Popstars
Seit bei Amazon bereits die CD der Popstars-​Gewinner, die erst am kommenden Don­nerstag live ermit­telt werden sollen, ange­priesen wurde, will meine Tochter nicht mehr mit SMS für Senna stimmen. Ähnlich werden viele denken und die erwar­teten Ein­nahmen hal­bieren. Mir kam natürlich sofort in den Sinn, daß die abge­bil­deten drei Mädchen (Kati, Mandy, Bahar) auf der Couch nur eine Beispiel­kombi­nation sind. Flugs wurde das auch öffent­lich behaup­tet und die Anzahl mögli­cher Kombina­tionen genannt, nämlich 20. Das ist nicht schwer zu rechnen, denn 6 über 3 ist (6⋅5⋅4)/(1⋅2⋅3)=20.

Angeblich sollen alle diese 20 Kombi­nationen im Internet als Beweis hinter­legt sein. Ich habe nur einige gesehen, die offen­sicht­lich montiert waren, weil beim Bild­wechsel ein Mädchen umsprang und zwei regungslos sitzen blieben. So stieg in mir die Frage auf, wieviele Dreier­gruppen auf der Couch denn foto­grafiert werden müssen, um jedes der möglich 20 Ergeb­nisse daraus montieren zu können. Es sind nur vier.

Ganz allgemein: Sollen nicht wie bei Popstars 3 aus 6, sondern m aus n gewählt werden, macht man das erste Bild mit den Num­mern 1 bis m neben­einander sitzend. Das zweite mit 2 bis m+1 und so weiter bis zum (nm+1)‑ten Bild, auf dem nm+1 bis n abgebildet sind. Man überlegt sich leicht, daß jede Kombination von m aus n aus diesen nm+1 Bildern zusam­men­setzbar ist. Mit weniger Bilder geht es nicht. Würden nur nm oder weniger gemacht, so gäbe es für m Per­sonen kein Bild ganz links sitzend. Sollten aber diese m gewinnen, müßten sie auf allen m Plätzen unter­gebracht werden. Doch ganz links geht es nicht, weil ein geeig­netes Bild fehlt.

Es ist also gar nicht so schlimm, wenn statt der drei aus sechs bei Popstars ein Doppel­chor von 8 aus 16 gebildet werden müßte. Es reichten 16−8+1=9 Bilder, auf denen jeweils 8 Personen ohne viel Über­lappung auf der Couch sitzen. Aus ihnen kann jede der 15444 Kom­bina­tionen durch einfache Zusammen­setzung gebildet werden.

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Fünf-Achtel-Gott
Mein Mathematik-Google-Alert verweist zumeist nur auf Rankwerk und Blödsinn. Heute auf einen Aufsatz, dessen Wörter „nicht“, „des“ und „ohne“ als Werbe­träger verkauft waren und auf die neueste Ausgabe des PM‑Magazins hinweist, in dem die Wahr­schein­lich­keit der Existenz Gottes auf 62 Pro­zent berechnet wird, nicht etwa auf gerundete 60 oder gar 50 Pro­zent.

Nun komme mir keiner damit, daß dies in jedem Falle falsch sei, denn die korrekte Wahr­schein­lich­keit betrage 0 oder 100 Pro­zent, niemals aber 62. Doch das ist bei 62 Pro­zent Regen am morgigen Tag nicht anders. Zwar gibt es mehr konkrete Erfah­rung mit dem Wetter als mit Gott, doch von wenigen Zweifels­fällen einmal abgesehen regnet es morgen oder es regnet nicht, niemals aber mit 62 Pro­zent.

Im Falle des Wetters kann eine Prozent­angabe dadurch gerecht­fertigt werden, daß umfang­reiche Daten aus ähn­lichen Wetter­lagen vor­liegen. Und ganz allgemein könnte ich meine Apriori-​Wahr­schein­lich­keiten dadurch erhärten, daß ich gegen andere Behaup­tungen mit ange­mes­sener Quote zu wetten bereit bin.

Doch mit Gott scheidet diese Möglichkeit aus, denn die Gewinn­auszah­lung wird nicht zu Lebzeiten erfolgen. Und wer weiß, wieviel die Wett­summe dann noch wert ist. Gibt es keinen Gott, fällt der Wert des Euro auf null. Andern­falls könnte er sogar negativ werden.

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Prekarioten
Die viel und nicht ohne Grund für ihre perverse Sprache geschol­tenen Sozio­logen können nun allent­halben darauf hin­weisen, den Begriff Unter­schicht schon immer verwendet zu haben. Er bezeich­net einfach eine Schicht, unter der nichts mehr kommt. Zulässig ist der Begriff für unsere Gesell­schaft aber nur, wenn sie wenig­stens in der Theorie schicht­weise anzu­ordnen ist und in der Rea­lität nicht mehr Ausnahmen bestehen als bei der Umset­zung der sieben Schichten des ISO-​OSI-​Modells. Da nützt es nichts, wenn einigen dieser Begriff nicht gefällt, weil sie sich mit ihrer Zuge­hörig­keit zur Arbeiter­klasse nicht abfin­den konnten, deshalb die Klassen­gesell­schaft leug­neten und sich trotz abhän­giger Beschäf­tigung den Bürger­lichen zurech­neten, die sie nicht Bourge­oisie nennen mochten und den Begriff Mittel­schicht erfanden. Und der legt natürlich nahe, daß es darüber und darunter eine weitere Schicht geben muß: Ober- und Unter­schicht. Beide waren lange Zeit recht dünn und unauf­fällig, werden jetzt aber immer dicker und frecher, weshalb sie nicht mehr igno­riert werden können.

