Angst
Die Google-Suche nach "Mohammed +Karikaturen +blogger.de" lieferte mir 52 Treffer, durch die ich in keinem Falle auf einen hiesigen Blogger-Kollegen stieß, der sich mit den aktuellen Vorkommnissen auseinandersetzte. Möglicherweise sind die Beiträge noch nicht bei Google angekommen oder ich lese nicht intensiv genug die Einlassungen anderer. Für plausibler halte ich aber Angst als Ratgeber derer, die gestern noch Klowände diskutierten und sich als Gefahr für den herkömmlichen Journalismus aufspielten. Es ist die gleiche Angst, aus der heraus die Karikaturen auch in Zeitungen kaum abgebildet werden, gleichwohl es für die Presse nicht nur eine Freiheit gibt, sondern auch eine Pflicht: Die Menschen zu informieren.

Ich bilde hier ebenfalls keine Karikaturen ab, denn in meinem Blog war noch kein einziges Bild im herkömmlichen Sinne zu sehen. Warum soll ich mir den Zorn der Bilderstürmer zuziehen? Dafür sind die Fotoblogs zuständig und diejenigen, denen nichts zu intim und zu heilig ist. Und es soll sich keiner damit rausreden, daß die Karikaturen alle schlecht bis beschissen sind. Ich fand auch nur eine gut, nämlich die mit dem Balken vor den Augen des Mannes, der doch unmöglich Mohammed selbst gewesen sein kann.

Um mich selbst von meinen christlichen Vorurteilen zu lösen, versetze ich mich in die Lage eines Außerirdischen, der so manchen Zweifel am Verstand der Christen hegt, die sich Jahrtausende immer wieder semesterweise mit den Problemen der Dreifaltig- und einigkeit auseinandersetzen. Und desto enttäuschter bin ich, daß große Teile der Monotheisten, die den einen Gott auf ihrer Seite wähnen, sich derart ereifern können über Karikaturen, die doch nur gewisse Eigenheiten auf die Schippe nehmen. Und wo sie sich auf Mohammed beziehen, treffen sie doch nur einen Propheten und keinen Gottessohn.

Als Außerirdischer sehe ich, daß sich über Jesus aus Weißblech am Kreuz (Ich war eine Dose) nicht die katholische Kirche, sondern die Weißblechindustrie aufgeregt hat, woraufhin der damals noch recht gläubige Christ Wuerg sich vor der Zensur noch einen Druck zulegte, und sonst nichts passierte, den Extremisten unter dem Moslems es aber gelingt, Hunderte von Verblendeten Botschaften in Brand stecken zu lassen. Sie rufen nach der Fatwa mit mehr Aussicht auf Erhörung als die Anrufung der Inquisition verspräche.

Als Außerirdischer aber laste ich es einer Religion nicht an, daß die Menschen ihres Kulturkreises weniger als andere an dem teilhaben konnten, was man allenthalben als Aufklärung ins Feld führt, wodurch sogar unter ihren hoch Gebildeten oftmals eine unerschütterbare Verblendung vorzufinden ist, wenn es um Fragen des Glaubens oder des ewigen Kampfes gegen die Juden geht. Ich sehe auch wie Menschen nach einem Fährunglück keine Botschaft, sondern die Büros der Reederei in Flammen legen. Und so tröste ich mich damit, daß es wohl doch Unterschiede zwischen den sog. Kulturen geben muß, von denen die Religion nur ein Teil ist.

Symmetrieargument | Moslemversteher

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Kann schon sein,
dass das Thema bei blogger.de nicht sooo hoch gehängt wurde. Einige Beiträge und Diskussionen hab ich gesehen, in anderen Teilen des Dorfs wurde das Thema aber rauf und runtergekaut die letzten Tage, einige haben auch im Namen der Meinungsfreiheit die Zeichnungen gepostet. Und inklusive der beruflich bedingten internationalen Medienschau stelle ich allmählich eine Übersättigung bei mir fest. Ich denke, Angst wird nicht der Hinderungsgrund sein für viele Blogger, ihren Haufen noch dazuzusetzen. Sondern eher das Fehlen eines klaren Maßstabs, wie der Sachverhalt zu bewerten ist. Da ist einerseits natürlich die Meinungsfreiheit, die niemand ernsthaft wegen ein paar fanatischen und irregeleiteten Muslimen opfern möchte. Und hey, so ein bisschen Zauseln am Barte des Propheten, das müssen die Kollegen da unten schon abkönnen, oder? Andererseits fragt man sich natürlich auch, ob das wirklich Not tat - und war diese dänische Zeitung nicht sowieso ein rechtes Hetzorgan, das bewusst fremdenfeindliche Stimmung schüren wollte? Es ist halt eine schwierige Gratwanderung, von den hier lebenden Muslimen Integrationswillen und was weiß ich alles einzufordern, ohne rechten Stammtischbrüdern das Wort zu reden. Und ich weiß gar nicht mal, ob Schweigen in dieser aufgeputschten Stimmung wirklich das schlechteste ist...

