Die Mannschaft
Ich bin ein Fußball­muffel, doch manches dringt auch an mein Ohr. Uwe Seeler, Gerd Müller, Günter Netzer, Oliver Kahn und Franz Becken­bauer erinnere ich noch. Gegen­wärtig geläufig sind mir noch Manuel Neuer aus der Werbung, Boateng durch Herrn Gauland und Özil wegen Erdogan. Gut, auch Gündogan kenne ich, doch erst seit seit der Zurschau­stellung seiner Ölfrisur mit selbst­gebatiktem Trikot für seinen Präsi­denten.

Natürlich muß ich mich auch an Fußball­diskus­sionen beteiligen und ließ mich zu der Einschät­zung hinreißen, der Auftritt von Özil mit seinem Präsi­denten sei dumm gewesen, da er nicht gerade weg vom Fenster, aber aus dem Herzen der Deutschen sei, wenn er nur eine mäßige Leistung zeige und/oder [1] Deutsch­land die Vorrunde nicht übersteht. Dann wird es nicht mehr egal sein, ob man die National­hymne mitsingt.

Kaum hatte ich das gesagt, regt sich mein türki­scher Kollege und Schweine­schnit­zelfan auf: Özil habe als Türke seinem Präsi­denten den Wunsch nicht abschlagen können. Und wieder einmal habe ich erfahren, wie schnell beson­nene Mitbürger an gewissen Punkten wie von der Tarantel gestochen reagieren. Bei den einen ist es der Glaube, bei den anderen der National­stolz, egal ob man in die Moschee geht oder Erdogan wählt.

So habe ich darauf verzichtet, die National­hyme anzu­sprechen, die natür­lich keiner mitsingen muß. Doch als National­spieler ist man gut beraten, wenig­sten den Mund zu bewegen, wo Spieler anderer Nationen zusätz­lich die Hand zum Herzen führen. [2] Und als Trainer ist man gut beraten, nicht nur von mentaler Stärke zu faseln, sondern auch den Zusammen­halt und die Identi­fikation mit der Nation zu fördern, für die man doch frei­willig spielt. Andern­falls ist man "nicht auf dem Platz".

Wenn andere singen, ist Özil im Gebet. [3] Wer es glaubt, wird selig, auch wenn es stimmt. Ausge­rechnet während der National­hymne, möglicher­weise zu einem fremden Gott. Die Fußball­fans, die diesem "toten Frosch" [4] dafür einen Teddy auf den Platz werfen, werden täglich weniger. Man soll zwar nicht plappern wie die Heiden, doch die National­hymne wäre eine gute Gelegen­heit, beim Gebet den Mund zu bewegen, um gleich­zeitig einen guten Eindruck zu machen. Diese Taqiya muß im Haus des Krieges doch erlaubt sein.

Es wäre unfair, alles hymnen­feind­lichen Spielern anzulasten. Auch ich bin schuld, der ich noch nie eine National­flagge rausge­hängt habe. Ebenso die vielen Fahnen­schwenker vom Sommer­märchen, die sich nun nicht mehr trauen. Ganz zu schweigen von denen, die Deutsch­land zu Acker­land machen möchten, wenn die Über­gabe an die PoC scheitert. Den Weg bereitet hat schon die Umben­neung der Natio­nalelf in "Die Mann­schaft", zumal andere uns schon früher so genannt haben sollen, weil ihnen die Wortbildungsfähigkeit der deutschen Sprache abgeht. [5]

[1] Der Schrägstrich zwischen und und oder oder und oder oder fiel mir vor vielen Jahren zeit­gleich mit dem vor innen auf. Wahr­schein­lich war damals die Zeit reif für eine vermeint­lich korrekte Sprache derer, die Logik und Frauen zu verstehen meinten und alles genau aus­drücken wollten.
[2] Ramin Peymani: Abpfiff für Schwarz-Rot-Gold. Achgut, 18.06.2018.
[3] David Herten: Mesut Özil redet Klartext: Darum singe ich die National­hymne nicht mit. Der Westen, 20.06.2017.
[4] Der Ball rollt, noch ist alles drin: Viel Spaß mit der WM in Russland? "Hart aber fair", ARD Mediathek. Ab 11:25 spricht Mario Basler vom toten Frosch.
[5] "La Mannschaft" für die Elf der Mangiapatate stört mich sowenig wie Krauts, Munich, Cologne oder Lower Saxony. Umgekehrt stehe ich auch zu Mailand, Bombay, Burma, Spaghettis und Frogs, die "La Mannschaft" erfunden haben. Ein typisch deutsches Wort wie Elf ohne Binde­strich, Leer­zeichen oder Stern zu Natio­nalelf zusammen­gesetzt für die nichts­sagende Bezeich­nung "Die Mannschaft" aus zwei Wörtern aufzu­geben, ist so dumm wie die Umbenen­nung der Zigeuner in "Sinti und Roma". Sowas setzt sich in der deut­schen Sprache nicht durch.

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