Ich mache es mir relativ einfach und zähle zur Unter­schicht, wer ein Einkommen unter 10.000 Euro jährlich und auch keine Erspar­nisse über diesen Betrag hinaus hat. Zur Ober­schicht rechne ich umgekehrt alle mit mehr als 1.000.000 Euro im Jahr oder auf der Bank, gleichwohl man mit der Hälfte auch schon reich ist. Nach anderen Krite­rien zu ordnen, ist mir zu kompli­ziert. Sehr lustig finde ich die prekäre Lage als Krite­rium, nach der sich Milli­onen im „abge­hängten Preka­riat“ befinden, was nicht mit der Ausbil­dung zum Pfarrer verwech­selt werden darf. Lustig daran ist auch die Verball­hornung „abhängende Prekarioten“, womit keine abge­faulten Zähne gemeint sind, sondern die­jenigen, die durch ständige Präsenz im Unter­schichten-​Fern­sehen (Viva, MTV?) und vor dem Unter­schichten-​Fern­seher (über 70 cm) sich der breiten Mittel­schicht so nach­haltig aufge­drängt haben, daß sie das gesell­schaft­liche Problem mit ihnen nicht mehr ver­drängen kann und will.

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300 Millionen
Spiegel-Online heute: „Nur 39 Jahre hat es diesmal gedauert, bis die USA weitere 100 Mil­lionen Einw­ohner produ­ziert haben. Zwischen 100 und 200 Mil­lionen hatten noch 52 Jahre gelegen.“

Kündigt sich da eine Bevöl­kerungs­explo­sion an? Sind die jähr­lichen 1,045% im Durch­schnitt der letzten 39 Jahre nicht deutlich geringer als die 1,341% in den 52 Jahren zuvor? Ist alles unter 2% nicht überhaupt mickrig?

Wie so oft im Leben kommt es zunächst auf das vorder­gründige Ereignis an, dann auf ein gefühls­mäßiges Empfinden oder die eigene Meinung und erst danach auf die wirk­lichen Verhält­nisse. Zumeist aus Naivität, gele­gent­lich mit Absicht.

gefühlte Realität

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Ein Fall für zwei
Ein Blogger sollte immer seinen Notizblock zur Hand haben, um nach dem Konzert, dem Lesen der Zeitung, dem Kino, dem Fernseh­abend oder dem ersten Stich einen kleinen Bericht schreiben zu können. Glück­licher­weise hatte ich vorge­stern bei „Ein Fall für zwei“ mein Sudoku-​Heft und einen Blei­stift neben mir liegen, um eine bemer­kens­werte Kurz­fassung der geäußerten Auffas­sung (2), des wahren Wesens (1) und der gerechten Behand­lung (0) von Nihi­listen zu hören und zu sehen:

2: „Für einen Freigeist zählt nur die eigene Moral.“
1: „Wir können doch über alles reden.“
0: Der Hammer trifft präzise die Schläfe.

Wie oft in Kriminal­filmen wurde auch hier der Hand­werker, der seinen Hammer profes­sionell gegen einen bla­sierten Inter­nats­schüler einzu­setzen vermochte, dann doch über­führt und ver­haftet.

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Gigagramm-Bombe
Nachdem ich von der mickrigen Sprengkraft von 0,5 Kilo­tonnen TNT der nord­korea­nischen Atom­bombe hörte, kam mir sofort die kosten­günstige Möglich­keit in den Sinn, der Welt für 10 Millionen Dollar einen Güterzug voll Atommüll abzu­nehmen, ihn zusammen mit einem zweiten, mit Spreng­stoff bela­denen in ein Bergwerg zu fahren, um so zum Null­tarif einen Atom­bomben­test vorzu­täuschen. Um aber als Prophet zu gelten, hätte ich das sagen müssen, bevor sich diese Möglich­keit herumge­sprochen hat. Natür­lich glaube ich das nicht wirklich, denn die Welt läßt sich nicht lang­fristig täuschen und die von ihr abge­schottete eigene Bevöl­kerung ist vom Geliebten Führer mit ein­facheren Mitteln zu belügen.

