Alhazen von Kairo
wuerg, 14.03.2018 01:03
Islamisierung ist ein großes hinter der Flüchtlingswelle erkanntes Problem. Gefürchtet wird nicht die fremde Religion, sondern ihre alle Bereiche durchdringende Interpretation, die letzlich kein Erbarmen mit Ungläubigen kennt. Gerne wird gegen diese schlichte Sicht eingewendet, auch das Christentum habe seine dunklen Zeiten gehabt, während weitgehend zeitgleich die Hochkultur von der islamischen Welt getragen wurde. Das alles stimmt, und ich bin sicher, der Islam wird sich wie das Christentum auch wieder berappeln. Doch ich erlebe es nicht mehr.
Um zu verstehen, wie fromme Moslems denken, sie ihre Meinung Glaubensbrüdern aufzwingen und die Ungläubigen niederringen wollen, sehe ich mir gerne Filmchen an, in denen sie ihre Auffassung offen raushängen lassen. Darunter sind mitunter Beiträge, die durchaus informativ sind. So der zu Alhazen von Kairo. [1] Das hat mich insofern beschämt, als ich Alhazen nicht kannte, obgleich ich mich lange Zeit mit Optik beschäftigt habe. Als Entschuldigung kann ich nur anführen, daß ich mich wenig für Geschichte interessiere und auch Optik-Bücher zu einer modernen Sachlichkeit neigen, die historische Personen nur kurz oder gar nicht erwähnen.
Natürlich beschönigt der eigentlich nur aus einigen mageren Sätzen bestehende Film. So hat Alhazen die Optik nicht durch ein Kerkerfenster, sondern in einer Akademie studiert. Er hatte auch kein Startrek-Armband mit Taschenrechner und Bleistift. Und vieles wurde nicht von ihm erfunden, sondern von den Griechen und Römern übernommen und durch ihn bewahrt. Es ist auch nicht böser Wille und Islamleugnung, daß der volle Name Abu-Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitham latinisiert wurde. Es war damals üblich und half durch Schlichtheit seinem Überleben. Auch der in [2] verwendete ehrenvolle Zusatz "von Kairo" wird nicht gerade jedem zuteil. Wenn ich Araber wäre, würde ich eher kritisieren, daß auch im Titelbild von [1] Alhazen aussieht wie ein weißer Europäer mit Turban und kleinem Bart.
Daß Alhazen weitgehend in Vergessenheit geriet, ist nicht seine Schuld, nicht die des Islam oder Christentums, sondern einfach dem Lauf seiner Hauptwissenschaft, der Optik geschuldet. Mehr als in anderen Naturwissenschaften, zu denen der gemeine Mensch zumeist nur die Anfänge vor mehr als 2000 Jahren und den heute in der Schule gelehrten Stand von 1900 kennt, unterlag die Optik einer holprigen Entwicklung. Zwischen den Griechen und Alhazen klafft ein Loch, nach ihm auch eines. Daß 200 Jahre später die Sehhilfe erfunden wurde, mag teilweise der lateinischen Übersetzung der Schriften des Alhazen zu verdanken sein. Danach klafft erneut ein Loch. Bis um 1500 Spiegel und die von Alhazen nicht erfundene, aber erforschte Camera Obscura der Allgemeinheit zugänglich wurden.
Trotzdem ist Alhazen entgegen des Filmtitels nicht der Vater der modernen Optik. Die begann erst gegen 1600 mit den ersten Fernrohren und dem Snellschen Gesetz, das fast die gesamte Strahlenoptik erklärte und die Konstruktion immer besserer optischer Geräte ermöglichte. [3] Der Vater der modernen Optik ist also Snell, wenn man ihn nicht besser nur Vater der Strahlenoptik nennen möchte, denn von Wellenoptik, unsichtbarer Strahlung, Photonen und Materie aus Licht wußte man damals noch nichts. Lichtleiter, Glasfasern, Digitalisierung und Flugtaxis waren unbekannt. [4]
Zusammen mit der Geometrie verlor die Optik Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Im Mathematikunterricht wurde gerechnet, wo man auch hätte zeichnen können, der Physikunterricht reichte kaum über die Brechung an einer Linse hinaus. In der Wissenschaft selbst aber ist eine umfassende Wiedergeburt zu erkennen, die auch den starken Verbindungen zu anderen Bereichen zu verdanken ist. Ohne Optik gäbe es keine modernen Mobiltelefone, schon gar nicht mit einer kleinen Kamera im Werte von 5 Euro mit Bildern, die vor wenigen Jahren nur mit teuren Objektiven möglich gewesen sind.