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Oftmals ist Schweigen nicht das schlechteste, doch frage ich mich, warum es einmal stattfindet, ein andermal nicht, vor allem kollektiv. Sicherlich ist anderswo intensiver diskutiert worden. Mich enttäuscht aber die Ignoranz hier, wo doch ein gelassener Furz durchaus dreimal inhaliert werden kann.

Enttäuscht bin ich auch über einen gewissen Stillstand. Wer merkte, immer wieder das gleiche zu schreiben, wurde auch immer stiller. Die einsetzende Verflachung wurde durch eine Verbreiterung der Benutzerzahl nicht ausgeglichen, sondern unterstützt. Ich finde es zunehmend langweilig und werde mich wohl verabschieden. Wenn mein Beitrag über Quadratzahlen auch 1600 mal aufgerufen wurde, so im wesentlichen doch nur über die Suchmaschinen. Und dazu benötigt man keinen Blog.

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Tja,
ich kann nicht für die Restgemeinde sprechen, aber mich hat die Karikaturen-Diskussion auf der beruflichen Ebene schon genügend in Anspruch genommen, dass ich keinen Drang verspürt habe, dieses Fass in meinem (ohnehin etwas vernachlässigten) Dunkelkämmerlein auch noch aufzumachen.

Ihr Unbehagen beim Blick in die Entwicklung der unmittelbaren Nachbarschaft hier verstehe ich. Dass der massive Zuzug der letzten Wochen das Niveau hier in neue Höhen katapultiert hätte, vermag ich beim besten Willen nicht zu erkennen. Wenn mir das Nachbarschaftsprogramm zu langweilig wird, dann streune ich auch mal bei twoday, antville und anderswo rum. Was will man machen, wenn sich einige der Kollegen, mit denen ich mich gerne austausche (Herr Nicodemus, Herr Götze und Sie), immer wieder mal rar machen?

Klar, vielleicht könnte ich mehr Zeit und Nerv investieren, selber niveauvollere und gesellschaftlich relevantere Beiträge zu verfassen, mehr heiße Eisen anzufassen.Tatsächlich denke ich manchmal auch darüber nach, ob die dunkle Seite so auf Dauer Sinn macht oder ob ich das irgendwann in naher Zukunft als soziales Experiment abhake. Das Redaktionsbüro, bei dem ich sozusagen noch virtuelles Mitglied bin, denkt über ein Medienblog nach, für das ich wohl als Verfasser mehr oder weniger prädestiniert wäre. Dann weiß ich nicht, ob ich daneben noch genügend Zeit und Energie hätte, die Existenz als mark793 weiter aufrechtzuerhalten.

Aber einstweilen sind das noch ungelegte Eier. Auf alle Fälle wollte ich nicht versäumen, Ihnen zu sagen, dass ich es als persönlichen Verlust empfinden würde, wenn Sie sich aus dem Dorf verabschieden würden. Aber ich denke, verstehen könnte ich diesen Schritt durchaus.

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Ich freue mich, daß Sie meinen Eindruck über die Entwicklung bei blogger.de teilen und ich ihn somit nicht weiter belegen muß. Wie so oft im Leben kommen zwei Dinge zusammen: Hier ist es die Ermüdung der Altblogger mit mehr als 365 Tagen und die plötzliche Aufnahme einer Heerschar von neuen mit zunehmender Neigung zum Flachsinn. Sie verfolgen alles besser als ich und nennen Namen derer, die sich rar gemacht haben. Zusätzlich fiel mir auf, daß die seltener werdenden Beiträge immer weniger inhaltliche Diskussion verursachten, was letztlich auch durch die chronologische Anordnung in Blogs unterstützt wird. Das haben sie mit den Tageszeitungen gemein: Keiner interessiert sich für den Mist von gestern. Außer einigen beharrlichen Moslems.

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Das ruft mir ins Gedächtnis,
dass ich zu dem Koran-19-Thread in der Tat noch anmerken wollte, dass ich an den 10/81-Dezimalbruch gedacht hatte. Tatsächlich werden ältere Themen kontinuierlich vom Neuschnee zugedeckt, so dass man manchmal vergisst, dass man dazu durchaus noch was hätte beisteuern mögen.

