NUMB3RS
Gestern startete in Deutschland die Kriminal­film­serie NUMB3RS, in der ein Ermitt­ler durch die genia­len mathe­mati­schen Methoden seines höchst­begab­ten Bruders seine Fälle löst. Natür­lich lassen sich die Produ­zenten auch billiger Filme fachlich beraten, weshalb die präsen­tierte Mathe­matik nicht unbe­dingt weiter von der Rea­lität entfernt ist als der ganze Rest. Nur inter­essiert es mich mehr. Und deshalb zwei Bemerkungen:

Zum einen werden allge­meine Versatz­stücke mit dem Klischee vom geni­alen Mathe­matiker vermengt. Er ist in jungen Jahren Pro­fessor, seine Dokto­randin strei­chelt seine Formeln, doch er bemerkt oder würdigt es nicht und steht stunden­lang mit Kopf­hörern vor der Tafel und löst Probleme durch das Anschrei­ben von Formeln. Er hat keinen Führer­schein und steigt aus einer Seifen­kiste, deren aero­dynami­sche Form er eigen­händig berech­net hat. Natür­lich besser als alle anderen zusammen mit Compu­tern und teuren Experi­menten im Wind­kanal. Mit Base­ball kennt er sich als Ameri­kaner natür­lich auch aus.

Meine zweite Bemerkung bezieht sich auf die darge­stellte mathema­tische Methode, aus den Tat­orten eines Serien­täters auf seinen Wohn­ort oder Aus­gangs­punkt zu schlie­ßen. Gewiß kann man mit zuneh­mender Anzahl der Delikte das Gebiet ein­kreisen, wenn der Täter den gemachten Annahmen über deren Vertei­lung folgt. Sicher­lich kann man vor allem unter Berück­sich­tigung der Topo­graphie und mit Computer­einsatz etwas besser sein, als wenn man ein­fach nur den Schwer­punkt der Tatorte ermit­telt. Es wäre also alles im Rahmen, wenn man im Film nicht hätte Glauben machen wollen, aus zwölf Tat­orten ablei­ten zu können, daß der Täter aus zwei recht kleinen Gebieten heraus han­delte.

Ohne großartig gerechnet zu haben, würde ich folgen­des für reali­stisch halten: Wenn ein Trieb­täter sieben Frauen in einer Stadt mit 100.000 Ein­wohnern und weitere sieben im Umland ermordet, dann hielte ich es für sehr gut, wenn man einen Stadt­teil mit 5.000 Ein­wohnern aus­machen könnte, von wo aus er mit 70‑pro­zentiger Wahr­schein­lich­keit ope­riert. Nimmt man andere Merkmale hinzu, so bleiben viel­leicht 1.000 Per­sonen übrig. Zwar sind dann 99 von 100 ausge­schieden, doch sind 1000 immer noch zuviel. Und wenn Mathe­matik noch eine Ver­besse­rung bringen kann, dann ist es nicht eine einsame Formel in der Nacht, sondern die computer­gestützte Umset­zung ein­facher Ver­fahren und guter heuri­stischer Ansätze.

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Zufallsduell
Manchmal frage ich mich, was unter Zufall ver­standen wird. So mußte ich gestern in der ARD zwischen Tages­schau und Duell sinn­gemäß hören: „Herr Schröder beginnt und Frau Merkel hat das Schluß­wort. So wurde durch Los ent­schie­den. Bei diesem TV‑Duell wurde nichts dem Zufall über­lassen.“

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33
Die Zahl 33 ist wie 9=3⋅3 die Verdop­pelung der 3 und damit heilige Schnaps­zahl. Numero­logen beenden den Prozeß fort­gesetz­ter Quer­summen­bil­dung gerne mit dem Auftreten von 11, 22 und 33. Letztere erreicht man mit Jahres­zahlen in diesem Jahrtausend nicht mehr. Auch für Geburts­tage muß bis zum 29. Sep­tem­ber 2029 gewartet werden. Im letzten Jahr­tausend gab es sie reichlich. Zum Beispiel der 8. Fe­bru­ar 1949 mit 0+8+0+2+1+9+4+9=33.

