Totalversager


Wocheninfizierte der Monate Februar bis April (png)

Die rote Linie zeigt zum mittleren Tag einer Woche [1] die Infi­zierten, meinet­wegen auch erfaßten positiv Gete­steten der Monate Februar bis April 2021, die blaue Linie das gleiche 365 Tage zuvor. [2] Ebenso die grüne, doch in 1000-facher Über­höhung der der Zahlen. [3] Deutlich ist unser Mehrfach-​Versagen zu sehen. Mit der Fast­nacht 2020 hätte alles vorüber sein können, wenn man die wenigen Infi­zierten rigoros abge­sondert und inquisi­torisch nach Kon­takten befragt sowie keinen mehr ohne Zwangs­quaran­täne ins Land gelassen hätte. Das gleiche wäre auch zu Beginn der ersten Welle noch möglich gewesen. Glück­licher­weise stellte sich trotz weiterer Versäum­nissse dank Angst, Schrecken und Beschrän­kungen ein zu erwar­tender Verlauf gemäß einer Normal­vertei­lung ein. Zu Muttertag hätte Corona in Deutsch­land vergessen sein können.

Sind die anfäng­lichen Fehler noch durch Unwissen­heit, die Erfolge der Asiaten, deutsche Über­heblich­keit, man­gelnde Vorbe­reitung, schluf­fende Gesund­heits­ämter, Gefühls­duselei und Poli­tiker­angst zu entschul­digen, handelt es sich in der Folgezeit um Total­versagen. Man wußte doch, wie eine derart leichte Epi­demie schnell nieder­zu­ringen ist, hat aber trotz­dem den rechts­seitigen Ratten­schwanz hinge­nommen und wie der Frosch im Wasser­glas den Wieder­anstieg erst bemerkt als es zu spät war. [4] Aber immer noch recht­zeitig, um die nach­folgende zweite Welle vermeiden zu können.

Doch zu diesem Zeitpunkt gingen uns ein paar Tote mehr oder weniger bereits am Arsch vorbei. Die Hedo­nisten sabberten sich am Abend voll, teilten ihre Errun­gen­schaf­ten nicht nur im Netz, sondern auch mit Ver­wandten und Bekann­ten, die ihre Eltern und Groß­eltern ansteckten, um endlich auch die Todes­raten anziehen zu lassen, mit deren Gering­fügig­keit man sich lange Zeit eins in die Tasche gelogen hatte.

Inzwischen hatten Corona-Leugner, FDPler, Freunde der Wirt­schaft und Anhänger eines zügellosen Lebens Zeit, sich zu formieren und durch die Talkshows zu tingeln. Statt Diszi­plin setzte man auf Impfung. Medizin­gebrab­bel ver­drängte, was gegen Epi­demien sofort wirkt: Distanz, Isola­tion, Abson­derung, Masken, Reise­verbot, Kon­trolle, Bußgeld und auch das gewissen­hafte Zählen von Fällen, um zu sehen wo Maß­nahmen zu ver­schärfen sind. Aber wir feierten weiter­hin Öffnungs­diskus­sions­orgien.

Das Ergebnis zeigt die rote Kurve und verschweigt dabei noch das den oberen Rahmen sprengende Maximum Ende 2020. Wie wenig ernst wir alles nehmen, zeigt auch der Einbruch um die Osterzeit 2021, in der man es noch nicht einmal für nötig hielt, zu testen oder wenigsten Tote zeitnah zu melden. Bla­mabel, wenn man es mit der kaum zu erken­nenden und umgekehrt nach oben weisenden Oster­delle in der blauen Kurve ver­gleicht. Nicht ansatz­weise ist in der roten Kurve ein Bemühen der Menschen zu erkennen. Der zunächst schwächer werdende Anstieg, der zum gerade eben überwun­denen Höhe­punkt führte, ist wohl den Impfungen zu ver­danken, mög­licher­weise auch der Bundes­bremse.

[1] Die Abbildung zeigt die Wochensummen n(d)=p(d+4)−p(d−3) aus den vom RKI am Tage d gemeldeten Fällen p(d). Die wahre Sieben­tage­inzi­denz ist dann n(d)/835. Das RKI meldet einen um etwa 5 Pro­zent runter­gemau­schel­ten Wert und erweckt den Eindruck, sie gelte für den aktu­ellen Tag.

[2] Bei Nachprüfung bitte Schaltjahr 2020 beachten.

[3] Normalerweise vermeidet man solche Skalierungen durch Wahl eines logarith­mischen Maßstabes. Doch leider sind viele nicht in der Lage, den drama­tischen Unter­schied zu erkennen, wenn eine Kurve nur vier Magni­tuden tiefer liegt. Und ich will es den Corona-​Leugner dadurch auch nicht leichter machen, die Zahlen zu vernied­lichen.

[4] Es ist natürlich ein Märchen, daß Frösche die Temperatur­erhöhung erst bemer­ken, wenn sie nicht mehr die Kraft haben, aus dem heißen Wasser zu hüpfen. Es ist aber ein schönes Bild, denn die Menschen sind offen­sichtlich so dumm. Sie können zwar noch raus, doch erst nachdem die Füße verbrüht sind.

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