Erkenntnis
wuerg, 01.04.2006 16:45
Bei „Kluges und Scheiß“ wurde kurz über wertfreie, unmittelbare Wahrnehmung diskutiert, also über ungefilterte und unverfälschte Aufnahme der Wirklichkeit. [1] Mir geht es jetzt nicht um die Frage, inwieweit unsichtbare oder nicht meßbare Dinge zur Realität gehören, nicht um Änderungen oder gar Erweiterungen des Bewußtseins durch Meditation, Hypnose, Drogen oder medizinische Tricks, auch nicht um Savants, die zumindest einen Teil der realen Welt ungefiltert, umfassend und detailgenau aufnehmen. Vielmehr möchte ich meine Auffassung darlegen, warum Filterung und Bewertung vom Menschen unabhängig angelegte vernünftige Vorgänge sind, auf die auch denkende Großrechner der Zukunft nicht verzichten werden, gleichwohl sie millionenfach umfassender als wir die Welt wahrnehmen können.
Die Welt ist kein einfaches Murmelspiel oder reines Herumfliegen von Elementarteilchen. Unabhängig von unserer Existenz und unter völliger Abwesenheit jedweder Intelligenz im Weltall, kann die Welt auf einer Metaebene betrachtet werden, auf der insbesondere die physikalischen Gesetze formulierbar sind, so vielfältig und andersartig sie in anderen Teilen der Welt auch sein mögen. Offensichtlich ist unsere Welt ein so mächtiges System, daß ein kleiner, aber bedeutender Teil dieser Metawelt in ihm formulierbar ist. Das muß nicht so sein. Es gibt Murmelspiele, die betrachtungsresistent sind. Die Welt ist es offenbar nicht. Sonst hätte ich kein Bewußtsein, mein Denken wäre ein Automatismus und alles nur ein Murmelspiel, was ich hier schreibe.
Die Betrachtung der Welt aus sich selbst heraus führt unabhängig von menschlicher Existenz zur Unterscheidung von richtig und falsch, sinnvoll und sinnlos, gut und böse. Damit will ich nicht sagen, daß alles in diese dualen oder polaren Kategorien einteilbar ist, sondern beharre nur darauf, daß sie nicht untereinander austauschbar sind, also keine willkürlichen Festlegungen darstellen. Schon wegen unserer Endlichkeit, können wir Menschen uns immer nur um Erkenntnisse und um eine gerechtfertigte Bewertung bemühen. Für mich besteht dieses Bemühen darin, die Menschenbrille im Denken abzulegen zu wollen. Unmittelbare Wahrnehmung behält diese Brille auf, man sieht sie nur vor lauter Außenwelt nicht mehr.
Jede Bewertung und Filterung auszuschalten, um die ganze Realität unmittelbar wahrzunehmen, mag eine schöne Erfahrung sein und fördert Erkenntnisse über uns Menschen zu Tage. Auch ich würde gerne spielend mehr Fakten aufnehmen wollen, wenn darunter die Bewertung und Einordnung nicht litte. Manche mögen meinen, beides auf hohem Niveau in Einklang bringen zu können. Für mich glaube ich das nicht, denn soweit meine Träume mir in Erinnerung sind, enthalten sie doch so manchen Blödsinn, der nicht erst im Wachzustand hätte gefiltert werden sollen. Kurz: In der unmittelbaren Wahrnehmung vermute ich mehr Betrug als in der selektiven.
[1] Frau Klugscheisser: Infinity. Kluges & Scheiß, 23.03.2006.
Die Welt ist kein einfaches Murmelspiel oder reines Herumfliegen von Elementarteilchen. Unabhängig von unserer Existenz und unter völliger Abwesenheit jedweder Intelligenz im Weltall, kann die Welt auf einer Metaebene betrachtet werden, auf der insbesondere die physikalischen Gesetze formulierbar sind, so vielfältig und andersartig sie in anderen Teilen der Welt auch sein mögen. Offensichtlich ist unsere Welt ein so mächtiges System, daß ein kleiner, aber bedeutender Teil dieser Metawelt in ihm formulierbar ist. Das muß nicht so sein. Es gibt Murmelspiele, die betrachtungsresistent sind. Die Welt ist es offenbar nicht. Sonst hätte ich kein Bewußtsein, mein Denken wäre ein Automatismus und alles nur ein Murmelspiel, was ich hier schreibe.
