Kopieren geht über Studieren
Diese alte studentische Weisheit hat sich ins Internet gerettet. Und vor­gestern pas­sierte es: Youtube präsen­tierte mir unmit­telbar hinter­ein­ander die gleiche Aufgabe. Nicht doppelt oder direkt kopiert, sondern wie in Studium und Schule zur Vortäu­schung einer eigenen Lei­stung mit der Hand abge­schrieben:

ab=10, bc=20, ca=30, a+b+c=? [1,2]

Diese Aufgabe habe ich oft gesehen, aber nicht beachtet. Ich sah sofort a:b:c=3:2:6. Um auf 10, 20, 30 zu kommen, müssen die Verhält­nis­zahlen um die Wurzel aus 10/6, also um ⅓√15 erhöht werden. Somit a=√15, b=⅔√15, c=2√15 samt a+b+c=​(11/3)√15. Automatisch hatte ich nur an positive Lösungen gedacht.

Unmittelbar danach fiel mir auf, daß es auch ‚rechnerischer‘ über (abc)²=​10⋅20⋅30=6000 geht. Mit abc=​±√6000=​±20√15 ergibt sich:

cabc/ab=(±20√15)/10=±2√15
aabc/bc=(±20√15)/20=±√15
babc/ca=(±20√15)/30=±⅔√15

und damit wieder a+b+c=±(11/3)√15.

In den beiden Videos wird dieser Weg verfolgt, jedoch 6000 zu 2⋅2⋅2⋅​2⋅​5⋅5⋅5⋅3 fakto­risiert, um über 6000=​16⋅25⋅15 auf abc=​20√15 zu kommen. Und an dieser über­flüssigen, lang­atmigen Fakto­risie­rung nach ameri­kani­schem Schul­schema ist zu erken­nen, daß nicht nur die Auf­gaben­stellung und der Lösungs­weg iden­tisch sind, sondern mit mini­malen Ände­rungen alles kopiert ist.

Beide Videos ermit­teln nur die positive Lösung, ohne darauf hinzu­weisen, daß nur solche zu finden sind. Wahr­scheinlich haben beide Kopierer die nega­tive gar nicht gesehen. Es wäre auch ange­bracht, die Nähe­rung (11/3)√15≈14,2 zu erwähnen.

[1] South korea | Can you solve this? | nume­rical solu­tion of alge­braic equa­tions | math Olym­piad. J Educa­tional Tuto­rials, Youtube, April 2025.

[2] Mathe Olym­piade | Eine kniff­lige Mathe­aufgabe | Algebra-​Aufgabe |. Rashel's Class­room, Youtube, April 2025.

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Zack, da ist sie wieder, diese Aufgabe. Diesmal „99% Students Failed — ab=100 bc=200 ca=300.“ [1] Also das gleiche in grün mit einer Null mehr, weshalb ein Faktor √10 ausreicht. Aus √15 wird 5√6, also a=5√6, b=(10/3)√6 und c=10√6.

Seine Abschrift beschritt wohl einen andern Pfad der Evolu­tion. Recht geschickt kam er sofort auf b²=200/3, a²=150, b²=600 und hätte schnell das Ergeb­nis a+b+c=(55/3)√6 gehabt. Doch weil ihn Summen von Wurzeln wohl abschreck­ten und allein die Summe a+b+c gefragt war, nutze er die Geelegenheit zur Show, sie über

(a+b+c)2 = a2+b2+c2+2(ab+bc+ca)=6050/3

zu berechnen und sodann wie seine Kollegen die Zeit mit einer Faktori­sierung von 6050 totzu­schlagen, um die Wurzel daraus teilweise ziehen zu können.

[1] Lösen einer Aufnahme­prüfungs­frage der Stanford Univer­sity | Finden Sie a+b+c=?. Maths Explorer, Youtube, Mai 2025.

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