von links nach rechts
wuerg, 07.10.2025 20:16
Wer die Verarscheraufgabe 8÷2(2+2) stellt, will zumeist mit dem Ergebnis 16 glänzen, weil Multiplikationen und Divisionen stur von links nach rechts auszuführen seien, während mein Taschenrechner und ich die 1 bevorzugen. Wie kann ich das begründen? Wann geht es von links nach rechts, wann umkehrt?
Selbst in der Steinzeit war nicht nur klar, wo oben und unten sowie vorne und hinten ist. Man unterschied auch die rechte, starke, geschickte Hand von der ungeschickteren linken. Damit war das Gute, der Rex rechts, die andere Seite links. Wie Jesus zur Rechten Gottes, saßen die Königstreuen rechts, die Aufmüpfigen links.
Die meisten Menschen schreiben von links nach rechts. Nicht weil sie mit der guten rechten Hand schreiben und das Geschriebene sofort sehen möchten, sondern weil unsere Vorfahren links den Meißel hielten und mit der Rechten zuschlugen. Deshalb hing das Schwert links, weshalb Männer links der Frau gingen und aufs Pferd stiegen, dem Vorgänger des Fahrrades.
Da es nahelag, die höherwertigen Zahlwörter oder Zahlzeichen zuerst zu nennen und die Babylonier von links nach rechts schrieben, stehen in der ganzen Welt die höherwertigen Ziffern links. In der Folge werden mathematische Ausdrücke von links nach rechts geschrieben und gelesen.
Wie beim Schwert kommt auch in der Mathematik das Gegenteil ins Spiel. [1] Noch vor gar nicht langer Zeit schrieb man Zahlen aus und formulierte Operationen sprachlich. So sagte man „fünfmal drei“ und nicht „drei fünfmal“, wodurch die zu vervielfachende Zahl (Multiplikand 3) nach hinten (rechts) und die Vervielfachung (Multiplikator 5) nach vorne (links) kam (5⋅3=3+3+3+3+3).
Das könnte einem am Arsch vorbeigehen, ist die Multiplikation doch kommutativ (5⋅3=3⋅5). Doch wurde und wird ganz allgemein der Operator vorzugsweise links vom Operanden geschrieben. So steht f(x) für „f von x“, die Anwendung von f auf x, so sehr manch einer auch xf (wende auf x die Funktion f an) für besser mag. [2]
Wer in der Schule zu den Vektorräumen vorgestoßen ist, wird sich vielleicht an an a(bv)=(ab)v erinnern. Nur wenige werden sich gefragt haben, warum man nicht umgekehrt (vb)a=v(ba) geschrieben hat, was einen echten Unterschied macht, wenn ab≠ba ist. [3]
Kurz: Man erhält keine neue Mathematik, wenn man links und rechts vertauscht oder hier oder da einer anderen Notation frönt. Man ist aber gut beraten, sich an Konventionen zu halten, wenn man sich nicht im stillen Kämmerlein eine eigene, von anderen nur mit Mühen zu verstehende Welt schaffen will.
Deshalb ist es meines Erachtens gerechtfertigt und sinnvoll, in arithmetischen Ausdrücken die Multiplikationen vor den Divisionen auszuführen. Dann wäre selbst 8÷2×(2+2) als 8/(2⋅4)=8/8=1 zu sehen.
[1] Bevor hier keiner schreibt, aber mancher denkt, die Römer hätten nicht nur in alten Filmschinken ihr Schwert rechts getragen, der möge beachten, daß dies nur für den einfachen Kämpfer galt, der oftmals in der Linken ein Schild zu bändigen hatte. Außerdem war sein Gladius recht kürz.
[2] Saunders Mac Lane: Kategorien. Springer, 1972. „Sind Abbildungen f: X→Y und g: Y→Z gegeben, so wird die Komposition g∘f: X→Z definiert vermöge (g∘f)x=g(fx) für alle x∈X. […] Es sei jedoch angemerkt, daß viele Autoren die entgegengesetzte Reihenfolge benutzen.“ (S. 8)
[3] B. L. van der Waerden: Algebra I. Springer, 1971. Für viele vielleicht befremdlich beginnt er mit dem Rechtsvektorraum, der ebenmäßiger zu den bevorzugten Darstellungen in Schule und Physik führt.