Die Betrachtung der Welt aus sich selbst heraus führt unabhängig von menschlicher Existenz zur Unterscheidung von richtig und falsch, sinnvoll und sinnlos, gut und böse. Damit will ich nicht sagen, daß alles in diese dualen oder polaren Kategorien einteilbar ist, sondern beharre nur darauf, daß sie nicht untereinander austauschbar sind, also keine willkürlichen Festlegungen darstellen. Schon wegen unserer Endlichkeit, können wir Menschen uns immer nur um Erkenntnisse und um eine gerechtfertigte Bewertung bemühen. Für mich besteht dieses Bemühen darin, die Menschenbrille im Denken abzulegen zu wollen. Unmittelbare Wahrnehmung behält diese Brille auf, man sieht sie nur vor lauter Außenwelt nicht mehr.
Jede Bewertung und Filterung auszuschalten, um die ganze Realität unmittelbar wahrzunehmen, mag eine schöne Erfahrung sein und fördert Erkenntnisse über uns Menschen zu Tage. Auch ich würde gerne spielend mehr Fakten aufnehmen wollen, wenn darunter die Bewertung und Einordnung nicht litte. Manche mögen meinen, beides auf hohem Niveau in Einklang bringen zu können. Für mich glaube ich das nicht, denn soweit meine Träume mir in Erinnerung sind, enthalten sie doch so manchen Blödsinn, der nicht erst im Wachzustand hätte gefiltert werden sollen. Kurz: In der unmittelbaren Wahrnehmung vermute ich mehr Betrug als in der selektiven.
[1] Frau Klugscheisser: Infinity. Kluges & Scheiß, 23.03.2006.
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frau klugscheisser,
03.04.2006 01:02
Unabhängig von unserer Existenz und unter völliger Abwesenheit jedweder Intelligenz im Weltall, kann die Welt auf einer Metaebene betrachtet werden, auf der unter anderem die physikalischen Gesetze formulierbar sind
Sind nicht gerade physikalische Gesetze dem ständigen Wandel neuer Erkenntnisse unterworfen?
Ein schöner Text, Herr wuerg. Mehrfach musste ich ihn lesen und bin mir immer noch nicht sicher, ihn auf adäquate Weise verstanden zu haben.
Jedoch glaube ich, wird darin das ein oder andere vermischt.
Wenngleich ich das zwinkernde Auge der Ironie nicht überlesen habe, ist es genau dieser Satz, der mich nachdenklich stimmt:
Kurz: In der unmittelbaren Wahrnehmung vermute ich mehr Betrug als in der selektiven.
Ist ein Mensch tatsächlich in der Lage, unmittelbar wahrzunehmen? Das, was Sie als "unmittelbar" beschreiben, ist genau von dem gefärbt, was auszuschalten wäre, nämlich das Unterbewusste, aus dem ja auch die Träume schöpfen.
Ich weiß nicht, ob und in wieweit Menschen dazu in der Lage sind, Filter auszuschalten (wobei es Ihnen ja darum nicht geht), doch wer aufgibt, bevor er einen Versuch wagt - da es ja ach so unmöglich scheint - wird es nie erfahren.
Sind nicht gerade physikalische Gesetze dem ständigen Wandel neuer Erkenntnisse unterworfen?
Ein schöner Text, Herr wuerg. Mehrfach musste ich ihn lesen und bin mir immer noch nicht sicher, ihn auf adäquate Weise verstanden zu haben.
Jedoch glaube ich, wird darin das ein oder andere vermischt.
Wenngleich ich das zwinkernde Auge der Ironie nicht überlesen habe, ist es genau dieser Satz, der mich nachdenklich stimmt:
Kurz: In der unmittelbaren Wahrnehmung vermute ich mehr Betrug als in der selektiven.
Ist ein Mensch tatsächlich in der Lage, unmittelbar wahrzunehmen? Das, was Sie als "unmittelbar" beschreiben, ist genau von dem gefärbt, was auszuschalten wäre, nämlich das Unterbewusste, aus dem ja auch die Träume schöpfen.
