Spieltheorie
wuerg, 23.10.2023 21:27
„Die Spieltheorie ist eine mathematische Methode, die das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen ableitet, in denen der Erfolg des Einzelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt.“ [1]
Wegen des Wörtchens „ist“ muß ich das gelten lassen. Als es noch den „einzelnen“ gab, war die Spieltheorie zumindest für mich ein Gebiet der Mathematik, in dem man nicht zu ergründen versuchte, wie „Schach, Mühle, Dame, etc.“ [1] zu spielen ist, sondern sich überlegte, unter welchen Bedingungen gute, wenn nicht optimale Strategien existieren und wie man sie zumindest theoretisch findet. Das scheint als „mathematische Spieltheorie“ herabgewürdigt Teil einer allgemeinen Spieltheorie geworden zu sein, die den Finanztöpfen nachhängt und einen Pseudo-Nobelpreis ermöglicht. [2]
So bleiben mir nur sentimentale Erinnerungen an ein Seminar: Auf die Eingangsfrage des Professors, ob das Maximum der Minima kleiner oder größer sei als das Minimum der Maxima, war ich natürlich vorbereitet, hätte es mir aber auch schnell neu überlegen können. Damit machte es Sinn fortzufahren und den Beweis des Brouwerschen Fixpunktsatzes aus dem Buch von Burger [3] vorzutragen.
Wenn ich mir heute Youtube-Filmchen [4] des Spieltheoretikers Christian Rieck ansehe, dann scheint mir alles sehr weit davon entfernt. Seine Vorlesungen gehen gewiß tiefer als seine regelmäßigen Einlassungen zu aktuellen Themen, in denen immer wieder alte chinesische Kriegslisten angeführt werden. Nicht als historische Referenz, sondern als immer noch gültige Strategeme.
Trotzdem sehe ich mir seine Erläuterungen gerne an, weil sie zumeist die aktuelle Situation rationaler zu beleuchten vermögen als es im allgemeinen ‚Diskurs‘ üblich geworden ist. Und so war ich zuvor gar nicht auf eine Binsenweisheit im spieltheoretischen Konflikt zwischen der Hamas und dem Staate Israel gekommen:
Es geht der Hamas gar nicht um einen unmöglichen Sieg über Israel, sondern um die Festigung der eigenen Herrschaft. Ihr Angriff soll verhindern, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Das hat Herr Rieck der NZZ entnommen, darauf sind also andere auch ohne Spieltheorie gekommen. Mich aber erinnert das an die folgende Überlegung:
Selbst theoretisch allereinfachste Spiele wie Schach können ihre optimalen, wenn auch unbekannten Strategien einbüßen, wenn die Auszahlungsfunktion der Beteiligten sich ändert, etwa durch Nebenabsprachen. [5] Im allgemeinen ist unbekannt, was ein rationaler Spieler zu optimieren sucht. Das führte mich schon früh zur Umkehrung: Wenn seine Vorgehensweise einigermaßen gewinnversprechend ist, um was spielt er dann eigentlich, was ist seine Auszahlungsfunktion?
Was verspricht sich die Hamas von einem Angriff, obwohl sie Israel nicht das Wasser reichen kann? Was macht die Ampelparteien glücklich, daß sie Wahlschlappen inkauf nehmen? Um was geht es Sahra Wagenknecht, zumal sie in der Linken jede Position hätte erlangen können? Warum wollten viele den jetzt aufgeflogenen Elefanten im Raum nicht sehen, obschon sie ihn selbst einließen? Was sind ihre Auszahlungsfunktionen?
[1] Wikipedia. Spieltheorie.
[2] Natürlich ist es eine große Leistung, Modelle durchzurechnen, die dem Kern einer realen Situation nahe kommen sollen. Selbst wenn es nur eine Simulation mit dem Computer ist. Ich kenne außer dem Film nichts von John Forbes Nash, doch wird er sowohl den Abelpreis für Mathematik als auch den Gedächtnis-Nobelpreis für Wirtschaft verdient haben. Im Gegensatz zu Arafat für den Frieden.
[3] Ewald Burger: Theorie der Spiele. De Gruyter, 1966. Mein Exemplar habe ich meinem Sohn überlassen, der den Wert hoffentlich zu schätzen weiß: Gebunden oder als PDF für 65 Cent pro Seite.
[4] Christian Rieck: Hamas greift Israel an: spieltheoretische Überlegungen. Youtube, 14.10.2023.
[5] Die Spieltheorie wird gerne dahingehend kritisiert, daß Menschen sich eben nicht rational verhielten. Diesen Makel weist die mathematische Spieltheorie nicht auf. In ihr geht es nicht um menschliche Spieler, sondern um die Spiele selbst. Und wenn einer sich schlau fühlt und zum Beispiel einwendet, im Turnier ginge es gar nicht um den Einzelsieg im Spiel, dann lautet die Antwort: Ein Turnier ist eben ein anderes Spiel!