Im Zusammenhang mit dem Karikaturen-Drama und der Frage nach dem Aufklärungs-Defizit des Islams wollte ich noch anmerken, dass das gut 600 Jahre ältere Christentum auch am finstersten gewütet hat am Ausgang des Mittelalters vor Renaissance und Aufklärung. Von daher wäre es vielleicht verfrüht, dem Islam jedwedes aufklärerische Potential abzusprechen. Tatsächlich gab es im neunten Jahrhundert während des Kalifats von Bagdad eine kurze geistige Blütezeit, während der schon sehr revolutionäre und ketzerische Gedanken gedacht worden sind, die keinem Europäer im Traum eingefallen wären zu jener Zeit. Und abgesehen von einer Kopfsteuer konnten Christen und Juden damals im großen und ganzen ganz gut leben unter islamischer Vorherrschaft. Man sollte auch nicht vergessen, dass das geistige Erbe der griechischen Philosophen für uns im Westen weitgehend verloren gewesen wäre (dank des Wütens der Kirchen gegen alles heidnische), hätte es die arabischen Übersetzungen nicht gegeben, die dann mit Umweg über El Andalus (Spanien) dem abendländischen Erbe wieder einverleibt wurden.

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Zur Zahl 19 wollte ich schon lange eine Ergänzung schreiben und habe mir Material zusammengesucht. Doch nun werde ich es wohl lassen.

Die Ansprüche an eine Religion können nicht von ihrem Alter abhängen, allenfalls vom Entwicklungsstand der Gläubigen und der Welt im allgemeinen. Sonst könnte man von den Mormonen ja gar nichts verlangen, außer einer Frömmigkeit, wie sie in der urchristlichen Gemeinde üblich war.

Daß die Kulturen kommen und gehen und mit ihnen auch Religionen, ist selbstverständlich. Irgendwann mag die Erfolgsgeschichte des Christentum auch ein Ende finden. Sollten dann Länder islamischer Herkunft die Welt beherrschen, so werden alle Religionen nicht mehr die gleichen sein und erheblich an Stellenwert eingebüßt haben.

Daß man zur Blütezeit islamischer Herrschaft auch als Christ leben konnte, glaube ich gerne. Ich hätte es auch lieber gesehen, wenn wir uns im christlichen Abendland nicht einen tausendjährigen Stillstand auf der Basis aristotelischen Denkens und römischer Zahlen geleistet hätten.

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[noch zur Blog-Debatte weiter oben:]
Hm. Sicher sind 300 neue Blogs in den letzten Wochen (ungefähr, gemäß der Zahl auf der Startseite) viel, und sicher ist davon vieles Schrott. Aber der wird genauso schnell wieder verschwinden. So wie von den existierenden Blogs hier auch vorher schon schätzungsweise nur noch 5-10% regelmäßig aktiv waren. Und was kümmern mich die Flachsinnigen? Von denen finden sich andernorts nicht weniger.

Sie haben recht, Blogs bleiben oft an der Oberfläche (meines eingeschlossen). Sie sind - trotz Kommentarfunktion - in meinen Augen aber von vorneherein nur begrenzt als Diskussionsplattform geeignet. Neben Unterhaltung (in beiderlei Sinn) sehe ich Blogs vor allem als ein Medium, Gedanken, Denkanstöße und Perspektiven zu transportieren, die sich bei mir als Leser sammeln und meine eigene Sichtweise beeinflussen, manchmal schärfen. Wenn mich das Thema länger beschäftigt, wird vielleicht irgendwann auch ein eigener Eintrag draus, vielleicht auch nicht. Von einem Eintrag samt seinen Kommentaren erwarte ich daher generell nicht allzuviel.

Dass man von Zeit zu Zeit seine Bloggerei komplett in Frage stellt, gehört nach meiner Beobachtung übrigens unweigerlich dazu. Und nebenbei: Ich lese Ihre Analysen und -Jonglagen regelmäßig und gerne.

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Vielen Dank. Vielleicht überlege ich es mir noch einmal. Daß Blogeinträge schnell in der Historie verschwinden, trifft mich eigentlich nicht so hart, da ich zu Beginn gar nicht an Kommentare dachte und im gerade eröffneten blogger.de nur eine einfache Plattform sah, meine Beiträge für alle findbar abzulegen. Und mir täten die deutschen Schüler auch leid, wenn sie auf der Suche nach Quadratzahlen in Zukunft nicht mehr Zahlwort finden sollten.

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Zur Zahl 19 wollte ich schon lange eine Ergänzung schreiben und habe mir Material zusammengesucht. Doch nun werde ich es wohl lassen.

Ist das Ihr Ernst? Wenn Sie eine Fatwa befürchten, dann mailen Sie mir das Elaborat doch und ich poste es dann unter meinem Namen bei religionsfreiheit...