Selbst in der Steinzeit war nicht nur klar, wo oben und unten sowie vorne und hinten ist. Man unterschied auch die rechte, starke, geschickte Hand von der ungeschickteren linken. Damit war das Gute, der Rex rechts, die andere Seite links. Wie Jesus zur Rechten Gottes, saßen die Königstreuen rechts, die Aufmüpfigen links.
Die meisten Menschen schreiben von links nach rechts. Nicht weil sie mit der guten rechten Hand schreiben und das Geschriebene sofort sehen möchten, sondern weil unsere Vorfahren links den Meißel hielten und mit der Rechten zuschlugen. Deshalb hing das Schwert links, weshalb Männer links der Frau gingen und aufs Pferd stiegen, dem Vorgänger des Fahrrades.
Da es nahelag, die höherwertigen Zahlwörter oder Zahlzeichen zuerst zu nennen und die Babylonier von links nach rechts schrieben, stehen in der ganzen Welt die höherwertigen Ziffern links. In der Folge werden mathematische Ausdrücke von links nach rechts geschrieben und gelesen.
Wie beim Schwert kommt auch in der Mathematik das Gegenteil ins Spiel. [1] Noch vor gar nicht langer Zeit schrieb man Zahlen aus und formulierte Operationen sprachlich. So sagte man „fünfmal drei“ und nicht „drei fünfmal“, wodurch die zu vervielfachende Zahl (Multiplikand 3) nach hinten (rechts) und die Vervielfachung (Multiplikator 5) nach vorne (links) kam (5⋅3=3+3+3+3+3).
Das könnte einem am Arsch vorbeigehen, ist die Multiplikation doch kommutativ (5⋅3=3⋅5). Doch wurde und wird ganz allgemein der Operator vorzugsweise links vom Operanden geschrieben. So steht f(x) für „f von x“, die Anwendung von f auf x, so sehr manch einer auch xf (wende auf x die Funktion f an) für besser mag. [2]
Wer in der Schule zu den Vektorräumen vorgestoßen ist, wird sich vielleicht an an a(bv)=(ab)v erinnern. Nur wenige werden sich gefragt haben, warum man nicht umgekehrt (vb)a=v(ba) geschrieben hat, was einen echten Unterschied macht, wenn ab≠ba ist. [3]
Kurz: Man erhält keine neue Mathematik, wenn man links und rechts vertauscht oder hier oder da einer anderen Notation frönt. Man ist aber gut beraten, sich an Konventionen zu halten, wenn man sich nicht im stillen Kämmerlein eine eigene, von anderen nur mit Mühen zu verstehende Welt schaffen will.
Deshalb ist es meines Erachtens gerechtfertigt und sinnvoll, in arithmetischen Ausdrücken die Multiplikationen vor den Divisionen auszuführen. Dann wäre selbst 8÷2×(2+2) als 8/(2⋅4)=8/8=1 zu sehen.
[1] Bevor hier keiner schreibt, aber mancher denkt, die Römer hätten nicht nur in alten Filmschinken ihr Schwert rechts getragen, der möge beachten, daß dies nur für den einfachen Kämpfer galt, der oftmals in der Linken ein Schild zu bändigen hatte. Außerdem war sein Gladius recht kürz.
[2] Saunders Mac Lane: Kategorien. Springer, 1972. „Sind Abbildungen f: X→Y und g: Y→Z gegeben, so wird die Komposition g∘f: X→Z definiert vermöge (g∘f)x=g(fx) für alle x∈X. […] Es sei jedoch angemerkt, daß viele Autoren die entgegengesetzte Reihenfolge benutzen.“ (S. 8)
[3] B. L. van der Waerden: Algebra I. Springer, 1971. Für viele vielleicht befremdlich beginnt er mit dem Rechtsvektorraum, der ebenmäßiger zu den bevorzugten Darstellungen in Schule und Physik führt.
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