Heilig ist die Zahl 33 auch wegen des Lebens­alters Jesu, weshalb Anto­nio Gaudi an der Kathe­drale Sagrada Fami­lia in Barce­lona ein magi­sches Quadrat mit der magi­schen Zahl 33 ange­bracht hat:
 1 14 14  4
11  7  6  9
 8 10 10  5
13  2  3 15
Normaler­weise ist 34 die Summe jeder Zeile, Spalte und Diago­nalen. Um mit ganzen posi­tiven Zahlen auf 33 zu kommen, müssen einige Zahlen doppelt vor­kommen. Aus jedem normalen magi­schen Quadrat mit Summe 34 können mehrere mit 33 abge­leitet werden, wenn man vier der 16 Zahlen um eins ernie­drigt. Diese vier Zahlen müssen bis auf Drehung und Spiegelung folgendes Muster
 x  o  o  o
 o  o  x  o
 o  o  o  x
 o  x  o  o
bilden. Aus dem Dürer-Quadrat
16  3  2 13
 5 10 11  8
 9  6  7 12
 4 15 14  1
ergibt sich damit
15  3  2 13
 5 10 10  8
 9  6  7 11
 4 14 14  1
Damit ist die 1514 verschleiert, an der sofort das Dürer-​Quadrat zu erkennen wäre. Eine zusätz­liche Drehung um 180 Grad liefert das Quadrat an der Kathe­drale. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Antonio Gaudi von Dürers Kupfer­stich abge­kupfert hat. Vielmehr wollte er wohl nicht nur auf Jesus, sondern eben auch auf Dürer hin­weisen.

Der Prozeß der Ableitung des Quadrates von Antonio Gaudi aus dem von Dürer läßt vermuten, daß vier Zahlen doppelt vorkommen. In Wirklichkeit sind es aber nur zwei, denn 12 geht in 11 und 11 wieder in die 10. Ebenso 16 in 15 und 15 in 14. Damit sind nur 10 und 14 doppelt, wofür 12 und 16 fehlen.

32 | 34

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34
Die Zahl 34 heißt auch Jupiterzahl, denn sie ist die sog. magi­sche Zahl des klassi­schen magischen Qua­drates der Größe 4×4, das dem Jupiter zuge­ordnet wird. Warum das so ist, wissen die Gläu­bigen wahr­schein­lich selbst nicht. Hier eine Übersicht:
Gestirn   n    n2   Dn²    Mn
Saturn    3    9     45    15
Jupiter   4   16    136    34
Mars      5   25    325    65
Sonne     6   36    666   111
Venus     7   49   1225   175
Merkur    8   64   2080   260
Mond      9   81   3321   369
Zu jedem der sieben Wandel­sterne gehört ein magi­sches Quadrat der Größe n×n aus den Zahlen 1 bis n², die sich zu der Drei­ecks­zahl n²(n²+1)/2 addie­ren, weshalb Zeilen, Spalten und Diago­nalen jeweils die magi­sche Zahl Mₙ=n(n²+1)/2 als Summe auf­weisen.

Für den Jupiter mit n=4 ergibt sich die Jupiter­zahl M₄=34, die natür­lich nicht uninter­essanter wäre, hätte man sie einem anderen oder gar keinem Gestirn zuge­ordnet. Nach dem trivialen magi­schen Quadrat der Grö­ße 3×3 sind die mit 4×4 Zahlen die inter­essan­testen. Sie sind über­schaubar und doch nicht ohne weiteres zu konstru­ieren. Zählt man solche, die durch Drehung und Spiege­lung ausein­ander hervor­gehen nur einfach, so sind es immer noch 880. Das bekann­teste ist das Dürer-​Quadrat aus Melen­colia I:
16  3  2 13
 5 10 11  8
 9  6  7 12
 4 15 14  1
in dem unten das Entste­hungsjahr des Kupfer­stiches, das Todes­jahr 1514 der Mutter Albrecht Dürers zu sehen ist. Und es addieren sich nicht nur Zeilen, Spalten und Diago­nalen zu 34, sondern auch weiter Teil­figuren. So alle vier Zahlen, die durch Rotation um 90 Grad verbunden sind.