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Das erste Mal, dass ich mich in Ihrem Blog äußere. Wollte schon früher das ein oder andere zur Zahlen-Kabbala sagen (nicht pejorativ gemeint), die ich immer sehr interessiert verfolge, um oft vor Bewunderung geblendet wie Mohammed vom brennenden Dornbusch ...?!? -... das 2Augenlicht zu verlieren. Also, ich habe mich des (mit)leidigen Themas angenommen & darum dann auch gleich die wahre Geschichte von Ver-un(d)-Glimpfung erzählt.

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Ich habe nunmehr ihren Beitrag gelesen. Doch was will er mir sagen? Sie mühen sich ab mit mehrfacher Lautung und Schreibung. Aber das macht mich schnell müde. Wenn ich Sie dennoch inhaltlich richtig verstanden habe, hegen sie eine gewisse Sympathie mit den sich zur Zeit ereifernden Menschen. Das täte ich auch gerne und verstehe ihren Haß auch eher als den meiner nordirischen Christenbrüder, bin aber sehr enttäuscht:

Vor Jahrzehnten ging ich mit einem wirklich gläubigen Moslem regelmäßig in die Mensa, um dort im Kontrast zu den meisten arabischen Studenten das Schweinefleich zu meiden. Er betete dreimal täglich zur rechten Zeit, stellte die Weinflaschen auf den Nachbartisch und übertrug den Koran ins Deutsche. Übertragen, nicht übersetzen!

Politisch sympathisierten wir in dieser bewegten Zeit mit den unterdrückten Palästinensern und bekämpften den Schah von Persien. Es sah so aus, als könne alles besser werden, wenn die fremdbestimmten Völker ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. Doch sie suchten die Auseinandersetzung, vor allem untereinander.

So hat sich das Erscheinungsbild des Moslems in mir gewandelt. Vom wirklich frommen Menschen, der mir regelmäßig Polytheismus vorwerfen durfte, zum Eiferer, dem zehn Brüder für einen getöteten Heiden zum Opfer fallen. Ich bin enttäuscht und somit gezwungen, immer wieder meinen Verstand zu bemühen, um mir zu sagen, daß die Mehrheit weiterhin arm und friedlich ist.

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Heute habe ich mir doch einmal den Spiegel gekauft und mußte lesen, Moslems würden nicht gerne lachen, weil Mohammed es auch nie getan habe. Gewiß sollen Christen wie Moslems nicht im Rate der Spötter wandeln, doch ein Witz war zumindest früher möglich. So rühmte mein frommer muslimischer Kommilitone aus Ägypten sich, die deutsche Sprache so gut zu beherrschen, daß er Witze wie ein Einheimischer verstehen kann. Und er erzählte auch gelegentlich einen: Eine Glaubenskonferenz ging erfolgreich zuende. Da spricht der katholische Priester zum Imam: Lassen Sie uns auf unsere Zusammenarbeit noch ein Gläschen trinken! Doch der lehnt dankend ab: Ein andermal vielleicht, doch grüßen Sie ihre Frau von mir!

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Ich lese keine dänischen Zeitungen und glaube gerne, daß die Karikaturen in einem rechtslastigen Blatt veröffentlicht wurden. Die meisten Moslems lesen auch keine dänischen Zeitungen, schon gar nicht die in den durch Gewalt aufgefallenden Staaten. Ihnen wurde vom Vorhandensein solcher Karikaturen berichtet. Das reichte.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr beunruhigt mich der ganze Vorgang. Auch das dauernde Gerede von der nicht durchlebten Aufklärung. Bisher dachte ich, die Völker der ärmeren Gebiete würden die Aufklärung im Schnellkurs nachholen, wie sie die industrielle Revolution auch nicht in allen Details durchmachen müssen, um ein Handy nicht nur bedienen, sondern auch bauen zu können.

Mich beunruhigt, daß der bekundete Haß nicht mangelnder Fortschritt, sondern ein deutlicher Schritt zurück ist, den auch unsere Gesellschaft vollziehen will, in der ich zunehmend das Gefühl habe, persönliche Wahrheiten werden über objektive gestellt, daß eins und eins morgen auch drei ergeben kann, wenn die Stimmung in der Gruppe danach ist.

Die Kraft des ziviliserten Menschen scheint mir ausgereizt. Erst mußte er aufgeklärt sein, dann auch noch auf große Kriege im eigenen Land verzichten. Ersatzweise erleben wir eine Animalisierung unserer Gesellschaft. Für mehr taugen unsere Gene wohl nur kurze Zeit. Das Kleinhirn ändert sich nur sehr langsam und verzichtet auf die eigenständige Leistung des Großhirnes, sobald dieses nicht mehr genügend Befriedigung verschafft.

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