Ein guter Tag zu sterben
Heute, am Pi-Tag und dem 139. Geburtstag von Albert Einstein ist Stephen Hawking im Alter von 76 Jahren gestorben. Trotz seiner Krank­heit lebte er 31 Tage länger als Albert Einstein. Die meisten trauern um einen großen Denker. Youtube ist voll von Film­chen anläß­lich seines Able­bens. Nur einen Verbap­ten mit Strubbel­bart habe ich dort gesehen. [1]

Was weiß mein Bücher­regal über ihn? Zunächst sehe ich die berühmte kurze Geschichte der Zeit als kleines Taschen­buch mit wenigen Schwarz­weiß-Bil­dern [2]. Nach Hubert Mania "das wahr­schein­lich erfolg­reich­ste Sachbuch des 20. Jahr­hun­derts". [3] Seit dieser Zeit konnte Stephen Hawking nicht mehr sprechen und mußte mit Hilfe eines Compu­ters kommuni­zieren. Das machte ihn noch berühm­ter und bekann­ter, seine Bücher größer, bunter und teurer. [4] Sehen und hören kann man ihn nicht nur in wissen­schaft­lichen Sendungen, sondern auch in der Big-Bang-Theory. [5]

[1] Stephen Hawking is Burning in Hell. Youtube, Ben The Baptist, 14.03.2018. Die 95 Prozent Daumen nach unten über­treffen alles, was ich jemals unter den üblen Mach­werken des Funk-Netz­werkes gesehen habe.
[2] Stephen W. Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit - Die Suche nach der Urkraft des Uni­versums. Rowohlt, Hamburg 1991.
[3] Hubert Mania (Hrg.): Das große Stephen-Hawking-Lese­buch - Leben und Werk. Rowohlt, Hamburg 2003. Seite 7.
[4] Stephen Hawking: Das Universum in der Nußschale. Hoffmann und Campe, 1. Auflage, Hamburg 2001.
[5] Best of Bing Bang Theory - "Stephen Hawking". Youtube, TBBTKripke, 09.12.2016.

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Alhazen von Kairo
Islamisierung ist ein großes hinter der Flücht­lings­welle erkanntes Problem. Gefürchtet wird nicht die fremde Religion, sondern ihre alle Bereiche durch­dringende Inter­pretation, die letzlich kein Erbarmen mit Ungläu­bigen kennt. Gerne wird gegen diese schlichte Sicht einge­wendet, auch das Christen­tum habe seine dunklen Zeiten gehabt, während weit­gehend zeit­gleich die Hoch­kultur von der islami­schen Welt getragen wurde. Das alles stimmt, und ich bin sicher, der Islam wird sich wie das Christen­tum auch wieder berap­peln. Doch ich erlebe es nicht mehr.

Um zu verstehen, wie fromme Moslems denken, sie ihre Meinung Glaubens­brüdern aufzwingen und die Ungläu­bigen nieder­ringen wollen, sehe ich mir gerne Film­chen an, in denen sie ihre Auffas­sung offen raus­hängen lassen. Darunter sind mit­unter Beiträge, die durchaus infor­mativ sind. So der zu Alhazen von Kairo. [1] Das hat mich inso­fern beschämt, als ich Alhazen nicht kannte, obgleich ich mich lange Zeit mit Optik beschäf­tigt habe. Als Entschul­digung kann ich nur anführen, daß ich mich wenig für Geschichte interes­siere und auch Optik-Bücher zu einer modernen Sach­lichkeit neigen, die histo­rische Personen nur kurz oder gar nicht erwähnen.