33 | 35

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Star Quiz
Für 50.000 Euro mußten gestern Reinhold Beckmann und eine mir unbekannte Frau im ersten Qualitätsfernsehen beim Star Quiz mit Jörg Pilawa die Frage beantworten, wieviele Ecken ein Oktaeder hat, der vom Moderator zunächst Oktäder genannt wurde. Alle Gäste bekannten in bewährter Bildungsbürgermanier sofort, in Mathematik nichts zustande gebracht zu haben. Und so wurden sie auch spontan geholfen mit dem Hinweis, daß ein Oktaeder aus zwei Pyramiden besteht, die an der Grundfläche zusammengefügt sind. Da hat wenigstens Beckmann räumliches Vorstellungsvermögen bewiesen und konnte die Ecken nachzählen.

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35
Da 39 und 38 sich als nicht völlig uninter­essant erwiesen und die Zahlen 37 und 36 von heraus­ragender Bedeu­tung sind, wäre 35 ein Kandidat für die kleinste uninter­essante Zahl. Das aber kann nicht sein. Für mich war 35 immer die zwei­stel­lige Beispiel­zahl, so wie es 4711 im vier­stel­ligen Bereich ist. Hinter der 35 wird meine Vorstel­lung vom Zahl­raum dunkler, bis 35 muß ich nicht rechnen. Und so habe ich die 35 zu meiner Lieb­lings­zahl gemacht, ohne darüber nach­zudenken, mit welchen objek­tiven Eigen­schaften sie die anderen über­ragen könnte.

Eine schöne und wider Erwarten kaum ausge­schlach­tete Eigen­schaft ist 35=5⋅7. Einmal wegen der hei­ligen 7 und zum anderen wegen der beiden Prim­faktoren. Damit ist für mich 35 das kleinste Produkt von Primzahl­zwil­lingen, weil ich 6=2⋅3 und 15=3⋅5 nicht mit­zähle, da ihre Faktoren nicht vom Typ 6n±1 sind. [1] Nach 35=5⋅7 kommen 143=11⋅13, 323=17⋅19 und 899=29⋅31.

Würden wir nicht zur Basis 10 rechnen und nicht an der End­zif­fer 5 sofort die Teil­barkeit durch 5 erken­nen, könnte 35 als die kleinste Zahl durch­gehen, die zusammen­gesetzt ist, aber dennoch wie eine Prim­zahl aus­sieht. Sie ist Produkt zweier ver­schie­dener unge­rader Primzahlen und damit Semi­prim­zahl. [2] Klei­nere sind 15=3⋅5, 21=3⋅7 und 33=3⋅11, die auch nicht primer aus­sehen. Allen­falls 51=3⋅17 könnte als Primzahl durch­gehen.

Zu jeder Zahl lohnt sich ein Blick in die Liste der figu­rierten Zahlen. Nicht bei jeder wird man fündig, bei 35 jedoch mehr­fach. Zunächst ist 35 die 5. Fünf­eck­zahl

F5 = 1+4+7+10+13 = Q5 + D4 = 25+10 = 35
    5
   4 5
  3 4 5
 2 3 4 5
1 2 3 4 5                                              1
2 2 3 4 5                                 1           2 2
3 3 3 4 5                      1         2 2         3 3 3
4 4 4 4 5            1        2 2       3 3 3       4 4 4 4
5 5 5 5 5     1  +  2 2  +   3 3 3  +  4 4 4 4  +  5 5 5 5 5
die ich im vorstehenden Bild links in Form eines Hauses dar­gestellt habe. Rechts sind die 5 Ebe­nen eines Tetra­eders zu sehen, der längs jeder Kante 5 Punk­te auf­weist. Insge­samt sind es

T5 = D1+D2+D3+D4+D5 = 1+3+6+10+15 = 35

Doch damit nicht genug. Die Zahl 35 ist nicht nur Summe zweier Kubik­zahlen 8 und 27, sie folgen auch noch aufein­ander. Damit ist 35 nach 1 und 9 die dritte zen­trierte Kubik­zahl. Die dritte normale Kubik­zahl 27=3³ kann als Würfel mit drei Punkten auf jeder Kante der Länge 2 vorge­stellt werden. Bringt man in der Mitte der 8=2³ enthal­tenen Einheits­würfel einen wei­teren Punkt unter, so erhält man die Darstel­lung der dritten zen­trierten Kubik­zahl 35.