Natürlich gibt es auch außerhalb Nordkoreas ein Bedürfnis, die Bedeutung dieser Atombombe hochzu­spielen, die ohne Ankün­digung möglicher­weise an den Seismo­graphen der Welt vorbei­gezogen wäre. Wer weiß, wieviele Millionen eine Milliarde hat, wieviel Kilo­gramm eine Tonne und wieviel Byte ein Mega­byte, der behauptet natür­lich gerne, es seinen doch 15 Kilo­tonnen Spreng­kraft gewesen, um wenig­stens in die psycho­logisch wichtige Größen­ordnung von Hiro­shima zu kommen. Doch was will man damit in einer Zeit, in der nicht mehr unter leichter Täuschung in optimaler Höhe über einer Großstadt eine Atom­bombe zu zünden ist, die in keinen Rücksack paßt? Etwa mit einer in den Träumen vorhan­denen Rakete ein Loch ins Eis von Alaska sprengen, um dem ameri­kanischen Präsi­denten Gelegen­heit zu geben, ohne Rück­sprache Pjöng­jang platt zu machen?

[1] Mao Tsetung: Worte des Vorsitzenden Mao Tse-Tung. Verlag für fremd­sprach­liche Lite­ratur, Peking, 1. Auf­lage, 1967. Seite 166: „Die Atombombe ist ein Papier­tiger“.

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Wirtschaftsnobelpreis
Wenn Wirtschaftswissenschaftler den Eindruck haben, zwei Kennzahlen x und y korre­lierten negativ, dann haben sie keine Hem­mungen, von einem „trade off“ zu reden und nach dem Vorbild von Boyle-​Mariotte daraus ein Gesetz xy=const zu machen. Wenn dann die Jahre ins Land gehen, stellen sie mögli­cher­weise fest, daß auch eine große Anhebung des Wertes y auf x kaum noch einen Einfluß zu haben scheint. Dann korri­gieren sie kurzer­hand die Konstante oder das Gesetz zu (xa)⋅y=const oder ähnlichem.

Wenn y die Inflations­rate und x die Arbeits­losen­quote ist, so glaubten sie allen Ernstes an die Konstanz des Produktes x⋅y oder ähn­liches und nannten es Phillips-​Kurve. Und nun soll ein Nobel­preis an Edmund Phelps für die Variante (xay=const ver­liehen werden, mit der ‚natürlichen‘ Arbeits­losig­keit a, die man auch durch Hinnahme hoher Infla­tions­raten nicht unter­bieten kann. Natürlich mußte a beständig angehoben werden und wird zur Zeit so um 7 Pro­zent liegen.

Ein schönes Argument, gegen Arbeits­losig­keit nichts unter­nehmen zu müssen, gleich­wohl man mit der Frank­furter Rund­schau zum Lobe von Edmund Phelps auch umgekehrt folgern könne, daß ein Grund­stock an Arbeits­losen auch mit Lohn­drücke­rei nicht zu besei­tigen sei, weshalb diese Menschen ein Anrecht auf bessere Versor­gung als durch Hartz IV hätten. Überhaupt möchte ich hier nicht über einen einzelnen Nobel­preis­träger lästern, den ich gar nicht kenne und der sicher­lich für umfas­sendere Leistun­gen geehrt wird, sondern nur über die Wirt­schafts­wissen­schaft und deren ‚Nobelpreis‘.

Und wenn ich das so lese und schreibe, kommt in mir der alte Ärger hoch, daß sich die auf dem Geld sitzenden Säcke einen Nobel­preis unter den Nagel gerissen haben, auch wenn sie ihn nicht aus dem Vermögen Alfred Nobels finan­zieren und eigent­lich sich damit nur selbst adeln. In der Namens­aneig­nung besteht die Drei­stig­keit. Zur Gewissens­beruhi­gung würde man auch den Mathe­matikern einen gönnen, doch wollten sie ihn nicht, wie angeb­lich auch die Mathe­mati­kerin Sonfja Kova­levs­kaja (Sonja Kowa­lewski) ihren Verehrer Alfred Nobel abwies. Für mich ist das alles eine Facette des mehr oder minder bewußt ausge­lebten Bestre­bens der Reichen und ihrer Diener, Geld in Ruhm zu wandeln.

Entgegen meiner Gewohn­heit muß ich aus einem englichsprachigen Text raub­kopieren: „Much of their work has an 'apples and oranges' quality, ranging from the economics of slavery to the economics of bumble­bees. […] As the old joke goes, 'Economics is the only field in which two people can win a Nobel Prize for saying exactly the opposite thing.' […] This suggests that economics hasn't really advanced to the stage yet where we can call any one of them undeni­ably true. So what is the purpose of awar­ding a Nobel? In his ori­ginal will, Alfred Nobel stipu­lated that the awards should be given to those scien­tists who have 'confer­red the grea­test benefit on mankind.' In other words, those who bring prac­tical results to the real world. Econo­mics fails this crite­rion. Of course, it is unli­kely that any false theory could bring benefit to the world, and if various economic theories pass in and out of academic fashion, it is impos­sible that they could all be true and there­fore bene­fi­cial.“ [1]

[1] ALL THOSE NOBELS… Chicago School of Economics zitiert von Steve Kangas.

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