Marcel Reich-Ranicki
Fersehen unterhält, informiert und bildet. Die Verleihung des Fernsehpreises hatte ich deshalb ausgelassen. Bis eben dachte ich auch, Marcel Reich-Ranicki hätte das Bambi abgelehnt. So darf ich stolz vermelden, lesend auf den sog. Eklat aufmerksam geworden zu sein, durch Elke Heidenreich, die mir folgendes eröffnete: Reich-Ranicki habe sich über diesen Preis gefreut, zu dem sie die Laudatio hätte halten müssen, weil sie als seine Vertraute "eine Sendung mache, die in gewisser Weise die seine fortführt." [1]

Auch das Internet bildet. Dort konnte ich mir seine Einlassungen ansehen. Reich-Ranicki war genervt von Flachmaten, deren Auftritte er abzuwarten hatte, weil sie durch seinen gekrönt werden sollten. Seine Verärgerung war verständlich, aber unvorbereitet. Sonst hätte er in aller Ruhe die Frage erörtern können: Warum zeichnet das Fernsehen vorzugsweise schlechte Sendungen aus?

Aber er hatte sich nicht sachkundig gemacht, fühlte sich von seinem eigenen Groll überrumpelt und hätte nur noch schweigen oder sich wiederholen können. Deshalb griff er zu einer vorbereiten Anekdote, an derem Ende er Gottschalk das Du anbot. Das war sein ursprünglicher Plan. Zur Strafe mußte er mit Gottschalk am späten Freitagabend über das Thema diskutieren. Es kam nichts hinzu.

Warum reihe ich mich nach einer Woche ein in die endlose Liste der Ranicki-Kommentierer? Weil ich nach Heidenreich vorhin den mir bisher unbekannten Andre Mielke las, der die Wahrheit ausspricht: "In Wirklichkeit verachten sie nicht die Sender, sondern deren Publikum. Ich glaube, dass ein Kameraschwenk über Dieter Bohlens jauchzende Zuschauer zu misanthropischen Schüben führen kann, ..." [2]

Ich bewundere nicht gerade die Gestalter von Schwachsinn, muß ihnen aber dessen Produktion zugestehen und kann sie nicht durch die Bank für schlechte oder gar dumme Menschen halten. Zuviele arbeiten an anderer Stelle mit weniger Sinn und für weniger Geld. Die jolende und gleichgeschaltete Masse ist mir aber unabhängig vom Inhalt zuwider. Übertroffen wird sie nur noch von einzelnen, die sich im Fernsehen produzieren, weil ihnen nichts peinlich ist.

[1] Elke Heidenreich: Reich-Ranickis gerechter Zorn, FAZ-NET, 12.10.2008

[2] André Mielke: Was ist noch dümmer als Fernsehen?, Welt Online, 19.10.2008

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