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Totalversager
wuerg, 01.05.2021 19:22
Wocheninfizierte der Monate Februar bis April (png)
Die rote Linie zeigt zum mittleren Tag einer Woche [1] die Infizierten, meinetwegen auch erfaßten positiv Getesteten der Monate Februar bis April 2021, die blaue Linie das gleiche 365 Tage zuvor. [2] Ebenso die grüne, doch in 1000-facher Überhöhung der der Zahlen. [3] Deutlich ist unser Mehrfach-Versagen zu sehen. Mit der Fastnacht 2020 hätte alles vorüber sein können, wenn man die wenigen Infizierten rigoros abgesondert und inquisitorisch nach Kontakten befragt sowie keinen mehr ohne Zwangsquarantäne ins Land gelassen hätte. Das gleiche wäre auch zu Beginn der ersten Welle noch möglich gewesen. Glücklicherweise stellte sich trotz weiterer Versäumnissse dank Angst, Schrecken und Beschränkungen ein zu erwartender Verlauf gemäß einer Normalverteilung ein. Zu Muttertag hätte Corona in Deutschland vergessen sein können.
Sind die anfänglichen Fehler noch durch Unwissenheit, die Erfolge der Asiaten, deutsche Überheblichkeit, mangelnde Vorbereitung, schluffende Gesundheitsämter, Gefühlsduselei und Politikerangst zu entschuldigen, handelt es sich in der Folgezeit um Totalversagen. Man wußte doch, wie eine derart leichte Epidemie schnell niederzuringen ist, hat aber trotzdem den rechtsseitigen Rattenschwanz hingenommen und wie der Frosch im Wasserglas den Wiederanstieg erst bemerkt als es zu spät war. [4] Aber immer noch rechtzeitig, um die nachfolgende zweite Welle vermeiden zu können.
Doch zu diesem Zeitpunkt gingen uns ein paar Tote mehr oder weniger bereits am Arsch vorbei. Die Hedonisten sabberten sich am Abend voll, teilten ihre Errungenschaften nicht nur im Netz, sondern auch mit Verwandten und Bekannten, die ihre Eltern und Großeltern ansteckten, um endlich auch die Todesraten anziehen zu lassen, mit deren Geringfügigkeit man sich lange Zeit eins in die Tasche gelogen hatte.
Inzwischen hatten Corona-Leugner, FDPler, Freunde der Wirtschaft und Anhänger eines zügellosen Lebens Zeit, sich zu formieren und durch die Talkshows zu tingeln. Statt Disziplin setzte man auf Impfung. Medizingebrabbel verdrängte, was gegen Epidemien sofort wirkt: Distanz, Isolation, Absonderung, Masken, Reiseverbot, Kontrolle, Bußgeld und auch das gewissenhafte Zählen von Fällen, um zu sehen wo Maßnahmen zu verschärfen sind. Aber wir feierten weiterhin Öffnungsdiskussionsorgien.
Das Ergebnis zeigt die rote Kurve und verschweigt dabei noch das den oberen Rahmen sprengende Maximum Ende 2020. Wie wenig ernst wir alles nehmen, zeigt auch der Einbruch um die Osterzeit 2021, in der man es noch nicht einmal für nötig hielt, zu testen oder wenigsten Tote zeitnah zu melden. Blamabel, wenn man es mit der kaum zu erkennenden und umgekehrt nach oben weisenden Osterdelle in der blauen Kurve vergleicht. Nicht ansatzweise ist in der roten Kurve ein Bemühen der Menschen zu erkennen. Der zunächst schwächer werdende Anstieg, der zum gerade eben überwundenen Höhepunkt führte, ist wohl den Impfungen zu verdanken, möglicherweise auch der Bundesbremse.
[1] Die Abbildung zeigt die Wochensummen n(d)=p(d+4)−p(d−3) aus den vom RKI am Tage d gemeldeten Fällen p(d). Die wahre Siebentageinzidenz ist dann n(d)/835. Das RKI meldet einen um etwa 5 Prozent runtergemauschelten Wert und erweckt den Eindruck, sie gelte für den aktuellen Tag.
[2] Bei Nachprüfung bitte Schaltjahr 2020 beachten.
[3] Normalerweise vermeidet man solche Skalierungen durch Wahl eines logarithmischen Maßstabes. Doch leider sind viele nicht in der Lage, den dramatischen Unterschied zu erkennen, wenn eine Kurve nur vier Magnituden tiefer liegt. Und ich will es den Corona-Leugner dadurch auch nicht leichter machen, die Zahlen zu verniedlichen.
[4] Es ist natürlich ein Märchen, daß Frösche die Temperaturerhöhung erst bemerken, wenn sie nicht mehr die Kraft haben, aus dem heißen Wasser zu hüpfen. Es ist aber ein schönes Bild, denn die Menschen sind offensichtlich so dumm. Sie können zwar noch raus, doch erst nachdem die Füße verbrüht sind.
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