Nach diesem Ausflug in meine Auffassung vom Werdegang der Optik nun zurück zum Film. Es ist schön, wenn neben der Verbreitung einer mehr als frommen Koranauslegung auf die großen Denker des Islam hingewiesen wird, weil sie tatsächlich zwischen Antike und Moderne gerne vergessen werden. So ist Alhazen nicht nur der größte Optiker einer Spanne von vielen Jahrhunderten, sondern darf auch gerne als Begründer modernen wissenschaftlichen Denkens, ja als großer Erkenntnistheoretiker gesehen werden, der die Bedeutung des Experimentes und des induktiven Denkens predigte, auch wenn beides nicht ganz neu war. Davon sollten sich die modernen frommen Moslems eine Scheibe abschneiden. Die Zeiten des Schriftbeweises sind für die Christenheit vorbei. [5] Die Moslems werden hoffentlich bald nachziehen.
[1] Ibn ul Haytham Vater der modernen Optik. Youtube, Generation Islam, 11.03.2018.
[2] Eugene Hecht: Optik. Oldenbourg, 5. Auflage, 2009. Seite 2: "Nach dem Niedergang des Weströmischen Reiches [...] waren in Europa für längere Zeit kaum wissenschaftliche Erfolge zu verzeichnen. Die von griechisch-römisch-christlicher Kultur dominierten Mittelmeerländer fielen rasch unter die Herrschaft Allahs." Wer wagt es heute noch, sich so falsch und klar zugleich auszudrücken? "So verschob sich das Zentrum der Gelehrsamkeit in die arabische Welt, wo auch die Optik untersucht und erweitert wurde, insbesondere von Alhazen (ca. 1000 n.Chr.)." Seite 333: "Direkt hinter der Regenbogenhaut befindet sich die Linse. Die ältere Bezeichnung 'Kristallinse' geht auf die Arbeit von Abu-Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitham, genannt Alhazen von Kairo (ca. 1000 n.Chr.), zurück, der das Auge als in drei Bereiche aufgeteilt beschrieb, die wässrig, kristallin bzw. glasig seien." Seite 354: "das Prinzip [der Lochkamera] war schon Aristoteles bekannt, dessen Beobachtungen durch Aufzeichnungen arabischer Schüler während des langen europäischen Mittelalters erhalten blieben. Alhazen beobachtete auf diese Weise Sonnenfinsternisse ..."
[3] Das Snellsche Gesetz: Bei der Brechung des Lichtes verhalten sich die Sinus von Einfalls- und Ausfallswinkel umgekeht zu den Brechungsindizes. Endlich eine Gelegenheit, den korrekten Plural von Sinus zu verwenden. Und zum Namesgejammer: Willebord van Roijen Snell nannte sich Snellius, weshalb politisch Korrekte auch vom Snelliusschen Gesetz sprechen. Daß zusätzlich die beiden Strahlen in einer Ebene senkrecht zur Trennfläche der beiden Medien liegen, hatte Alhazen bereits bemerkt. In welcher Genauigkeit und Form der Perser Ibn Sahl das Brechungsgesetz bereits vor Snellius und Alhazen kannte, entzieht sich meiner Kenntnis. Wer sich wenig verbreitetes und schnell vergessenes altertümliches Gekrakel ansieht, der sollte verstehen, warum vieles neu entdeckt werden mußte.
[4] CSU und Flugtaxis! Unglaubliches Personal für dieses wichtige Amt. Youtube, Uncut-News Schweiz, 07.03.2018. Nach "Diaspora" von Frau Slomka die "Flugtaxis" von Frau Bär. Sie meint hoffentlich nicht, daß Flugtaxis durch ein Kupferkabel fliegen werden, sondern nur mit vielen Terabyte beladen in die nächste Stadt. Meine Meinung: Die Nachkriegszeiten, da jedem Bauern für eine einheitliche bescheidene Anschlußgebühr 500 Pfähle eingerammt wurden, um die 5 Kilometer Telefondraht zu verlegen, sind vorbei. Wer seine Firma am Arsch der Welt betreibt, muß auch einmal in die Tasche greifen und eine Wähl- oder Standleitung zum nächsten Knoten im Hochgeschwindigkeits-Internet mieten. Sind das die digitalen Flugtaxis?
[5] Zum heutigen Pi-Tag: Der Schriftbeweis für π=3 aus 2. Chronik 4, Vers 2: "Und er machte das Meer, gegossen, von einem Rand zum anderen zehn Ellen breit, ganz rund, fünf Ellen hoch, und eine Schnur von dreißig Ellen konnte es umspannen."