Ich weiß nicht, ob und in wieweit Menschen dazu in der Lage sind, Filter auszuschalten (wobei es Ihnen ja darum nicht geht), doch wer aufgibt, bevor er einen Versuch wagt - da es ja ach so unmöglich scheint - wird es nie erfahren.
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wuerg,
03.04.2006 01:55
Ihre Unendlichkeits-Spiegel-Geschichte ließ mich die einfache Frage stellen, warum ein Spiegel links und rechts, aber nicht oben und unten vertauscht, obwohl der Spiegel doch gar keine Möglichkeit hat, eine Richtung zu bevorzugen. Eine schnelle Antwort ist, der Mensch interpretiere diese Vorzugsrichtung hinein, er nehme unangemessen vorverarbeitet wahr. Könne man die Manipulationen der Sinneseindrücke ausschalten, würde die unmittelbare und wahre Realität in unser Bewußtsein vordringen.
Ich dagegen glaube, daß die von Ihnen nicht näher spezifizierten eigenen Erfahrungen, sei es Hypnose, Trance oder Meditation, nur zu einer anderen und auch verbesserten Binnensicht führen, zu mehr Selbsterfahrung, über die Beschaffenheit der großen Welt um uns herum aber mehr Verwirrung stiften als Aufklärung leisten.
So ist es auch mit dem Spiegel, über den ich gesondert schreiben werde. Es ist nicht so, daß ungewöhnliche Lagen des Spiegels die Links-Rechts-Täuschung offenbaren. Vielmehr ist es umgekehrt. Ein ungewohntes Spiegelbild bringt das Gehirn dazu, die normale Links-Rechts-Vertauschung als Erklärung aufzugeben.
Übertragen auf die ‚Erweiterung‘ des Bewußtseins bedeutet das: Unter Drogen, bei Hirnschäden, in Trance und Meditation (ungewöhnliche Spiegellage) wird uns nicht eine alltägliche Täuschung aufgelöst, gar die wahre Welt gezeigt. Vielmehr wird vom normalen und richtigen Eindruck im Wachzustand (Links-Rechts-Vertauschung) abgelenkt.
Durch eine ordentliche Reflexion kommen Unsymmetrie, Ordnungen und Bewertungen in die Welt, nicht nur durch die Betrachtung des eigenen Spiegelbildes. Die Unterscheidung von Gut und Böse, wahr und falsch, sinnvoll und sinnlos ist keine Menschenwillkür. Außerirdische würden uns das bestätigen. Bis zu ihrer Ankunft müssen wir nachdenken. Und das kann man bei vollem Wachbewußtsein am besten.
Ich dagegen glaube, daß die von Ihnen nicht näher spezifizierten eigenen Erfahrungen, sei es Hypnose, Trance oder Meditation, nur zu einer anderen und auch verbesserten Binnensicht führen, zu mehr Selbsterfahrung, über die Beschaffenheit der großen Welt um uns herum aber mehr Verwirrung stiften als Aufklärung leisten.
So ist es auch mit dem Spiegel, über den ich gesondert schreiben werde. Es ist nicht so, daß ungewöhnliche Lagen des Spiegels die Links-Rechts-Täuschung offenbaren. Vielmehr ist es umgekehrt. Ein ungewohntes Spiegelbild bringt das Gehirn dazu, die normale Links-Rechts-Vertauschung als Erklärung aufzugeben.
Übertragen auf die ‚Erweiterung‘ des Bewußtseins bedeutet das: Unter Drogen, bei Hirnschäden, in Trance und Meditation (ungewöhnliche Spiegellage) wird uns nicht eine alltägliche Täuschung aufgelöst, gar die wahre Welt gezeigt. Vielmehr wird vom normalen und richtigen Eindruck im Wachzustand (Links-Rechts-Vertauschung) abgelenkt.
Durch eine ordentliche Reflexion kommen Unsymmetrie, Ordnungen und Bewertungen in die Welt, nicht nur durch die Betrachtung des eigenen Spiegelbildes. Die Unterscheidung von Gut und Böse, wahr und falsch, sinnvoll und sinnlos ist keine Menschenwillkür. Außerirdische würden uns das bestätigen. Bis zu ihrer Ankunft müssen wir nachdenken. Und das kann man bei vollem Wachbewußtsein am besten.
