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Zinseszinsen
wuerg, 16.01.2007 23:35
Welcher Monat ist der längste? Es ist der Oktober, er hat 31 Tage und dazu noch eine Stunde von der Zeitumstellung. Solche Aufgaben fördern das Denken und verdeutlichen die Lebensweisheit, daß es neben einer korrekten Antwort, oftmals um Präzisierung der Fragestellung geht. Auch als Hausaufgaben für Schüler sind sie gerechtfertigt, solange der Lehrer selbst sie jederzeit durchschaut. Das scheint mir nicht immer der Fall zu sein. Paradebeispiel sind Zinseszinsaufgaben:
Du hast 511,29 Euro, die mit 3,6 Prozent verzinst werden. Wieviel befindet sich nach 18 Monaten auf deinem Konto? Jede Antwort zwischen 520,48 und 539,66 Euro sollte die volle Punktzahl erhalten, wenn sie ordentlich begründet ist.
Leider hatte ich meiner Tochter zu genau erklärt, was in solchen Zinseszinsaufgaben fast immer gemeint ist, nämlich Kontoeröffnung am Jahresbeginn und Verzinsung am Jahresende. So hat sie in einer Klassenarbeit für eine 18‑monatige Laufzeit korrekt keine Zinseszinsen berechnet und kam auf 511,29⋅1,036=529,70. Nur weil dadurch die Note noch ausreichend blieb und der Lehrer die halbe Punktzahl wegen guter Begründung vergab, habe ich von Diskussionen mit ihm abgesehen. Die hat mit Lehrern eh keinen Sinn, vor allem nicht für die mit Mathematik und Sport. Außerden wissen wir: Lehrer haben am Vormittag recht und am Nachmittag frei.
Der mir auch in anderen Zusammenhängen nicht gerade als geistiger Überflieger aufgefallene Mathematiklehrer hatte in seiner Schlichtheit entgegen der Aufgabenstellung einfach angenommen, das Konto würde nach 18 Monaten gekündigt, womit eine erneute Verzinsung anfiele und man 511⋅1,036⋅1,018=539,23 ausgezahlt bekäme. Die korrekte Interpretation meiner Tochter war für ihn nur eine „gute Begründung“, die ihn zu keinerlei Einsicht verführte und als falsch eingestuft wurde.
Es wurde also nicht belohnt, daß meine Tochter die Aufgabenstellung genau interpretierte und auch wie gewünscht hätte rechnen können. Vielmehr war ein allgemeiner Stiefel abzuspulen, der leider dazu führt, daß viele Schüler einfach nur Formeln memorieren und hoffen, die richtge erwischt, korrekt eingesetzt und auch gerechnet zu haben. Aber wir lernen ja alle nicht für die Schule, sondern für das Leben. Und das sagt uns: Richtig ist, was Erfolg hat.
Und nun ist der interessierte Leser gespannt auf eine Erklärung, warum ich je nach Kleingedrucktem alles zwischen 520,48 und 539,66 für möglich halte. Eröffnet man das Konto am 30. Juni, so fallen am Jahresende für 180 der 360 Zinstage 511⋅0,036⋅180/360=9,19 an, wenn nur ganze Euro verzinst und auf ganze Cent abgerundet wird. Das führt zu 511,29+9,19=520,48, bei denen es auch bis zum 30. Dezember des Folgejahres bleibt. Bei vierteljährlicher Verzinsung auch der Millicent mit 0,9% sind es bereits 511,29⋅(1.009)⁴=539,53, bei monatlicher 511,29⋅(1,003)¹²=539,62 und bei kontinuierlicher Verzinsung 511,29⋅exp(0,036⋅18/12)=539,66.
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Leider hatte ich meiner Tochter zu genau erklärt, was in solchen Zinseszinsaufgaben fast immer gemeint ist, nämlich Kontoeröffnung am Jahresbeginn und Verzinsung am Jahresende. So hat sie in einer Klassenarbeit für eine 18‑monatige Laufzeit korrekt keine Zinseszinsen berechnet und kam auf 511,29⋅1,036=529,70. Nur weil dadurch die Note noch ausreichend blieb und der Lehrer die halbe Punktzahl wegen guter Begründung vergab, habe ich von Diskussionen mit ihm abgesehen. Die hat mit Lehrern eh keinen Sinn, vor allem nicht für die mit Mathematik und Sport. Außerden wissen wir: Lehrer haben am Vormittag recht und am Nachmittag frei.
Der mir auch in anderen Zusammenhängen nicht gerade als geistiger Überflieger aufgefallene Mathematiklehrer hatte in seiner Schlichtheit entgegen der Aufgabenstellung einfach angenommen, das Konto würde nach 18 Monaten gekündigt, womit eine erneute Verzinsung anfiele und man 511⋅1,036⋅1,018=539,23 ausgezahlt bekäme. Die korrekte Interpretation meiner Tochter war für ihn nur eine „gute Begründung“, die ihn zu keinerlei Einsicht verführte und als falsch eingestuft wurde.
Es wurde also nicht belohnt, daß meine Tochter die Aufgabenstellung genau interpretierte und auch wie gewünscht hätte rechnen können. Vielmehr war ein allgemeiner Stiefel abzuspulen, der leider dazu führt, daß viele Schüler einfach nur Formeln memorieren und hoffen, die richtge erwischt, korrekt eingesetzt und auch gerechnet zu haben. Aber wir lernen ja alle nicht für die Schule, sondern für das Leben. Und das sagt uns: Richtig ist, was Erfolg hat.
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