[1] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. In A037074 gehört zwar 15 zu den Produk­ten von Prim­zahl­zwil­lingen, nicht aber die 6. Es zählen sozu­sagen nur die zwei­eiigen Zwil­linge im Ab­stand 2, nicht 2 und 3 direkt neben­einander.

[2] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. A046388 nennt diese Semi­prim­zahlen aus­drück­lich unge­rade und qua­drat­frei.

[3] The On-Line Encyclopedia of Integer Sequences. A005898.

34 | 36

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Megalithic Yard
Auf der Suche zur Zahl 38 stieß ich auf die Möglichkeit, unsere Vorfahren hätten vor 5000 Jahren in unseren Breitengraden Kreise aus Steinen der Breite b einem Umfang von 120b und einem Durchmesser von 38b gebildet. Jeder dieser Steine erschiene dann vom Mittelpunkt aus gesehen unter einem Winkel von 3,015 Grad. Die Steine hätten also etwas geklemmt, doch deckte ein einzelner Stein der Breite b in einer Entfernung von 19b betrachtet ziemlich genau drei Grad des Himmels ab. Zehn solcher Steine der Breite b auf dem Rand eines Kreises mit Durchmesser 38b bilden damit einen Winkel von 30 Grad. Doch geht es noch einfacher: Steckt man 11b auf der Tangente ab, bildet also ein rechtwinkliges Dreieck mit den Katheten 19b und 11b, dann liegt die Hypotenuse mit 21,95b sehr genau bei 22b. Es handelt sich also näherungsweise um ein 30-60-90-Grad-Dreieck. Genauer sind es 30,07 Grad.

Mit Seilen geht es natürlich einfacher: Man knotet einfach drei der Längen 11, 19 und 22 zu einem geschlossenen Band zusammen und zieht dies an den Knoten straff. Es ist nicht ganz rechtwinklig (90,3°), doch ist der kleine Winkel mit 29,9996 Grad sehr genau. Sofern die Menschen damals Seile hatten, waren sie in der Länge sicherlich ungenau und unbeständig. Sie waren also gut beraten, präzise Stäbe zu verwenden. Und es kann durchaus angenommen werden, daß die Länge der Stäbe auch damals einer Norm unterlagen, wie wir uns lange Zeit nach einem Urmeter gerichtet haben, den wir für den vierzigtausendsten Teil des Erdumfanges hielten. Statistische Untersuchungen von Steinabständen durch Alexander Thom haben ergeben, haben ein Rastermaß von 0,829 Meter ergeben. Das ist der megalithic yard.

Unsere Vorfahren haben sicherlich wie wir über eine Urlänge gegrübelt, konnten in der Natur aber nichts von konstanter Länge finden. Nur Zeiten wie die Länge des Tages und des Jahres waren vorgegeben. So blieb ihnen zur Ableitung einer Länge aus der Zeit nur die Schwingung eines Pendels. Wenn also der megalithic yard nicht willkürlich festgelegt wurde, dann muß er etwas mit dem Pendel zu tun haben. Ein Fadenpendel der Länge l von einem halben megalithischen Yard benötigt für eine (halbe) Schwingung eine Zeit t von t=π*sqrt(l/g)=0,64577 Sekunden. Das ist der 133794-te Teil eines Tages, und 133784 ist das Quadrat von 365,8.

Wenn ich Christhoper Knight und Robert Lomas glauben darf, die diese Idee ausarbeiteten, teilte man damals den Kreis in 366 Grade. Es könnte also sein, daß der Tag in 366 Teile und diese wieder in 366 geteilt wurden, man also 366*366=133956 megalithische Sekunden pro Tag zählte. Auch wenn der Tag damals etwas länger als 86400 Sekunden gewesen sein mag, so ist eine solche megalithische Sekunde also 0,645 unserer Sekunden lang. Das ist eine sehr gute Übereinstimmung mit der Pendelzeit von 0,646 Sekunden, wenn man die damaligen Möglichkeiten und den gerundeten Wert der Erdbeschleunigung g von 9,81 Meter pro Quadratsekunde zwischen dem 50. und 60. Breitengrad berücksichtigt.

Thom | Lomas

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