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wuerg,
03.04.2006 02:19
Ich schreibe eine zweite Antwort auf ihren Kommentar, um eine Vermischung von allgemeinen Überlegungen mit persönlichen Erfahrungen zu vermeiden. Sie schrieben am Ende
„Ich weiß nicht, ob und in wieweit Menschen dazu in der Lage sind, Filter auszuschalten (wobei es Ihnen ja darum nicht geht), doch wer aufgibt, bevor er einen Versuch wagt - da es ja ach so unmöglich scheint - wird es nie erfahren“
worin ich eine gewisse Kritik entdecke, die da lautet: Wenn Sie es nicht selbst probieren, so werden Sie es nie erfahren, daß möglich ist, was sie für ach ja so unmöglich halten.
Einerseits stimmt es natürlich, daß ich eine gewisse Scheu davor habe, in einen unkontrollierten Zustand zu geraten, wenn ich einmal vom Traum absehe, den ich ja nicht vermeiden kann. Deshalb habe ich mich nie betrunken und nie Rauschgift probiert. Andererseits können sich Menschen mit besonderen Erfahrungen durch irgendwelche Techniken nicht darauf zurückziehen, andere müßten diese Erfahrung selbst machen, und mehr könnten sie dazu nicht sagen.
Einmal abgesehen davon, daß man nicht jedwede Erfahrung in seinem kurzen Leben selber machen kann, vertrete ich eine Auffassung, die ich auch schon meinen mehr religiös interessierten Bloggerkollegen dargelegt habe: Es geht nicht, daß sich einige auf einer Erkenntnis-Insel befinden und ans Ufer rufen: „Schwimme herüber, dann wirst Du es sehen. Mit Worten kann ich Dir die vielen hier gewonnenen Einsichten nicht beschreiben.“
[1] Religionsfreiheit. Mein Kommentar zu Inseln mit Zugbrücken gemäß [2]
[2] Humprey Palmer: Zuerst Verstehen. Dritter Beitrag des Teiles II, Sprachspiele und die Grammatik des Glaubens in [3], S. 237–246.
[3] Ingolf U. Dalfert (Hrg.): Sprachlogik des Glaubens. Chr. Kaiser, München, 1974.
„Ich weiß nicht, ob und in wieweit Menschen dazu in der Lage sind, Filter auszuschalten (wobei es Ihnen ja darum nicht geht), doch wer aufgibt, bevor er einen Versuch wagt - da es ja ach so unmöglich scheint - wird es nie erfahren“
worin ich eine gewisse Kritik entdecke, die da lautet: Wenn Sie es nicht selbst probieren, so werden Sie es nie erfahren, daß möglich ist, was sie für ach ja so unmöglich halten.
Einerseits stimmt es natürlich, daß ich eine gewisse Scheu davor habe, in einen unkontrollierten Zustand zu geraten, wenn ich einmal vom Traum absehe, den ich ja nicht vermeiden kann. Deshalb habe ich mich nie betrunken und nie Rauschgift probiert. Andererseits können sich Menschen mit besonderen Erfahrungen durch irgendwelche Techniken nicht darauf zurückziehen, andere müßten diese Erfahrung selbst machen, und mehr könnten sie dazu nicht sagen.
Einmal abgesehen davon, daß man nicht jedwede Erfahrung in seinem kurzen Leben selber machen kann, vertrete ich eine Auffassung, die ich auch schon meinen mehr religiös interessierten Bloggerkollegen dargelegt habe: Es geht nicht, daß sich einige auf einer Erkenntnis-Insel befinden und ans Ufer rufen: „Schwimme herüber, dann wirst Du es sehen. Mit Worten kann ich Dir die vielen hier gewonnenen Einsichten nicht beschreiben.“
[1] Religionsfreiheit. Mein Kommentar zu Inseln mit Zugbrücken gemäß [2]
[2] Humprey Palmer: Zuerst Verstehen. Dritter Beitrag des Teiles II, Sprachspiele und die Grammatik des Glaubens in [3], S. 237–246.
