Fettwaage
Meine neue Waage malt auf dem Mobil­telefon schöne Kurven zu 14 vers­chie­denen Körper­werten. Hinzu kommen zwei weitere täg­lich ange­zeigte Kenn­zahlen. Für kaum zuneh­mendes Alter, gleich­blei­bende Größe und bestän­diges Geschlecht können die täg­lichen Messungen als Punkte in einem 16-​di­men­sio­nalen Raum gesehen werden, die in ihrer Gesamtheit bis auf kleine Abwei­chungen einen n-dimen­sio­nalen Unter­raum auf­spannen. Dazu muß ich nicht die Waage mit künst­lichen Gewich­ten und Draht­brücken zwi­schen den Fuß­kon­takten durch­testen. Es reicht, die realen Ergeb­nisse der letzten zwei Wochen auf Unab­hängig­keit zu über­prüfen. Und das erwartete Ergebnis ist n=2. Es wird also neben dem Gewicht nur ein Wider­stands­wert gemes­sen. Das Geschwafel von der Impedanz kann man ver­gessen.

Nach welchen Formeln aus dem Gewicht und dem Wider­stand zwischen den Füßen die Viel­zahl der Werte bestimmt wird, ent­zieht sich meiner Kennt­nis. Da mein Gewicht aber nur leicht schwankt und der Wider­stand es auch nicht wilder trei­ben wird, kann die These n=2 dadurch belegt werden, daß ein zwei­dimen­sionaler line­arer Ausgleich aller meiner Werte der letzten zwei Wochen in sehr guter Nähe­rung die Meß­werte trifft. Aus dem Gewicht g in Kilo­gramm und dem Wasser­anteil w in Pro­zenten ergibt sich:
Fettanteil (%)          = + 0,12·g - 0,26·w + 35,2 ± 0,04
Eiweiß (%)              = - 0,13·g - 0,75·w + 62,7 ± 0,03
Knochen (%)             = + 0,00·g + 0,01·w +  2,6 ± 0,03
Knochensalzgehalt (kg)  = + 0,04·g + 0,01·w -  1,2 ± 0,04
Muskeln (%)             = - 0,12·g + 0,25·w + 61,9 ± 0,04
Skelettmuskulatur (%)   = + 0,00·g + 0,89·w +  0,0 ± 0,03
vizerales Fett (Index)  = + 0,08·g - 0,30·w + 28,0 ± 0,25
subkutanes Fett (kg)    = + 0,50·g - 0,30·w -  5,9 ± 0,06
aktive Körpermasse (kg) = + 0,44·g + 0,32·w +  7,2 ± 0,06
Wie ist das zu lesen? Die erste Zeile als Beispiel: Derzeit senkt jedes abge­nommene Kilo­gramm meinen Fett­anteil um 0,12 Pro­zent. Eine Stei­gerung meines Wasser­gehaltes um ein Prozent schafft 0,26 Pro­zent Fett weg. Der feste Anteil von 35,2 Pro­zent Fett ist rein rechne­risch der eines Menschen, der nichts wiegt und völlig ausge­trock­net ist.

Ich sehe zwar noch ein, daß man aus Gewicht und Wider­stand den Wasser­gehalt einiger­maßen bestim­men und den Fett­anteil daraus schät­zen kann. Zweifel­haft wird es aber, das Fett in subku­tanes und vize­rales teilen zu wollen. Und die Grenze ist über­schrit­ten, wenn man daraus einen Knochen­anteil berech­nen will, weshalb ich mich von Anfang wun­derte, warum ich als fett­leibig und wasser­arm einge­stuft werde, aber mein Knochen­anteil ausge­zeich­net sein soll. Wahr­schein­lich ist er das, es bleibt aber geraten.

Es werden weitere Werte gezeigt, die noch schlichter gestrickt sind. So sind BMI, BMR und AMR ein­fache Umrech­nungen des Gewich­tes, unab­hängig vom Wasser­gehalt. Die Muskel­masse ist die Summe aus Wasser und Eiweiß, der Rest sind Fett und Knochen. Die Skelett­musku­latur ergibt sich aus 90 Pro­zent des Wassers. Daraus ist ableit­bar, daß die Nicht-​Skelett-​Muskeln sich aus 10 Pro­zent des Wassers und dem gesam­ten Eiweiß addie­ren. Das ist recht schlicht, auch wenn es nur eine Addi­tion im Rahmen eines Modelles ist und nicht bedeu­tet, daß dort das gesamte Eiweiß ver­braten wird.

