von √(l/s) Sekunden.
Aus y=8e/5 und s=375e/196 ergibt sich y/s=1568/1875 und damit für ein ideales Pendel von einem megalithischen Yard eine Halbschwingungszeit von √(1568/1875)=0,914476 Sekunden. Das sind 94480 Schläge an Tag. Die 366-Esoteriker haben die Pendellänge halbiert, wodurch sich 133615 Schläge ergeben, was nahe 366·366=133956 liegt. Ein ideales Pendel, das 366 mal 366 mal am Tag schwingt, ist damit 0,412785 m lang. Damit mißt das daraus abgeleitete esoterische megalithische Yard nur 0,82557 Meter, ist also um zwei bis vier Millimeter kürzer als alle anderen Annahmen und Messungen. Eine Abweichung die auch vor Jahrtausenden nicht akzeptiert worden wäre.
Was glücklicherweise nicht in der Macht der Esoteriker liegt, ist die Anpassung der Maße an ihre Theorie. Das sah Gudea von 4000 Jahren anders. Zum ersten soll er der Meinung gewesen sein, ein Klafter müsse nicht krumme 96, sondern glatte 100 Finger lang sein. Dadurch sinken alle Maße um den Faktor 24/25. Der sog. ideale Gudeafuß von 16 Fingern war damit nur noch 26,55 cm lang, das Yard zu drei Fuß verkürzte sich auf 79,66 cm und die nun wieder 30 Finger lange Elle hatte 49,7871 cm, womit zwei Ellen zu 99,5742 cm recht genau das Sekundenpendel trafen.
Möglicherweise hatte er auch das bereits im Sinn, doch sollen ihm seine Wisenschaftler gesagt haben, daß es leider zu ungenau sei. Somit legte er den Finger auf den sechzigsten Teil des Sekundenpendels fest. Metrologisch gerechnet sind das 2⋅3⁴⋅5³⋅7²/60 Mikrometer, also 1,65375 cm. Damit ist dieses reale Gudeamaß um den metrologischen Faktor 375/392 kürzer als das urspüngliche mesopotamische Nippurmaß mit seinem megalithischen Yard. [6]
Der aufmerksame Leser mag nun einwenden, es habe damals keine Sekunde und damit auch kein Sekundenpendel gegeben: Es könnten aber die babylonischen zwölf Doppelstunden in 60 mal 60 Doppelsekunden untergliedert worden sein. Dann hätte das Sekundenpendel in der einer solchen Zeitspanne von zwei Sekunden eben eine Voll- statt einer Halbschwingung vollführt. Schwieriger wird es, wenn man eine Unterteilung des Tages in 360 mal 360 ges annimmt. Dann ergibt sich eine Zeitspanne von 2/3 Sekunden. Die Pendellänge müßte also 4/9 des Sekundenpendels sein. Oder es wurde nicht einfach ein kleines Gewicht an einem langen Seil gependelt, sondern etwas anderes [7]
[1] Rolf C. A. Rottländer: Ableitung der alten Längeneinheiten und deren rechnerisches Verhältnis.
[2] Einen wahren Wert gibt es nicht, auch wenn unsere Vorfahren sich einen vorgestellt haben mögen. In jedem Falle konnten sie ihn nicht so genau definieren oder darstellen, daß jemals entschieden werden kann, ob rationale Verhältnisse wirklich gegeben sind. Bemerkenswert bleibt in jedem Falle die Genauigkeit trotz mehrstufiger Ableitung aus den Urmaßen.
[3] Die Bezeichnung Yard ist nicht nur der Länge von etwa einem englischen Yard geschuldet. Vielmehr teilte sich eine Nippurelle in 30 Finger, von denen 16 einen Fuß von 27,6 Zentimetern bildeten. Ein megalithisches Yard maß damit wie das englische drei Fuß, auch wenn diese Einheit damals wohl nicht geläufig war.
[4] Man muß ihm nicht folgen, vor allem nicht den Jüngern, die in der ganzen Welt bis in graue Urzeiten dieses megalithische Yard zu sehen glauben. Es ist aber durchaus plausibel, daß sich über die Jahrtausende ein weitgehend einheitliches Grundmaß ausbreiten konnte.
[5] Wilfried Korth: Geodynamik und Erdmessung. Meine Berechnungen folgen der Schwereformel 1967 auf Seite 33 und treffen sehr genau den metrologischen Wert von s=0,99225m. Das sind 2⋅3⁴⋅5³⋅7² Mikrometer.
[6] Gudea hatte wahrscheinlich sein Längenmaß einfach von der Pendellänge übernommen und kein metrologisches Verhältnis von 375/392 im Sinn, auf das man allerdings auch anders kommt: So soll die nubische Nippurelle um den Faktor 15/16 kleiner sein als die mesopotamische, deren königliche Verlängerung um 50/49 auf (15/16)(50/49)=375/392 für das nubische große Königsmaß führte.
[7] Als bronzezeitlicher Pendelmeister hätte ich nicht allein auf ungenaue Seile gebaut, sondern Metallstäbe, besser flache Metallbänder gependelt. Bei einer Länge von 2/3 des Sekundenpendels ergäbe sich nach meiner Rechnung eine Halbschwingungszeit von 2/3 Sekunden. Und solche 2/3‑Sekundenpendel sind zwei Fuß zu je 20 Finger (pygon) lang, die gut in die Denkweise des Gudea passen: Fuß zu 20, Elle zu 30, Sekundenpendel zu 60, Klafter zu 100 Finger.
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