Sechslinge
Heute lese ich: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Sechslinge geboren werden, wird auf 1 zu 4,4 bis 4,7 Milliarden geschätzt." [1] Das ist doch angesichts dieser großen Zahl und geringen Wahrscheinlichkeit eine sehr genaue Angabe, die mich alle dreißig Jahre eine Sechslingsgeburt auf der ganzen Welt erwarten läßt. Warum gab es "lediglich fünf solche Geburten" [1] allein in Deutschland in den achtziger Jahren?

[1] Frankfurter Rundschau, "Die ersten Sechslinge seit 20 Jahren", 21.10.2008

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Ich habe im Internet nach erhobenen Zahlen gesucht und nur die sog. Hellin-Regel gefunden, nach der n-Linge mit einer Wahrscheinlichkeit von (1/85)^(n-1) geboren werden. Das mag für n=1,2,3 so einigermaßen stimmen, für n=5,6,7,... aber kann ich mir das kaum vorstellen. Wahrscheinlich ist diese Regel nur ein schönes Beispiel, wie in weichen Wissenschaften pseudogenau Zusammenhänge postuliert und dann auch noch großartig benannt werden. Wenn wenigsten irgendwo von einem Modell für Mehrfachwürfe die Rede wäre, aus dem diese Formel hervorgeht.

Auch Jauch gibt unbemerkt einen Anhaltspunkt zur Auflösung der Spannung zwischen den wahnwitzigen vier Milliarden und den zahlreichen Sechslingen allein in Deutschland: Hormonbehandelte Kinder zählen nicht mit. Die Hellin-Regel ist nur eine Regel für natürliche Umstände. Aber was ist eine Regl wert, die schon ab n=4 von der Abnormität überflügelt wird. Wie sieht es bei zwei Prozent gedopter Frauen mit Wahrscheinlichkeit von 1/15 für einen Zwillingswurf aus? Dann treten n-Linge mit einer Rate von ungefähr r(n)=0,98*(1/85)^(n-1)+0,02*(1/15)^(n-1) auf:
n  (1/85)^(n-1) (1/15)^(n-1) r(n)             1/r(n)
----------------------------------------------------
2  0,012          0,067      0,013                79    
3  0,00014        0,0044     0,00023           4.400      
4  0,0000016      0,00030    0,0000075       140.000    
5  0,000000019    0,000020   0,00000042    2.400.000
6  0,00000000023  0,0000013  0,000000026  38.000.000
Das wären fpr 80 ´Millinen Deutsche zwei zumindest teilweise noch lebende Sechsfachwürfe, was einigermaßen mit der Realität übereinstimmt. Natürliche Fünf- oder gar Sechslinge scheint es also gar nicht zu geben. Für Schweine dagegen ist das gar nichts. Quetscht man aus ihnen noch mehr Hormone aus, dann muß ich bald meine Tabelle auf sieben erweitern.

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Nach der Hellin-Regel dürfte es auf 400 Milliarden Geburten nur einmal Siebenlinge geben, also kaum einen Fall in der gesamten Geschichte der Menschheit. Und das war dieses Jahr in Ägypten. [1] Ich halte es ohne Hormone für möglich, wie Armstrong auch ohne Doping schneller sein kann wie unser Rad-Schumi. Für mich ist einfach die Hellin Regel falsch, weil der abstruse Fall nicht aus dem normalen abgeleitet werden kann.

Im Internet sind auch Achtlinge [2] zu finden, von denen aber nur sieben überlebten, bei den Neunlingen [3] hatte sich der Arzt verzählt, und die in einer Rekordliste erwähnten Zehnlinge [4] glaube ich einmal.

[1] Focus: Frau bringt Siebenlinge zur Welt, 16.08.2008

[2] Rhein-Zeitung: Achtlinge in Texas geboren, 21.12.1998

[3] Hamburger Morgenpost: Die Neunlings-Mutter: Arzt hat sich "verzählt", 19.02.1998

[4] Grit Ende: Rekorde, aus "Guinnes Buch der Rekorde 1994"

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Wie ist es nach der Hellin-Regel selbst mit Hormonen möglich, Zehnlinge zu bekommen? Gibt es neben den 98 Prozent normalen Frauen mit 1/85 Zwillingswahrscheinlichkeit und den zwei Prozent hormonbehandelten mit 1/15 noch eine Frau unter Millionen, bei der 1/3 aller Geburten Zwillinge sind, dann komme ich mit der Hellin-Regel für jede dieser drei Gruppen auf:
Anzahl   Geburten   Anteile in Prozenten
  n      pro n-Ling normal gedopt abnorm
----------------------------------------
  2              78   90     10      0
  3           4.500   60     40      0
  4         130.000   21     78      0
  5       2.300.000    4     93      3
  6      33.000.000    1     86     13
  7     320.000.000    0     56     44
  8   1.700.000.000    0     20     80
  9   6.200.000.000    0      5     95
 10  19.000.000.000    0      1     99
Bei n=2,3 herrscht die normale Abweichung der Natur vom Einzelkind vor. Bei n=5,6 wurde normalerweise mit biochemischen Mitteln nachgeholfen. Doch n=8,9,10,... bedarf einer ausgesprochenen Veranlagung. Es ist eben wie im Sport: Der normale Radfahrer bringt es ungedopt nicht weit. Ohne Tricks gelingt es nur abnorm veranlagten Fanatikern. Manche bezweifel, daß es sie wirklich gibt.

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Übernehme ich die Naivität der Hellin-Regel, daß die Aussicht auf n-Linge sich so verhält wie die, n-1 Sechsen hintereinander zu würfeln, auch für mehrere Schwangerschaften, dann sollten zweimal Siebenlinge ungefähr so häufig sein wie einmal Dreizehnlinge.

Was liefert meine Drei-Gruppen-Variante der Hellin-Regel? Eine normale Frau scheidet aus, denn ihre Chance steht eins zu 100 Quadrillionen. Auch gedopte Frauen haben mit eins zu 100 Billionen keine Aussichten. Wohl aber solche mit abnormner Veranlagung. Unter einer halben Million von ihnen sollte es zu doppelten Siebenlingen kommen. Für die Gesamtbevölkerung bedeutet das: Ein Fall unter 500 Milliarden.

Das ist gar nicht weit von der Realität entfernt, in der es tatsächlich einmal vorgekommen sein soll. Zwar hat es in der gesamten Geschichte noch keine 500 Milliarden Menschen gegeben, doch kann man durchaus davon ausgehen, daß eine noch kleinere Gruppe von Frauen noch stärker zu Mehrfachwürfen neigt, was die Wahrscheinlichkeit für Extremfälle ernorm erhöhen kann.

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