Herbert Wehner
wuerg, 11.07.2006 21:38
Im Blog Religionsfreiheit [1] schlug mir ein allgegenwärtiges modernes Übel entgegen, nämlich die Welt als eine Ansammlung von Einzelheiten zu sehen, von denen einige auch noch Rücksichtnahme und besondere Würdigung verlangen. Dazu gehören vielfältige Kleingruppen der Gesellschaft, Lobbyisten aller Art. Manche leiden am Rest der Welt, einige verachten ihn und halten sich für überlegen, wieder andere wollen ihn bestrafen oder zumindest belehren. Dazu verbiegen sie gerne die Sprache samt Inhalt und definieren Normalität vom Rand her. Leider finden daran viele Gefallen und mißachten die faktischen Verhältnisse.
In diesem Zusammenhang fiel mir Herbert Wehner ein, der auf meiner Strauß-Wehner-Schallplatte den Abgeordneten der CDU erklärt: „Es gibt eine normative Kraft des Faktischen, das haben wir alle in diesem Hause erlebt. Es gibt jedoch keine Fakten ersetzende Kraft des Phraseologischen.“ Und heute lese ich zu meiner Überraschung einen Aufsatz von Wilhelm von Sternburg in der Frankfurter Rundschau zum 100. Geburtstag Herbert Wehners. Nichts darin von der sonst so üblichen Lobhudelei oder Verbeugung vor der Größe. Kaum auch Verständnis, das man doch so gerne selbst Gewalttätern entgegenbringt.
[1] Meine Erwähnung von Herbert Wehner im Zuge einer Gender-Diskussion im Blog Religionsfreiheit.
In diesem Zusammenhang fiel mir Herbert Wehner ein, der auf meiner Strauß-Wehner-Schallplatte den Abgeordneten der CDU erklärt: „Es gibt eine normative Kraft des Faktischen, das haben wir alle in diesem Hause erlebt. Es gibt jedoch keine Fakten ersetzende Kraft des Phraseologischen.“ Und heute lese ich zu meiner Überraschung einen Aufsatz von Wilhelm von Sternburg in der Frankfurter Rundschau zum 100. Geburtstag Herbert Wehners. Nichts darin von der sonst so üblichen Lobhudelei oder Verbeugung vor der Größe. Kaum auch Verständnis, das man doch so gerne selbst Gewalttätern entgegenbringt.
[1] Meine Erwähnung von Herbert Wehner im Zuge einer Gender-Diskussion im Blog Religionsfreiheit.
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mark793,
11.07.2006 23:46
Vielleicht wird einem eine Figur
wie Wehner mit größer werdendem zeitlichen Abstand fremder. Unterschätzen Sie auch nicht das Bedürfnis mancher Schreiber, mal einen eigenen, neuen originellen Dreh in ein Thema zu kriegen. Und das Klischee "der knorrige SPD-Gigant und Ex-Kommunist" ist nun mal schon oft bemüht worden, dass man jetzt mal andere Seiten zeigen möchte. Keine Ahnung - mir war Wehner (bei aller Bewunderung für seine rethorischen Fähigkeiten) seit jeher total fremd geblieben. Das mit etwaigem Verständnis für Gewalttäter aufzurechnen, scheint mir etwas fragwürdig. Oder hat WvS zuvor Ed Gein oder Charles Manson verständnisvoll porträtiert?
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wuerg,
12.07.2006 00:37
Herbert Wehner hat sicherlich einiges auf dem Kerbholz. Bei aller Bewunderung vor allem als Kontrastprogramm zu Franz Josef Strauß war er von kaum einem geliebt. Vielmehr stand er immer im Verdacht, ein Spion der Sowjetunion gewesen zu sein. Für mich war er allenfalls ein Überzeugungstäter. Insofern hat die Geschichte ihn rehabilitiert. Er war stets Parteisoldat, der die objektiven Interessen der Arbeiterklasse vertrat. Nur ermittelte er sie zumeist eigenmächtig.
Herbert Wehner war nicht groß, mächtig und zu Lebzeiten beliebt genug für eine Lobesrede wie sie John F. Kennedy zu seinem 100. Geburtstag zu erwarten hat, der Vietnam mit Napalm überziehen ließ. Wehner wird kaum angerechnet, in seiner Zeit und Überzeugung gefangen gewesen zu sein. Eher versteht man schon seinen Oberbefehlshaber Stalin. Daß es früher einen in Parteien organisierten Klassenkampf gab, für den man auch hobelte und Späne fallen ließ, erscheint heute unverständlich.
An Wehners Geburtstag muß wohl ausgeteilt werden, weil es kaum andere Gelegenheiten gibt. Er ist eben nicht groß und bedeutend genug für eine Ausbreitung der unangenehmen Fakten in den Jahren zwischen den runden Geburtstagen, auf daß man an ihnen auch einmal des Lobes voll sein zu kann.
Wen WvS sonst noch wie porträtiert hat, weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht. Der Vorwurf der Lobeshymne für Gewalttäter bezog sich mehr auf die Leser, besser die Menschen allgemein, die gerne einmal einem Hurenbock anhimmeln, Bin Laden wenigstens seine Motivation zurechnen, einen auf Verständnis für alles und jedermann machen, Friedensnobelpreise an Kriegsführer verleihen und zumindest gebietsweise Diktatoren jubelnd folgen.
Herbert Wehner war nicht groß, mächtig und zu Lebzeiten beliebt genug für eine Lobesrede wie sie John F. Kennedy zu seinem 100. Geburtstag zu erwarten hat, der Vietnam mit Napalm überziehen ließ. Wehner wird kaum angerechnet, in seiner Zeit und Überzeugung gefangen gewesen zu sein. Eher versteht man schon seinen Oberbefehlshaber Stalin. Daß es früher einen in Parteien organisierten Klassenkampf gab, für den man auch hobelte und Späne fallen ließ, erscheint heute unverständlich.
An Wehners Geburtstag muß wohl ausgeteilt werden, weil es kaum andere Gelegenheiten gibt. Er ist eben nicht groß und bedeutend genug für eine Ausbreitung der unangenehmen Fakten in den Jahren zwischen den runden Geburtstagen, auf daß man an ihnen auch einmal des Lobes voll sein zu kann.
Wen WvS sonst noch wie porträtiert hat, weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht. Der Vorwurf der Lobeshymne für Gewalttäter bezog sich mehr auf die Leser, besser die Menschen allgemein, die gerne einmal einem Hurenbock anhimmeln, Bin Laden wenigstens seine Motivation zurechnen, einen auf Verständnis für alles und jedermann machen, Friedensnobelpreise an Kriegsführer verleihen und zumindest gebietsweise Diktatoren jubelnd folgen.
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