[3] Ingolf U. Dalfert (Hrg.): Sprachlogik des Glaubens. Chr. Kaiser, München, 1974.
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frau klugscheisser,
03.04.2006 02:20
Die "ordentliche Reflexion" impliziert immer noch ein trügerisches Element, das nämlich der Reflexion an sich. Was würde passieren, wenn das Denken an sich auszuschalten wäre? Wären dann nicht die Dinge, wie sie sind? Nur das Denken definiert und ordnet ein. Ein Zustand ohne Denken (und ohne diesen ohne Meditation zu erlangen) erscheint indes unwahrscheinlich, da der Mensch zu denken verdammt ist.
Verwirrung ist nur dort, wo einzuordnen nicht mehr möglich scheint. Aufklärung ist die der Kantschen Kritik und somit die des Denkens an sich. Beides ist weder gut noch schlecht. Es ist, was es ist.
Und während ich dies schrieb, waren Sie wiederum tätig:
Meine Erfahrungen sind genau das, nämlich MEINE Erfahrungen. Ich könnte jemandem meine Kindheit schildern, er würde mit viel Einfühlungsvermögen versuchen, intellektuell nachzuvollziehen. Doch würde er niemals ganz verstehen. Denn was ist Verstehen? Ich will es mal ganz hemdsärmelig beschreiben: mit Anfang Zwanzig dachte ich " jetzt habe ich verstanden". Dann kamen Erfahrungen hinzu und ich dachte "oh, jetzt habe ich wirklich verstanden." Schließlich mit Ende Dreissig denke ich nur noch "ach SO ist das!" Und das ist mit Sicherheit noch nicht das Ende...
Verwirrung ist nur dort, wo einzuordnen nicht mehr möglich scheint. Aufklärung ist die der Kantschen Kritik und somit die des Denkens an sich. Beides ist weder gut noch schlecht. Es ist, was es ist.
Und während ich dies schrieb, waren Sie wiederum tätig:
Meine Erfahrungen sind genau das, nämlich MEINE Erfahrungen. Ich könnte jemandem meine Kindheit schildern, er würde mit viel Einfühlungsvermögen versuchen, intellektuell nachzuvollziehen. Doch würde er niemals ganz verstehen. Denn was ist Verstehen? Ich will es mal ganz hemdsärmelig beschreiben: mit Anfang Zwanzig dachte ich " jetzt habe ich verstanden". Dann kamen Erfahrungen hinzu und ich dachte "oh, jetzt habe ich wirklich verstanden." Schließlich mit Ende Dreissig denke ich nur noch "ach SO ist das!" Und das ist mit Sicherheit noch nicht das Ende...
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wuerg,
03.04.2006 03:10
Jeder hat natürlich SEINE Erfahrungen, die andere allein vom Umfang her nicht nachvollziehen können. Mir ging es aber um allgemeine Erfahrungen, um Erkenntnis. Auch hier kann man nicht alles nachvollziehen. Der endliche Mensch kann nur an einigen Punkten sich tief einarbeiten.
Es mag sein, was es ist, doch was ist es? Es reicht nicht zu sagen, „3 und 5 ist 3 und 5“, auch „3 und 5 ist 5 und 3“ befriedigt wenig. Der Mensch kann nicht aus seiner Haut und über seinen endlichen Geist. Ich traue ihm aber in einem gewissen Maße auch davon unabhängige Erkenntnis zu.
Gewiß ist der Mensch zum Denken verdammt. Ein Stein hat keine Probleme. Wie es ist, wenn man vieles einfach weiß, ohne zu denken, oder alles umfassend wahrnimmt, ohne es einzuordnen, kann ein normaler Mensch auch mit Tricks nicht erfahren. Deshalb erwähnte ich die Savants, in denen ES denkt und deren Bewußtsein nur die Ergebnisse präsentiert werden. Und bekanntlich denkt ES wesentlich schneller als ICH.
Große Geister sollen Savants gewesen sein. Möglicherweise auch Ramanujan, der viele mathematische Formeln in seine Notizbücher schrieb, die sich nach vielen Jahren tatsächlich als richtig erwiesen. Einerseits würde ich sowas auch gerne können, andererseits habe ich Angst davor, einfach alles für richtig zu halten, was ES mir vorlegt.