Natürlich beschönigt der eigent­lich nur aus einigen mageren Sätzen beste­hende Film. So hat Alhazen die Optik nicht durch ein Kerker­fenster, sondern in einer Akademie studiert. Er hatte auch kein Startrek-Armband mit Taschen­rechner und Blei­stift. Und vieles wurde nicht von ihm erfunden, sondern von den Grie­chen und Römern über­nommen und durch ihn bewahrt. Es ist auch nicht böser Wille und Islam­leugnung, daß der volle Name Abu-Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitham latini­siert wurde. Es war damals üblich und half durch Schlicht­heit seinem Über­leben. Auch der in [2] verwen­dete ehren­volle Zusatz "von Kairo" wird nicht gerade jedem zuteil. Wenn ich Araber wäre, würde ich eher kriti­sieren, daß auch im Titel­bild von [1] Alhazen aussieht wie ein weißer Euro­päer mit Turban und kleinem Bart.

Daß Alhazen weit­gehend in Verges­senheit geriet, ist nicht seine Schuld, nicht die des Islam oder Christen­tums, sondern einfach dem Lauf seiner Haupt­wissen­schaft, der Optik geschuldet. Mehr als in anderen Natur­wissen­schaften, zu denen der gemeine Mensch zumeist nur die Anfänge vor mehr als 2000 Jah­ren und den heute in der Schule gelehrten Stand von 1900 kennt, unterlag die Optik einer holpri­gen Entwick­lung. Zwischen den Griechen und Alhazen klafft ein Loch, nach ihm auch eines. Daß 200 Jahre später die Sehhilfe erfunden wurde, mag teil­weise der latei­nischen Über­setzung der Schriften des Alhazen zu verdanken sein. Danach klafft erneut ein Loch. Bis um 1500 Spiegel und die von Alhazen nicht erfundene, aber erforschte Camera Obscura der Allge­meinheit zugäng­lich wurden.

Trotzdem ist Alhazen entgegen des Film­titels nicht der Vater der moder­nen Optik. Die begann erst gegen 1600 mit den ersten Fern­rohren und dem Snell­schen Gesetz, das fast die gesamte Strahlen­optik erklärte und die Kon­struk­tion immer besse­rer optischer Geräte ermög­lichte. [3] Der Vater der moder­nen Optik ist also Snell, wenn man ihn nicht besser nur Vater der Strahlen­optik nennen möchte, denn von Wellen­optik, unsicht­barer Strah­lung, Photonen und Materie aus Licht wußte man damals noch nichts. Licht­leiter, Glas­fasern, Digi­talisie­rung und Flug­taxis waren unbe­kannt. [4]

Zusammen mit der Geometrie verlor die Optik Mitte des 20. Jahr­hunderts an Bedeutung. Im Mathe­matik­unter­richt wurde gerechnet, wo man auch hätte zeichnen können, der Physik­unter­richt reichte kaum über die Brechung an einer Linse hinaus. In der Wissen­schaft selbst aber ist eine umfas­sende Wieder­geburt zu erkennen, die auch den starken Verbin­dungen zu anderen Berei­chen zu verdanken ist. Ohne Optik gäbe es keine modernen Mobil­telefone, schon gar nicht mit einer kleinen Kamera im Werte von 5 Euro mit Bildern, die vor wenigen Jahren nur mit teuren Objek­tiven möglich gewe­sen sind.

Nach diesem Ausflug in meine Auffas­sung vom Werde­gang der Optik nun zurück zum Film. Es ist schön, wenn neben der Verbrei­tung einer mehr als frommen Koran­aus­legung auf die großen Denker des Islam hinge­wiesen wird, weil sie tatsäch­lich zwischen Antike und Moderne gerne verges­sen werden. So ist Alhazen nicht nur der größte Optiker einer Spanne von vielen Jahr­hunderten, sondern darf auch gerne als Begrün­der modernen wissen­schaft­lichen Denkens, ja als großer Erkennt­nistheo­retiker gesehen werden, der die Bedeu­tung des Experi­mentes und des induk­tiven Denkens predigte, auch wenn beides nicht ganz neu war. Davon sollten sich die moder­nen frommen Moslems eine Scheibe abschnei­den. Die Zeiten des Schrift­beweises sind für die Christen­heit vorbei. [5] Die Moslems werden hoffent­lich bald nach­ziehen.