[6] Alhazen wird auch von Christen nicht vergessen: Nach ihm ist ein Krater auf dem Mond benannt, es gibt die Möndchen des Alhazen und das Alhazenische Problem.
Islam | Geburtstag | 314
Um zu verstehen, wie fromme Moslems denken, sie ihre Meinung Glaubensbrüdern aufzwingen und die Ungläubigen niederringen wollen, sehe ich mir gerne Filmchen an, in denen sie ihre Auffassung offen raushängen lassen. Darunter sind mitunter Beiträge, die durchaus informativ sind. So der zu Alhazen von Kairo. [1] Das hat mich insofern beschämt, als ich Alhazen nicht kannte, obgleich ich mich lange Zeit mit Optik beschäftigt habe. Als Entschuldigung kann ich nur anführen, daß ich mich wenig für Geschichte interessiere und auch Optik-Bücher zu einer modernen Sachlichkeit neigen, die historische Personen nur kurz oder gar nicht erwähnen.
Natürlich beschönigt der eigentlich nur aus einigen mageren Sätzen bestehende Film. So hat Alhazen die Optik nicht durch ein Kerkerfenster, sondern in einer Akademie studiert. Er hatte auch kein Startrek-Armband mit Taschenrechner und Bleistift. Und vieles wurde nicht von ihm erfunden, sondern von den Griechen und Römern übernommen und durch ihn bewahrt. Es ist auch nicht böser Wille und Islamleugnung, daß der volle Name Abu-Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitham latinisiert wurde. Es war damals üblich und half durch Schlichtheit seinem Überleben. Auch der in [2] verwendete ehrenvolle Zusatz "von Kairo" wird nicht gerade jedem zuteil. Wenn ich Araber wäre, würde ich eher kritisieren, daß auch im Titelbild von [1] Alhazen aussieht wie ein weißer Europäer mit Turban und kleinem Bart.
Daß Alhazen weitgehend in Vergessenheit geriet, ist nicht seine Schuld, nicht die des Islam oder Christentums, sondern einfach dem Lauf seiner Hauptwissenschaft, der Optik geschuldet. Mehr als in anderen Naturwissenschaften, zu denen der gemeine Mensch zumeist nur die Anfänge vor mehr als 2000 Jahren und den heute in der Schule gelehrten Stand von 1900 kennt, unterlag die Optik einer holprigen Entwicklung. Zwischen den Griechen und Alhazen klafft ein Loch, nach ihm auch eines. Daß 200 Jahre später die Sehhilfe erfunden wurde, mag teilweise der lateinischen Übersetzung der Schriften des Alhazen zu verdanken sein. Danach klafft erneut ein Loch. Bis um 1500 Spiegel und die von Alhazen nicht erfundene, aber erforschte Camera Obscura der Allgemeinheit zugänglich wurden.
Trotzdem ist Alhazen entgegen des Filmtitels nicht der Vater der modernen Optik. Die begann erst gegen 1600 mit den ersten Fernrohren und dem Snellschen Gesetz, das fast die gesamte Strahlenoptik erklärte und die Konstruktion immer besserer optischer Geräte ermöglichte. [3] Der Vater der modernen Optik ist also Snell, wenn man ihn nicht besser nur Vater der Strahlenoptik nennen möchte, denn von Wellenoptik, unsichtbarer Strahlung, Photonen und Materie aus Licht wußte man damals noch nichts. Lichtleiter, Glasfasern, Digitalisierung und Flugtaxis waren unbekannt. [4]
Zusammen mit der Geometrie verlor die Optik Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Im Mathematikunterricht wurde gerechnet, wo man auch hätte zeichnen können, der Physikunterricht reichte kaum über die Brechung an einer Linse hinaus. In der Wissenschaft selbst aber ist eine umfassende Wiedergeburt zu erkennen, die auch den starken Verbindungen zu anderen Bereichen zu verdanken ist. Ohne Optik gäbe es keine modernen Mobiltelefone, schon gar nicht mit einer kleinen Kamera im Werte von 5 Euro mit Bildern, die vor wenigen Jahren nur mit teuren Objektiven möglich gewesen sind.