Es mag sein, was es ist, doch was ist es? Es reicht nicht zu sagen, „3 und 5 ist 3 und 5“, auch „3 und 5 ist 5 und 3“ befriedigt wenig. Der Mensch kann nicht aus seiner Haut und über seinen endlichen Geist. Ich traue ihm aber in einem gewissen Maße auch davon unabhängige Erkenntnis zu.
Gewiß ist der Mensch zum Denken verdammt. Ein Stein hat keine Probleme. Wie es ist, wenn man vieles einfach weiß, ohne zu denken, oder alles umfassend wahrnimmt, ohne es einzuordnen, kann ein normaler Mensch auch mit Tricks nicht erfahren. Deshalb erwähnte ich die Savants, in denen ES denkt und deren Bewußtsein nur die Ergebnisse präsentiert werden. Und bekanntlich denkt ES wesentlich schneller als ICH.
Große Geister sollen Savants gewesen sein. Möglicherweise auch Ramanujan, der viele mathematische Formeln in seine Notizbücher schrieb, die sich nach vielen Jahren tatsächlich als richtig erwiesen. Einerseits würde ich sowas auch gerne können, andererseits habe ich Angst davor, einfach alles für richtig zu halten, was ES mir vorlegt.
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frau klugscheisser,
04.04.2006 09:56
Wenn Sie wissen wollen, wie es ist, wenn ES denkt, dann erinnern Sie sich daran, wie es ist, etwas völlig selbstvergessen zu tun.
Es gibt diesen Moment z.B. auf einer Bühne. Er dauert meist nur Sekundenbruchteile, doch danach sind wir alle süchtig. Deswegen suchen Menschen das Verliebtsein, deswegen suchen sie Orgasmen, deswegen nehmen sie Rauschmittel. Das Denken durch Fremdstoffe abzuschalten halte ich jedoch für fragwürdig. Mein Ansatz wäre, diese Sekundenbruchteile, die wir alle kennen und die spätestens mit dem Auftauchen des Gedanken "Oh, wie schön" vorbei sind, zu Sekunden, Minuten oder gar Stunden zu machen. Und das klingt mir schon sehr nach Meditation... (eben doch Definitionssache).
ES ist kein Ergebnis und kein Beweis, es ist ein Zustand.
Es gibt diesen Moment z.B. auf einer Bühne. Er dauert meist nur Sekundenbruchteile, doch danach sind wir alle süchtig. Deswegen suchen Menschen das Verliebtsein, deswegen suchen sie Orgasmen, deswegen nehmen sie Rauschmittel. Das Denken durch Fremdstoffe abzuschalten halte ich jedoch für fragwürdig. Mein Ansatz wäre, diese Sekundenbruchteile, die wir alle kennen und die spätestens mit dem Auftauchen des Gedanken "Oh, wie schön" vorbei sind, zu Sekunden, Minuten oder gar Stunden zu machen. Und das klingt mir schon sehr nach Meditation... (eben doch Definitionssache).
ES ist kein Ergebnis und kein Beweis, es ist ein Zustand.
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wuerg,
05.04.2006 19:27
Etwas selbstvergessen zu tun, ist mir schon recht geläufig. Wenn es sich dabei aber um eine vernünftige Tätigkeit handeln soll, muß die dazu erforderliche Fertigkeit angeboren oder erlernt sein. Das Fahrradfahren wird gerne als Beispiel für erlernte Automatismen angeführt. Das Nachsingen von Melodien, ohne die Intervalle auch nur ansatzweise zu erkennen, ist wohl zumindest teilweise angeboren, beim Papagei ganz sicherlich. Süchtig nach diesem automatischen Handlungen wird man aber nur, wenn mit ihnen Wohlbefinden verbunden ist. Und das ist zumeist der Fall, weil man sonst die teilweise lebenslange Übungszeit gar nicht aufgewendet hätte.
