89 Promille
Was in der Wahlnacht noch lustig war, wenn ein Pirat nach politischen Erfahrungen befragt zugibt, schon einmal auf der Besuchertribüne des Parlamentes gewesen zu sein, weshalb er sich für die dortige Twitter-Erlaubnis einsetzen wird, wandelt sich Tag für Tag und mit jedem Bericht in Übelkeit. Ich kann auf Rauschkundeunterricht verzichten, möchte keine Naturgesetze voten und verabrede mich bei Facebook nicht zum Kielholen.

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Bei allem Kopfschütteln:
Ich finde nicht alles daneben, was die fordern.

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Beim blinden Griff in die Kiste kommen auch passable Dinge ans Licht. Es müssen ja nicht immer Autobahnen sein.

Mir geht aber schon der Grundsatz gegen den Strich: Öffentliche Einrichtungen, Firmen, alle Organisationen sollen völlig transparent sein, während der bandenmäßig organisierte Privatmann sich alles unbeobachtet und damit auch ungestraft leisten kann.

Für mich sehe ich keine Gefahr im Gemeinwesen, noch nicht einmal in Überwachungskamreas, eher schon in Gegenwart selbst einzelner Kapuzenträger, deretwegen es Videoüberwachung geben muß.

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Ein legitimer Standpunkt,
auch wenn ich ihn nicht teile. Nun haben einzelne Grüne in der Frühzeit dieser Partei z.B. auch für eine liberalere Handhabung von sexuellen Beziehungen zwischen Erwachenen und Kindern plädiert, und dennoch sind sie irgendwann wählbar geworden. Diese Chance würde ich den Pirten nicht von vornherein absprechen.

Und zu den Transparenz-Forderungen: Es gibt da ja durchaus eine Fraktion bei den Piraten und ihren Sympathisanten, die Privatheit samt Datenschutz für alte Zöpfe hält, nach dem Motto: Privatheit ist der Ort, wo Ehefrauen verprügelt werden - also weg damit.

Käme Ihnen das eher entgegen?

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Der Vergleich mit den Grünen liegt natürlich auf der Hand. Wenn die Piraten sich zivilisieren, dann sehe ich ihnen natürlich einiges nach.

Es mag manchen eine schöne Vorstellung sein, wenn nicht nur Behörden, sondern jederman transparent wäre. Ich aber lebe lieber in einer teildurchsichtigen, zivilisierten und berechenbaren Gesellschaft. Ich habe kein Interesse an einer unorganisierten, in der sich Banden frei entfalten und einzelne sich im Schwarm tarnen können.

Ich gebe es offen zu: Mir sind die Piraten zuwider, denn sie propagieren nach Dauertanzen, Tätowierung, Pierching, infantiler Sprache, nichts muß, alles kann auch noch eine Willkür-Gesellschaft, die ich in meiner Kindheit nur in abgelegenen Urwäldern vermutete.

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Gehen Sie getrost davon aus, das ich mich von dieser Partei auch nur mit sehr großen Einschränkungen repräsentiert sehe, aber ganz so negativ bewerte ich die politischen Gehversuche nicht.

Ich schätze, Berlin ist da in mancherlei Hinsicht ein Sonderfall, was die Schrillheit der Polit-Novizen angeht. Hier in NRW engagieren sich auch durchaus gestandene Leute (ein paar kenne ich sogar), und obschon ich längst nicht alles unterschreibe, was da gefordert wird, habe ich die Piraten bei der letzten Landtagswahl sogar gewählt - zugegebenermaßen mehr als Protestwahl denn aus tiefster Überzeugung. Schwarz-Gelb hat hier binnen einer Legislaturperiode unglaublich viel verkackt, auf der anderen Seite stand eine Anknüpfung an vierzig Jahre Sozenfilz, vielleicht mit grüner Garnierung zur Auswahl, das war auch nicht gerade eine Aussicht, die mich beflügelt hätte, und so stand ich mehr oder weniger vor der Frage, nicht wählen, ungültig wählen oder Piraten...

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Was Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Banken, Stromversorger, Krankenkassen usw. betrifft, bin ich wie ein guter Katholik und wechsele nur selten. So habe ich einfach immer SPD gewählt. Nur einmal DKP, was aber nichts genützt hat.

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Tja, genützt.
Von welcher Wahlentscheidung kann man das schon mit Bestimmtheit sagen? Ich bin nach wie vor Fernsprech-Teilnehmer Telekom-Kunde, habe noch mein erstes Girokonto und bin auch als Käufer im Einzelhandel ein ziemlich loyales Gewohnheitstier. Aber in der Wahlkabine grüble ich jedesmal wieder aufs Neue, wo ich denn diesmal mein(e) Kreuzchen mache. Da habe ich freilich auch schon mal danebengelangt und bei einer Kreistags- oder Kommunalwahl aus Verlegenheit eine mir unbekannte Gruppierung angekreuzt, von der ich hinterher erfuhr, dass sie ihren raison d' être vor allem im Protest gegen geplante Moscheebauten sieht. Tja, verschenkt, aber alles in allem finde ich es gut, Dinge von Zeit zu Zeit neu zu bewerten. In den 80ern habe ich z.B. auch mal FDP gewählt, als Genschman da noch was zu melden hatte und ich dem SPD-Kanzlerkandidaten R. Scharping bei aller Antipathie gegen die amtierende Bimbes-Birne ein möglichst katastrophales Wahlergebnis wünschte. Später waren die sogenannten Liberalen für mich nicht mehr wählbar. So ändern sich Dinge, und nachdem die Wechselmöglichkeit das ist, was die Demokratie von der Diktatur unterscheidet, trage ich dem Sachverhalt als Wechselwähler ohne in Erz gegossene Parteiprägung gerne Rechnung.

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