[1] Ibn ul Haytham Vater der modernen Optik. Youtube, Generation Islam, 11.03.2018.
[2] Eugene Hecht: Optik. Oldenbourg, 5. Auflage, 2009. Seite 2: "Nach dem Nieder­gang des West­römi­schen Reiches [...] waren in Europa für längere Zeit kaum wissen­schaft­liche Erfolge zu verzeich­nen. Die von grie­chisch-römisch-christ­licher Kultur domi­nierten Mittel­meer­länder fielen rasch unter die Herr­schaft Allahs." Wer wagt es heute noch, sich so falsch und klar zugleich auszu­drücken? "So verschob sich das Zentrum der Gelehr­samkeit in die arabi­sche Welt, wo auch die Optik unter­sucht und erwei­tert wurde, insbe­sondere von Alhazen (ca. 1000 n.Chr.)." Seite 333: "Direkt hinter der Regen­bogen­haut befindet sich die Linse. Die ältere Bezeich­nung 'Kristal­linse' geht auf die Arbeit von Abu-Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitham, genannt Alhazen von Kairo (ca. 1000 n.Chr.), zurück, der das Auge als in drei Bereiche aufgeteilt beschrieb, die wässrig, kristal­lin bzw. glasig seien." Seite 354: "das Prinzip [der Lochkamera] war schon Aristo­teles bekannt, dessen Beob­achtun­gen durch Aufzeich­nungen arabi­scher Schüler während des langen euro­päischen Mittel­alters erhal­ten blieben. Alhazen beobach­tete auf diese Weise Sonnen­finster­nisse ..."
[3] Das Snellsche Gesetz: Bei der Brechung des Lichtes verhalten sich die Sinus von Einfalls- und Ausfalls­winkel umgekeht zu den Brechungs­indizes. Endlich eine Gelegen­heit, den korrek­ten Plural von Sinus zu verwenden. Und zum Names­gejammer: Willebord van Roijen Snell nannte sich Snellius, weshalb poli­tisch Korrekte auch vom Snellius­schen Gesetz sprechen. Daß zusätz­lich die beiden Strahlen in einer Ebene senkrecht zur Trenn­fläche der beiden Medien liegen, hatte Alhazen bereits bemerkt. In welcher Genauig­keit und Form der Perser Ibn Sahl das Brechungs­gesetz bereits vor Snellius und Alhazen kannte, entzieht sich meiner Kenntnis. Wer sich wenig verbrei­tetes und schnell verges­senes alter­tüm­liches Gekrakel ansieht, der sollte verstehen, warum vieles neu entdeckt werden mußte.
[4] CSU und Flug­taxis! Unglaub­liches Personal für dieses wich­tige Amt. Youtube, Uncut-News Schweiz, 07.03.2018. Nach "Diaspora" von Frau Slomka die "Flugtaxis" von Frau Bär. Sie meint hoffent­lich nicht, daß Flug­taxis durch ein Kupfer­kabel fliegen werden, sondern nur mit vielen Tera­byte beladen in die nächste Stadt. Meine Meinung: Die Nach­kriegs­zeiten, da jedem Bauern für eine einheit­liche beschei­dene Anschluß­gebühr 500 Pfähle einge­rammt wurden, um die 5 Kilo­meter Telefon­draht zu verlegen, sind vorbei. Wer seine Firma am Arsch der Welt betreibt, muß auch einmal in die Tasche greifen und eine Wähl- oder Stand­leitung zum näch­sten Knoten im Hoch­geschwindig­keits-Inter­net mieten. Sind das die digi­talen Flug­taxis?
[5] Zum heutigen Pi-Tag: Der Schrift­beweis für π=3 aus 2. Chronik 4, Vers 2: "Und er machte das Meer, gegos­sen, von einem Rand zum anderen zehn Ellen breit, ganz rund, fünf Ellen hoch, und eine Schnur von dreißig Ellen konnte es umspannen."
[6] Alhazen wird auch von Christen nicht vergessen: Nach ihm ist ein Krater auf dem Mond benannt, es gibt die Mönd­chen des Alhazen und das Alhaze­nische Problem.

Islam | Geburtstag | 314

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