Hausaufgaben, Teil 2
­Gestern waren Damm-Quer­schnitte zu konstru­ieren. Mit beiden Wörtern, Damm und Quer­schnitt, wußte meine Tochter nichts anzu­fangen. Wer genau wissen möchte, was damit gemeint ist: Gleich­schenklige Trapeze. In Teilauf­gaben a bis c war der Damm stets aus drei der fünf Größen Damm­sohle, Damm­krone, Damm­höhe, Böschungs­länge und Böschungs­winkel zu konstru­ieren. Wer meint, diese Begriffe würden sich Acht­kläßlern aus der Schuh­sohle und der Königs­krone, notfalls aus der Abbil­dung im Buch erklären, hat allen­falls jüngere Kinder. Und was konstru­ieren bedeutet, ist wahr­scheinlich auch dem Lehrer nicht klar. Darüber lasse ich mich später einmal aus. Hier soll es nur um den affen­geilen Teil d der Aufgabe gehen:
Argumentiere, warum stets drei Bestimmungsstücke
für die Konstruktion eines Dammes ausreichen.
Offensichtlich wollen die Schulbuch­autoren damit ihre fachliche Kompe­tenz beweisen oder Hoch­begabten auch noch einen Anreiz bieten. Deshalb habe ich gar nicht mehr versucht, einen Weg zu Antwort zu zeigen, und nur noch erklärt, wie ich die Anzahl 3 aus schon bekann­ten Behaup­tungen ableite, zumal zuvor mit den Kongruenz­sätzen für Dreiecke genervt wurde:

Für ein allgemeines Dreieck sind drei Bestimmungs­größen erfor­derlich, für ein gleich­schenkliges nur zwei. Ein Damm-Quer­schnitt entseht durch waage­rechtes Abschneiden der Spitze in einer gewissen Höhe. Es kommt also wieder eine Bestim­mungs­größe hinzu. Damit sind es drei für den Damm-Quer­schnitt.

Da moderne Schüler auch Lösungs­hefte (in Kopie) besitzen, hat mich die Antwort darin doch inter­essiert. Ich zitiere aus der Erin­nerung:
Ein Damm-Querschnitt ist ein achsensymmetrisches
Viereck und benötigt deshalb drei Bestimmungsstücke.
Abgesehen davon, daß ein Quadrat ebenfalls ein achsen­symmetri­sches Viereck ist und nur eine Bestim­mungs­größe erfor­dert, eine schöne, aber auch triviale Antwort, falls im Unter­richt bereits postu­liert wurde, daß achsen­symme­trische Vierecke drei Freiheits­grade zu haben haben. Für mich klingt es so, als könne man dies aus der Achsen­symmetrie und den fünf Frei­heits­graden eines allge­meinen Viereckes ableiten. Schlimm­sten­falls läßt sich ein Schüler noch zu dem Irr­glauben verleiten, daß durch Achsen­symmetrie stets zwei Freiheits­grade verloren gehen, was schon beim Dreieck nicht stimmt. Oder kann man in der 8. Klasse folgendes erwarten:

Ein n-Eck ist durch die Lage seiner n Ecken bestimmt. In der Ebene hat jede Ecke zwei Koordi­naten, womit 2n Freiheits­grade ent­stehen. Da das n-Eck noch ver­schoben und gedreht werden darf, sind im allge­meinen 2n-3 Bestim­mungs­größen erfor­derlich und aus­reichend. Beim Dreieck sind es 2·3-3=3 und beim Viereck 2·4-3=5.

Von einem achsen­symme­trischen ebenen n-Eck liegen jeweils m Ecken auf jeder Seite, die rest­lichen n-2m auf der Spiegel­achse. Jedes dieser m Ecken­paare ist durch zwei Größen bestimmt, die übrigen n-2m auf der Achse durch eine. So ergeben sich m·2+(n-2m)·1=n Freiheits­grade. Und weil das n-Eck noch längs der Symmetrie­achse verschoben werden darf, sind im allge­meinen n-1 Bestim­mungs­stücke erfor­derlich und aus­reichend. Beim (gleich­schenk­ligen) Dreieck sind es 3-1=2, beim achsen­symmetri­schen Viereck (gleich­schenk­liges Trapez, Drachen, symmetri­scher Damm-Quer­schnitt) kommt man auf 4-1=3.

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