Wegen des Wörtchens „ist“ muß ich das gelten lassen. Als es noch den „einzelnen“ gab, war die Spieltheorie zumindest für mich ein Gebiet der Mathematik, in dem man nicht zu ergründen versuchte, wie „Schach, Mühle, Dame, etc.“ [1] zu spielen ist, sondern sich überlegte, unter welchen Bedingungen gute, wenn nicht optimale Strategien existieren und wie man sie zumindest theoretisch findet. Das scheint als „mathematische Spieltheorie“ herabgewürdigt Teil einer allgemeinen Spieltheorie geworden zu sein, die den Finanztöpfen nachhängt und einen Pseudo-Nobelpreis ermöglicht. [2]
So bleiben mir nur sentimentale Erinnerungen an ein Seminar: Auf die Eingangsfrage des Professors, ob das Maximum der Minima kleiner oder größer sei als das Minimum der Maxima, war ich natürlich vorbereitet, hätte es mir aber auch schnell neu überlegen können. Damit machte es Sinn fortzufahren und den Beweis des Brouwerschen Fixpunktsatzes aus dem Buch von Burger [3] vorzutragen.
Wenn ich mir heute Youtube-Filmchen [4] des Spieltheoretikers Christian Rieck ansehe, dann scheint mir alles sehr weit davon entfernt. Seine Vorlesungen gehen gewiß tiefer als seine regelmäßigen Einlassungen zu aktuellen Themen, in denen immer wieder alte chinesische Kriegslisten angeführt werden. Nicht als historische Referenz, sondern als immer noch gültige Strategeme.
Trotzdem sehe ich mir seine Erläuterungen gerne an, weil sie zumeist die aktuelle Situation rationaler zu beleuchten vermögen als es im allgemeinen ‚Diskurs‘ üblich geworden ist. Und so war ich zuvor gar nicht auf eine Binsenweisheit im spieltheoretischen Konflikt zwischen der Hamas und dem Staate Israel gekommen:
Es geht der Hamas gar nicht um einen unmöglichen Sieg über Israel, sondern um die Festigung der eigenen Herrschaft. Ihr Angriff soll verhindern, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Das hat Herr Rieck der NZZ entnommen, darauf sind also andere auch ohne Spieltheorie gekommen. Mich aber erinnert das an die folgende Überlegung:
Selbst theoretisch allereinfachste Spiele wie Schach können ihre optimalen, wenn auch unbekannten Strategien einbüßen, wenn die Auszahlungsfunktion der Beteiligten sich ändert, etwa durch Nebenabsprachen. [5] Im allgemeinen ist unbekannt, was ein rationaler Spieler zu optimieren sucht. Das führte mich schon früh zur Umkehrung: Wenn seine Vorgehensweise einigermaßen gewinnversprechend ist, um was spielt er dann eigentlich, was ist seine Auszahlungsfunktion?
Was verspricht sich die Hamas von einem Angriff, obwohl sie Israel nicht das Wasser reichen kann? Was macht die Ampelparteien glücklich, daß sie Wahlschlappen inkauf nehmen? Um was geht es Sahra Wagenknecht, zumal sie in der Linken jede Position hätte erlangen können? Warum wollten viele den jetzt aufgeflogenen Elefanten im Raum nicht sehen, obschon sie ihn selbst einließen? Was sind ihre Auszahlungsfunktionen?
[1] Wikipedia. Spieltheorie.
[2] Natürlich ist es eine große Leistung, Modelle durchzurechnen, die dem Kern einer realen Situation nahe kommen sollen. Selbst wenn es nur eine Simulation mit dem Computer ist. Ich kenne außer dem Film nichts von John Forbes Nash, doch wird er sowohl den Abelpreis für Mathematik als auch den Gedächtnis-Nobelpreis für Wirtschaft verdient haben. Im Gegensatz zu Arafat für den Frieden.
[3] Ewald Burger: Theorie der Spiele. De Gruyter, 1966. Mein Exemplar habe ich meinem Sohn überlassen, der den Wert hoffentlich zu schätzen weiß: Gebunden oder als PDF für 65 Cent pro Seite.
[4] Christian Rieck: Hamas greift Israel an: spieltheoretische Überlegungen. Youtube, 14.10.2023.
[5] Die Spieltheorie wird gerne dahingehend kritisiert, daß Menschen sich eben nicht rational verhielten. Diesen Makel weist die mathematische Spieltheorie nicht auf. In ihr geht es nicht um menschliche Spieler, sondern um die Spiele selbst. Und wenn einer sich schlau fühlt und zum Beispiel einwendet, im Turnier ginge es gar nicht um den Einzelsieg im Spiel, dann lautet die Antwort: Ein Turnier ist eben ein anderes Spiel!
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