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Tau-Tag
wuerg, 05.07.2011 01:19
Der sog. Pi-Tag am 14. März breitet sich in den USA wie Halloween aus, nur mit Kuchen statt Kürbis. Das sehen die Pi‑Gegner nicht gerne und halten am 28. Juni mit doppelt soviel Pies dagegen. Für sie ist τ=2π=6,28… die bessere Kreiszahl. Auf den ersten Blick mag das sinnvoll scheinen, zumal 2π allenthalben in Formeln vorkommt und sich auf τ verkürzte. Dann wäre nicht 2π⋅r, sondern einfach τ⋅r der Kreisumfang. Und der rechte Winkel als Viertelkreis hätte ein Bogenmaß von τ/4 statt π/2. Mit π rechnen wir nur, weil unsere Vorfahren den Umfang im Verhältnis zum Durchmesser setzten und allenfalls ahnen konnten, daß der Radius die elegantere Größe darstellt. Wenn Außerirdische uns mit τ statt π konfrontierten, wäre das nicht verwunderlich.
Gewiß könnten andere aus ebensolchen geschichtlichen Gründen zu τ statt π gekommen sein. Hätten die Griechen sich mehr für den Radius interessiert oder hätte man Jahrtausende später nicht 3,14…, sondern 6,28… einen griffigen Namen gegeben, dann würde auch ich mit der gleichen Selbstverständlichkeit fragen: Warum sollen wir π als Ersatz für τ/2 einführen? Gut, das mit dem Winkel (360°=τ für einen turn) ist ein Argument gegen π. Nur sollten aus dem gleichen Grunde auch die immer noch gebräuchlichen Analoguhren gegen eine solche ausgetauscht werden, deren Stundenzeiger nur eine Umdrehung am Tag vollführt, die sog. Große Uhr. Und die Uhrzeit führt auf die Frage: Warum setzen sich gerade die Amerikaner [1] mit ihren komischen Zeitangaben, Maßen und Gewichten für eine winzige Vereinfachung des Kreisumfanges ein?
Ich bleibe bei π, wie ich zu τ stünde, hätte die Geschichte dies zur Kreiszahl gekürt. Nicht wegen der Kreisfläche, die mit πr² besser aussieht als mit τr²/2, denn dazu führen die Tau-Freunde ins Feld: Die Kreisfläche ergibt sich durch Integration über einen anschwellenden Umfang, und so entsteht aus dem Umfang τ mal Radius eben die Fläche τ/2 mal Radius zum Quadrat. Das mag schlichte Gemüter beeindrucken. Doch kann man umgekehrt den Umfang 2π mal Radius auch als Ableitung der Fläche π mal Radius zum Quadrat sehen. Gut, nicht nur die Griechen kümmerten sich zunächst um Streckenverhältnisse und erst später um Flächen. Heute aber sind wir schlauer: Wer Volumen und Oberfläche höherdimensionaler Kugeln berechnen will, wird zunächst durch fortgesetzte Integration das Volumen
Vn(r) = πn/2⋅rn / (n/2)!
der n-dimensionalen Kugel bestimmen, woraus sich durch schlichte Ableitung nach r deren Oberfläche
On(r) = 2⋅πn/2⋅rn−1 / Γ(n/2)
ergibt. Ersetzt man in diesen Formeln π durch τ/2 werden sie nicht einfacher. So erscheint mir π doch als die glücklichere Wahl für die Kreiszahl, nicht 2π wegen des Vollkreises, nicht π/2 für den rechten Winkel und auch nicht π/4 als dem gern vorkommenden Verhältnis der Flächen von Kreis und Umquadrat.
[1] Ulrich Pontes: Revolution gegen die Kreiszahl – Physiker will Pi abschaffen, Spiegel-Online, 28.06.2011. Pünktlich zum Tau-Tag ein Bericht über den Physiker Michael Hartl, der sich unter tauday.com über die neue Kreiszahl ausläßt, die wohl im Jahre 2001 durch den Mathematiker Bob Palais mit einem Artikel π is wrong im Mathematical Intelligencer halbwegs ernsthaft eingeführt wurde.
Gewiß könnten andere aus ebensolchen geschichtlichen Gründen zu τ statt π gekommen sein. Hätten die Griechen sich mehr für den Radius interessiert oder hätte man Jahrtausende später nicht 3,14…, sondern 6,28… einen griffigen Namen gegeben, dann würde auch ich mit der gleichen Selbstverständlichkeit fragen: Warum sollen wir π als Ersatz für τ/2 einführen? Gut, das mit dem Winkel (360°=τ für einen turn) ist ein Argument gegen π. Nur sollten aus dem gleichen Grunde auch die immer noch gebräuchlichen Analoguhren gegen eine solche ausgetauscht werden, deren Stundenzeiger nur eine Umdrehung am Tag vollführt, die sog. Große Uhr. Und die Uhrzeit führt auf die Frage: Warum setzen sich gerade die Amerikaner [1] mit ihren komischen Zeitangaben, Maßen und Gewichten für eine winzige Vereinfachung des Kreisumfanges ein?
Ich bleibe bei π, wie ich zu τ stünde, hätte die Geschichte dies zur Kreiszahl gekürt. Nicht wegen der Kreisfläche, die mit πr² besser aussieht als mit τr²/2, denn dazu führen die Tau-Freunde ins Feld: Die Kreisfläche ergibt sich durch Integration über einen anschwellenden Umfang, und so entsteht aus dem Umfang τ mal Radius eben die Fläche τ/2 mal Radius zum Quadrat. Das mag schlichte Gemüter beeindrucken. Doch kann man umgekehrt den Umfang 2π mal Radius auch als Ableitung der Fläche π mal Radius zum Quadrat sehen. Gut, nicht nur die Griechen kümmerten sich zunächst um Streckenverhältnisse und erst später um Flächen. Heute aber sind wir schlauer: Wer Volumen und Oberfläche höherdimensionaler Kugeln berechnen will, wird zunächst durch fortgesetzte Integration das Volumen
Vn(r) = πn/2⋅rn / (n/2)!
der n-dimensionalen Kugel bestimmen, woraus sich durch schlichte Ableitung nach r deren Oberfläche
On(r) = 2⋅πn/2⋅rn−1 / Γ(n/2)
ergibt. Ersetzt man in diesen Formeln π durch τ/2 werden sie nicht einfacher. So erscheint mir π doch als die glücklichere Wahl für die Kreiszahl, nicht 2π wegen des Vollkreises, nicht π/2 für den rechten Winkel und auch nicht π/4 als dem gern vorkommenden Verhältnis der Flächen von Kreis und Umquadrat.
[1] Ulrich Pontes: Revolution gegen die Kreiszahl – Physiker will Pi abschaffen, Spiegel-Online, 28.06.2011. Pünktlich zum Tau-Tag ein Bericht über den Physiker Michael Hartl, der sich unter tauday.com über die neue Kreiszahl ausläßt, die wohl im Jahre 2001 durch den Mathematiker Bob Palais mit einem Artikel π is wrong im Mathematical Intelligencer halbwegs ernsthaft eingeführt wurde.
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