Kurz gesagt ist alles wie erwartet: Die Fülle der Werte errechnet sich allein aus dem Gewicht und einem ein­fachen Wider­stand. Ob es Waagen gibt, die wirk­lich die Impe­danz messen und einen drei­dimen­sio­nalen Raum aufspannen, oder solche mit Hand­kon­takten nicht nur genauer sind, sondern noch mehr Dimen­sionen beherr­schen, weiß ich nicht. Geld werde ich dafür nicht ausge­ben, denn mit meiner Waage für 22 Euro bin ich zufrie­den, solange sie noch das Gewicht anzeigt.

Fettleibigkeit

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Technik, die begeistert. Meine Oma hatte mit ihrer Waage ein anderes Problem. Mein Opa war der Meinung, die rein mechanischen Personenwaagen (die mit mechanisch verbundener beweglicher Skala) spielen ihre Vorzüge erst oberhalb von 50 kg aus, und da fiel meine Oma durchs Raster. Sie wog schätzungsweise irgendwas zwischen 40 und 45 kg. Mein Opa dagegen wog mindestens staatliche 70 kg.

Und obwohl meine Oma hinter dem Wald aufgewachsen ist, nur das Kirchenblatt las und zwei Weltkriege erlebt hatte, kannte und nutzte sie den Spruch "FdH, friss die Hälfte!"

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Hat man zwei Meßwerte wie Größe h und Gewicht g, ist es keine schlechte Idee, sie gegen­ein­ander aufzu­tragen. Ent­steht so weniger das Bild eines Kugel­stern­haufens, sondern das einer Banane, liegt es nahe, eine Linie durch deren Längs­achse geeig­net zu para­metri­sieren, hier vorzugs­weise durch die Körpergröße, weil der ein­zelne sie kaum verän­dern kann.

Die zweite Dimension wäre dann idealer­weise ein irgendwie zu ermit­telnder Abstand der Meß­werte von der Mittel­linie der Banane. Wäre sie durch g=f(h) gegeben, käme das Über­gewicht g-f(h) als Abwei­chung von der Norm infrage. Man wüßte ganz genau, wie­viele Kilo­gramm noch abzu­nehmen sind.

Aber nein, Mediziner und sog. Ernäh­rungs­wissen­schaft­ler müssen berück­sich­tigen, daß 20 Kilo­gramm Über­gewicht eines großen Men­schen harm­loser sind als das eines kleinen. Schon in meiner Jugend fielen mir drei solcher Werte auf: Die Über­schrei­tung eines postu­lierten Ideal­gewich­tes „Größe mi­nus 100“ oder nur 90 Pro­zent davon, der Kaup-​Index g/h^2 und der Rohrer-​Index g/h^3. [1] Letztere weisen auf „ihrer“ Ideal­linie g=f(h) leider nicht den Wert 0 auf, sondern etwa 22kg/m^2 bzw. 12,5kg/m^3.

Durchgesetzt hat sich der Kaup-Index als BMI (body mass index), der hof­fent­lich eini­ger­maßen Geschlechts­unter­schiede berück­sich­tigt, solange man noch davon spre­chen darf. Bei einem idealen BMI von 22kg/m^2 sollte der durch­schnitt­liche deutsche Mann von 1,78m also 70, die Frau von 1,65m nur 60 Kilo­gramm wiegen. Die meisten werden darüber liegen. Ich auch.

Natürlich zeigt meine Fettwaage auch den BMI an. Da ich allen­falls leicht schrumpfe, verläuft er wie das Gewicht. Es handelt sich also um eine redun­dante Dar­stel­lung. Nicht anders ist es mit dem BMR (basal metabolic rate). Hier wird aus dem Gewicht g (unter Berück­sichti­gung der Größe h und dem Alter a) eine täglich erfor­der­liche Kalo­rien­zahl von 13,8g+510 ausgerechnet. [2] Im Inter­net lese ich 10g+6,26h-5a+5, wonach mir 200 Kalo­rien weniger reichen sollten.

