Aufbruch ins Ungewisse
Gestern wurde in der ARD der von vielen im Vorfeld kriti­sierte Film „Aufbruch ins Ungewisse“ gesendet. Ganz Europa ist der Hand von Rechts­radi­kalen. Eine deutsche Familie flieht nach Süd­afrika und schlägt sich im Lager durch. Schon zu Beginn verliert sie ihren Sohn, erreicht aber dank dieses Toten das gelobte Land. [1]

Grundsätzlich hätte man auch reale Deutsche auf der Flucht zeigen können: Juden im Dritten Reich, Vertrie­bene aus Ostpreu­ßen oder einzelne Menschen auf einem langen Marsch nach Hause: Die sechs­teilige Verfil­mung von „Soweit die Füße tragen“ fegte 1959 Jung und Alt von den Straßen. Arm­selig dagegen „Aufbruch ins Unge­wisse“, worin es allein darum geht, uns einen Spiegel vorzu­halten. Syrien wird zu Deutsch­land, Öster­reich zu Namibia, Deutsch­land zu Süd­afrika und in der Konse­quenz auch schwarz zu weiß und umge­kehrt. Diese Farb­umkehr nicht gescheut zu haben, muß ich den Machern zugute halten.

Der Film läuft viel­leicht drei Minuten, da sind die deut­schen Flücht­linge auch schon mit einem Schlauch­boot geken­tert, der Sohn ertrunken. [2] In Namibia gestran­det dauert es dank dunkel­häutigen Schlep­pern nicht lange bis Süd­afrika. [3] Der ganze Rest zeigt nicht mehr als das Lager­leben der deut­schen Rumpf­familie, und man fragt sich, welches Ende denn für sie vorge­sehen ist. Das kommt so plötz­lich wie der Schiff­bruch: Dank eines Betruges dürfen sie bleiben. Sehr realistisch!

Im Vorfeld dachte ich an zwei Effekte: Sind die Südafri­kaner gemein, dann sollen wir Mitleid mit den Flücht­lingen in Deutsch­land empfinden. Sind sie dagegen freund­lich, mögen sie uns als Vorbild dienen. Ein sicher­lich eben­falls gewoll­ter dritter Effekt fiel mir erst während des Filmes auf: Die Lage ist so schlecht, daß man Verständ­nis für Fehl­verhalten, Lüge und Betrug der armen Deut­schen ent­wickelt. Deshalb muß man mit unseren Flücht­lingen eben­falls nach­sichtig sein.

Einmal wird die Frau durch den Lager­zaun hindurch beschimpft und beworfen, vorwie­gend von weißen Kindern in Schul­uniform. An anderer Stelle wird ein Flücht­ling verprügelt. Natür­lich von einem Weißen. [4] Waren es buri­sche Reste? Oder hatten die Filme­macher hier berech­tigte Angst, schwarze Rassi­sten zu zeigen? An dieser unvoll­kommenen Spiege­lung krankt der ganze Film: Man kann Schwarze nicht als über­mäßig schlecht zeigen. Und man kann Deut­sche nicht als unge­bildete Einwan­derer in südafri­kanische Sozial­systeme darstel­len. Die ‚Kulturen‘ lassen sich kaum glaub­haft spiegeln.

Gewiß soll der Film nicht nur Geld in die Kasse der Flücht­lings­industri­ellen und -kultu­rellen spülen, sondern auch Mitge­fühl in uns wecken, zumindest am Leben erhalten. Das kann er in mir aber kaum, zeigt er doch Flücht­linge in einem umzäun­ten Inter­nierungs­lager, denen die Rück­führung in das sichere Her­kunfts­land Namibia (Öster­reich) droht, das seiner­seits nach Deutsch­land (Syrien) abschiebt, während wir groß­zügig sogar langst abge­lehnte Zuwan­derer aller Art nicht an die Öster­reicher über­geben, nur zöger­lich ausschaf­fen und sogar frei herum­laufen lassen.

[1] Im Film ist Südafrika das einzige Land, das noch Flücht­linge aus Europa aufnimmt. Warum? Weil sie vor 75 Jahren den letzten weißen Farmer ermordet hatten und dies wie wir Nazis mit einer Will­komens­kultur wieder gutma­chen wollen?
[2] Afrikaner fallen von einem derart langen Schlauch­boot einfach seitlich über Bord. Bei Deutschen ist Gummi hart wie Kruppstahl. Ein langes Ende bohrt sich in den Himmel und läßt den Sohne­mann wie in einem ameri­kanischen Action­film über die ganze Länge nach unten ins Wasser rutschen.
[3] Bei vollständiger Spiege­lung müßten die Schlepper zumin­dest teil­weise weiß sein. Entweder burische Reste oder krimi­nelle Euro­päer.
[4] Unter den Schulkindern war natürlich ein Quoten­schwarzer, doch im Hinter­grund, nicht als Rädels­führer. Und der prü­gelnde Betrei­ber des Lager­ladens nahm die Pose eines ameri­kani­schen Poli­zisten ein, der gerade einen Schwarzen erschos­sen hatte.

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