Wenn ich „ES denkt“ sage, dann meine ich nicht besondere Gefühle, sondern wirklich komplexe Gedanken und Handlungen. Um in Ihrem Beispiel zu bleiben, wie bei einem Schauspieler, dem sein Text erst wieder einfällt, wenn er die Bühne betritt. Solange er aber Lampenfieber zeigt, ist dieser Vorgang noch nicht perfekt. Ein noch lebender klavierspielender Savant von der Qualität Mozarts kennt Lampenfieber nicht ansatzweise. Er spielt fast alles richtig, einer der seltenen Fehler irritiert ihn nicht. Von der klassischen Musik wendete er sich ab, weil er eine Note Schuberts für falsch hielt und den Ton nicht spielen wollte.
Ich selbst kenne durchaus das Gefühl, daß etwas von selbst geht, wofür man keinen Handschlag getan hat. In der Grundschule war Kopfrechnen meine Paradedisziplin. Früher mußten dazu alle aufstehen, wer als erster die richtige Antwort gab, durfte sich setzen, und der letzte war der Oberkäse. So mancher erinnert sich mit unguten Gefühlen daran. Mir fällt nur ein, daß ich sofort das Ergebnis wußte, sobald der Lehrer „ist“ gesagt hatte, und es nur einmal nicht stimmte. Bis heute bin ich fest davon überzeugt, daß der Lehrer sich verrechnet hatte. Zu einem echten Savant aber fehlte mir der Hirnschaden, sich dauernd mit solchen Absonderlichkeiten zu beschäftigen.
Keiner versteht das Phänomen so richtig. Ich aber stelle mir den ernsthaft denkenden normalen Menschen wie einen Computer vor, auf dem ein Schachlernprogramm läuft, das immer wieder über die Stellung, mögliche Züge und deren Konsequenzen nachdenkt und viel Zeit darauf verschwendet, dem Menschen am Bildschirm alles schön animiert zu erläutern. Und nebenbei wird noch in Internet gesurft und Musik gehört. Was dieses Programm an Wissen mitbringt, ist bescheiden, was es dazulernt, ebenfalls. Auf der anderen Seite gibt es die Schachturnierprogramme, die keine Zeit für etwas anderes verplempern, die ihre Eröffnungszüge einer in jahrelanger Arbeit erstellten Bibliothek entnehmen und die für das Endspiel in Tabellen nachsehen, die viele Gigabyte groß sind und von Großrechnern in monatelanger Arbeit erstellt wurden.
Zurück zu mir: Vielleicht hätte ich die Möglichkeit, schneller und besser zu sein und dabei noch mit einem guten Gefühl belohnt zu werden. Doch wäre ich dann ohne Eingriffsmöglichkeit dem ausgeliefert, was ich mir angeeignet habe, mir eingetrichtert wurde, mir angeboren ist, was im Eröffnungsbuch oder in der Endspieltabelle steht. Ich würde es mit der gleichen Freude falsch wie richtig machen. Und das möchte ich nicht. Es gibt mir zu viele Menschen, die sich zumindest in Teilbereichen völlig ihrer Prägung hingeben, seien es promovierte Chemiker, die die gesamte Welt erklären können, oder gebildete Hochschulprofessoren, die Juden für Untermenschen halten oder für Ungläubige den Tod fordern. Wenn ich solche Aussetzer habe, dann will ich sie wenigstens bemerken.
Ich werde es wohl nicht mehr erleben, wenn der erste Computer auftaucht, der „ich denke, also bin ich“ aus eigenem Antrieb sagt und Persönlichkeitsrechte einfordert. Ein solcher Rechner wird möglicherweise mit zahlreichen Modulen ausgestattet sein, die ihm großartige Fertigkeiten verleihen. Er wird von ihnen aber nur unterstützend Gebrauch machen und diese jederzeit austauschbaren Module nicht zu seiner Person rechnen, denn er weiß wie jedermann, daß deren Leistung nicht seine eigene ist, es sei denn, er habe diese Module selbst entwickelt, konfiguriert, trainiert und verbessert. Stolz sein wird er nur auf seine Leistungen und sein Denkvermögen im jederzeit reflektierenden Wachzustand, auf sein wirkliches Ichbewußtsein, sofern er vom Menschen nicht mit gefühlsbasierten Zwangsmodulen ausgestattet wurde.