Noch aussageloser ist die Darstellung des AMR (active metabolic rate). [3] Nach meiner Waage dürfte ich ständig 54 Prozent mehr essen, wenn ich nicht nur ruhig im Bett läge, sondern mich ausrei­chend körper­lich betä­tigte, viel­leicht sogar Sport triebe. Im Inter­net scheint es dazu keine mehr als über die drei Buchstaben AMR hinaus­gehende Auf­fas­sung zu geben. Ein gefun­dener Rechner gestattet mir nur 30 Kalorien über dem BMR. Alles Augen­wische­rei, an der sich meine Waage betei­ligt.

[1] Bertil Lundmann: Geographische Anthro­polo­gie - Rassen und Völker der Erde. Gustav Fischer, Stutt­gart, 1967. Ich malte die Land­karten ab und weiß seither lange vor ameri­kani­schen Serien wie CSI, daß nicht die Haut­farbe, sondern die Haar­textur das heraus­ragende Rasse­merkmal ist.
[2] Das erinnert mich an eine Astronomie-​Klausur- Aufgabe: Wieviele Kalo­rien strahlte ein Mensch mit 2,4 Qua­drat­metern Ober­fläche bei einer Haut­tempe­ratur von 26 Grad Cel­sius ab, wenn er ein Schwarz­körper wäre. Wegen letz­terem könnte heut­zutage diese Aufgabe evtl. bei voller Punkt­zahl verwei­gert werden.
[3] Ich habe bei Google nach „Geschlecht Abkürzung“ gesucht und fand mich umfäng­lich mit m/w/d abge­speist, bevor mir bestä­tigt wurde, daß fremd­sprach­liche Abkür­zungen das Geschlecht der Her­kunfts­sprache über­nehmen. Nun ist aber die eng­lische Sprache ein derar­tiges Gender­vorbild, daß ich mich frage, wes Ge­schlech­tes denn nun index oder rate sind. Etwa neu­tral das BMI und das BMR? Wegen Gleich­heit der deut­schen Über­set­zung aus­nahms­weise doch der BMI und die BMR? Ich finde der BMR schöner, denn „Dar­stel­lung der AMR“ vor­gelesen erzeugte mir Ohren­schmer­zen.

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Aus der Tabelle meines Hauptbeitrages geht bereits hervor, wie beschis­sen meine Waage aus dem Wider­stand zwischen den Füßen zahl­reiche Werte errech­net. Trotz­dem bin auch ich dankbar, es unmit­tel­barer zu erken­nen, denn in den letzten zwei Tagen stag­nierte mein Gewicht, daß ich direkt sehen kann, wie Wasser in Wein gewan­delt wird, denn aus 4,2% davon wurden 1,1% Fett und sagen­hafte 3,1% Ei­weiß. Ersteres müßte im Bauch, letz­teres mehr in den Mus­keln ange­legt worden sein, die aber eben­falls um 1,1% abnah­men. Ganz zu schwei­gen von den ver­schwun­denen 3,7% in der Skelett­musku­latur. Zur Sicher­heit: Alle Prozent­angaben beziehen sich auf das Gesamt­gewicht, nicht auf die jewei­lige Kompo­nente oder die Corona­toten von Dakota.

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So kompliziert mit Fett, Wasser, Hirnmasse & Knochenschwund ? Herr Wureg, Sie haben bestimmt nur gaaanz schwere Knochen ;-)
Ansonsten:
Körperlänge minus 100 minus ca 10 % = Idealgewicht, auch der gute alte BMI ist hilfreich.

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BMI und Größe minus 100 oder 90 Prozent davon erwähnte ich bereits. Sie sind wie AMR, BMR bei konstante* Größe, Alter und Geschlecht einfach nur Umrechnungen des Gewichtes. Die Fett­waage macht sich jedoch anhei­schig, auch den Wasser- oder Fett­gehalt und daraus weitere Werte zu ermit­teln. Daß die sehr unge­nau und stark schwan­kend sind, kann man leicht nach­lesen. Ich wollte das anhand meiner Waage verifi­zieren, zumal mich die Beschäf­tigung mit diesem Thema bei der Stange hält.

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