Nach diesem Ausflug in meine Auffassung vom Werdegang der Optik nun zurück zum Film. Es ist schön, wenn neben der Verbreitung einer mehr als frommen Koranauslegung auf die großen Denker des Islam hingewiesen wird, weil sie tatsächlich zwischen Antike und Moderne gerne vergessen werden. So ist Alhazen nicht nur der größte Optiker einer Spanne von vielen Jahrhunderten, sondern darf auch gerne als Begründer modernen wissenschaftlichen Denkens, ja als großer Erkenntnistheoretiker gesehen werden, der die Bedeutung des Experimentes und des induktiven Denkens predigte, auch wenn beides nicht ganz neu war. Davon sollten sich die modernen frommen Moslems eine Scheibe abschneiden. Die Zeiten des Schriftbeweises sind für die Christenheit vorbei. [5] Die Moslems werden hoffentlich bald nachziehen.
[1] Ibn ul Haytham Vater der modernen Optik. Youtube, Generation Islam, 11.03.2018.
[2] Eugene Hecht: Optik. Oldenbourg, 5. Auflage, 2009. Seite 2: "Nach dem Niedergang des Weströmischen Reiches [...] waren in Europa für längere Zeit kaum wissenschaftliche Erfolge zu verzeichnen. Die von griechisch-römisch-christlicher Kultur dominierten Mittelmeerländer fielen rasch unter die Herrschaft Allahs." Wer wagt es heute noch, sich so falsch und klar zugleich auszudrücken? "So verschob sich das Zentrum der Gelehrsamkeit in die arabische Welt, wo auch die Optik untersucht und erweitert wurde, insbesondere von Alhazen (ca. 1000 n.Chr.)." Seite 333: "Direkt hinter der Regenbogenhaut befindet sich die Linse. Die ältere Bezeichnung 'Kristallinse' geht auf die Arbeit von Abu-Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitham, genannt Alhazen von Kairo (ca. 1000 n.Chr.), zurück, der das Auge als in drei Bereiche aufgeteilt beschrieb, die wässrig, kristallin bzw. glasig seien." Seite 354: "das Prinzip [der Lochkamera] war schon Aristoteles bekannt, dessen Beobachtungen durch Aufzeichnungen arabischer Schüler während des langen europäischen Mittelalters erhalten blieben. Alhazen beobachtete auf diese Weise Sonnenfinsternisse ..."
[3] Das Snellsche Gesetz: Bei der Brechung des Lichtes verhalten sich die Sinus von Einfalls- und Ausfallswinkel umgekeht zu den Brechungsindizes. Endlich eine Gelegenheit, den korrekten Plural von Sinus zu verwenden. Und zum Namesgejammer: Willebord van Roijen Snell nannte sich Snellius, weshalb politisch Korrekte auch vom Snelliusschen Gesetz sprechen. Daß zusätzlich die beiden Strahlen in einer Ebene senkrecht zur Trennfläche der beiden Medien liegen, hatte Alhazen bereits bemerkt. In welcher Genauigkeit und Form der Perser Ibn Sahl das Brechungsgesetz bereits vor Snellius und Alhazen kannte, entzieht sich meiner Kenntnis. Wer sich wenig verbreitetes und schnell vergessenes altertümliches Gekrakel ansieht, der sollte verstehen, warum vieles neu entdeckt werden mußte.
[4] CSU und Flugtaxis! Unglaubliches Personal für dieses wichtige Amt. Youtube, Uncut-News Schweiz, 07.03.2018. Nach "Diaspora" von Frau Slomka die "Flugtaxis" von Frau Bär. Sie meint hoffentlich nicht, daß Flugtaxis durch ein Kupferkabel fliegen werden, sondern nur mit vielen Terabyte beladen in die nächste Stadt. Meine Meinung: Die Nachkriegszeiten, da jedem Bauern für eine einheitliche bescheidene Anschlußgebühr 500 Pfähle eingerammt wurden, um die 5 Kilometer Telefondraht zu verlegen, sind vorbei. Wer seine Firma am Arsch der Welt betreibt, muß auch einmal in die Tasche greifen und eine Wähl- oder Standleitung zum nächsten Knoten im Hochgeschwindigkeits-Internet mieten. Sind das die digitalen Flugtaxis?
[5] Zum heutigen Pi-Tag: Der Schriftbeweis für π=3 aus 2. Chronik 4, Vers 2: "Und er machte das Meer, gegossen, von einem Rand zum anderen zehn Ellen breit, ganz rund, fünf Ellen hoch, und eine Schnur von dreißig Ellen konnte es umspannen."
[6] Alhazen wird auch von Christen nicht vergessen: Nach ihm ist ein Krater auf dem Mond benannt, es gibt die Möndchen des Alhazen und das Alhazenische Problem.
Islam | Geburtstag | 314
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