Wenn ich „ES denkt“ sage, dann meine ich nicht besondere Gefühle, sondern wirklich komplexe Gedanken und Handlungen. Um in Ihrem Beispiel zu bleiben, wie bei einem Schauspieler, dem sein Text erst wieder einfällt, wenn er die Bühne betritt. Solange er aber Lampenfieber zeigt, ist dieser Vorgang noch nicht perfekt. Ein noch lebender klavierspielender Savant von der Qualität Mozarts kennt Lampenfieber nicht ansatzweise. Er spielt fast alles richtig, einer der seltenen Fehler irritiert ihn nicht. Von der klassischen Musik wendete er sich ab, weil er eine Note Schuberts für falsch hielt und den Ton nicht spielen wollte.
Ich selbst kenne durchaus das Gefühl, daß etwas von selbst geht, wofür man keinen Handschlag getan hat. In der Grundschule war Kopfrechnen meine Paradedisziplin. Früher mußten dazu alle aufstehen, wer als erster die richtige Antwort gab, durfte sich setzen, und der letzte war der Oberkäse. So mancher erinnert sich mit unguten Gefühlen daran. Mir fällt nur ein, daß ich sofort das Ergebnis wußte, sobald der Lehrer „ist“ gesagt hatte, und es nur einmal nicht stimmte. Bis heute bin ich fest davon überzeugt, daß der Lehrer sich verrechnet hatte. Zu einem echten Savant aber fehlte mir der Hirnschaden, sich dauernd mit solchen Absonderlichkeiten zu beschäftigen.
Keiner versteht das Phänomen so richtig. Ich aber stelle mir den ernsthaft denkenden normalen Menschen wie einen Computer vor, auf dem ein Schachlernprogramm läuft, das immer wieder über die Stellung, mögliche Züge und deren Konsequenzen nachdenkt und viel Zeit darauf verschwendet, dem Menschen am Bildschirm alles schön animiert zu erläutern. Und nebenbei wird noch in Internet gesurft und Musik gehört. Was dieses Programm an Wissen mitbringt, ist bescheiden, was es dazulernt, ebenfalls. Auf der anderen Seite gibt es die Schachturnierprogramme, die keine Zeit für etwas anderes verplempern, die ihre Eröffnungszüge einer in jahrelanger Arbeit erstellten Bibliothek entnehmen und die für das Endspiel in Tabellen nachsehen, die viele Gigabyte groß sind und von Großrechnern in monatelanger Arbeit erstellt wurden.
Zurück zu mir: Vielleicht hätte ich die Möglichkeit, schneller und besser zu sein und dabei noch mit einem guten Gefühl belohnt zu werden. Doch wäre ich dann ohne Eingriffsmöglichkeit dem ausgeliefert, was ich mir angeeignet habe, mir eingetrichtert wurde, mir angeboren ist, was im Eröffnungsbuch oder in der Endspieltabelle steht. Ich würde es mit der gleichen Freude falsch wie richtig machen. Und das möchte ich nicht. Es gibt mir zu viele Menschen, die sich zumindest in Teilbereichen völlig ihrer Prägung hingeben, seien es promovierte Chemiker, die die gesamte Welt erklären können, oder gebildete Hochschulprofessoren, die Juden für Untermenschen halten oder für Ungläubige den Tod fordern. Wenn ich solche Aussetzer habe, dann will ich sie wenigstens bemerken.
Ich werde es wohl nicht mehr erleben, wenn der erste Computer auftaucht, der „ich denke, also bin ich“ aus eigenem Antrieb sagt und Persönlichkeitsrechte einfordert. Ein solcher Rechner wird möglicherweise mit zahlreichen Modulen ausgestattet sein, die ihm großartige Fertigkeiten verleihen. Er wird von ihnen aber nur unterstützend Gebrauch machen und diese jederzeit austauschbaren Module nicht zu seiner Person rechnen, denn er weiß wie jedermann, daß deren Leistung nicht seine eigene ist, es sei denn, er habe diese Module selbst entwickelt, konfiguriert, trainiert und verbessert. Stolz sein wird er nur auf seine Leistungen und sein Denkvermögen im jederzeit reflektierenden Wachzustand, auf sein wirkliches Ichbewußtsein, sofern er vom Menschen nicht mit gefühlsbasierten Zwangsmodulen ausgestattet wurde.
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