Siebentage-R
Daß ich das noch erleben durfte! Wer hat es erfunden? Das Robert-​Koch-​Institut gewiß nicht. Auch ich kann es nicht in Anspruch nehmen. Zum einen weicht das 7-Tage-R von meinen Wochen­werten w in Details ab. Zum anderen kann man auf der Hand liegende Kenn­zahlen nicht erfinden oder entdecken. [1] Ich hoffe, mit dem neuen 7-Tage-R wird nicht der gleiche Schind­luder getrieben wie mit den Vorgängern.

Heute habe ich gelesen, es sei günstig, Wochen­mittel zu verglei­chen. Schön, das führte auf meine w-Werte, die immer schon besser als die R-Faktoren waren. Jetzt zu wechseln, ist nicht ratsam. Sofort entstünde der Verdacht, man wolle mit w=0,88 statt R=0,93 die Werte schönen. Und weil man das Viertage-​Dogma nicht aufgibt, werden die Mittel­werte zweier Wochen im Abstand von vier Tagen in Rela­tion gesetzt. Dadurch fließen drei Werte sowohl in den Zähler als auch den Nenner ein. Das bewirkt eine gewisse Glättung. Besser wäre jedoch, die realen Zahlen nicht nur durch Now­casting an die vermutete Realität anzu­passen, sondern vor ihrer Verrech­nung zu glätten. Was ist daran kompli­ziert?

Meine einfachste Erklärung für die holprigen Werte der Vergan­genheit lautet, daß die Verkün­diger des Robert-​Koch-​Instituts den falschen Ergeb­nissen ihrer Stati­stiker blind vertrauten. Wie sind solche Fehl­griffe möglich? Zum Beispiel durch Anpas­sung einer Exponen­tial­funktion an die Werte weniger Tage, um sodann aus dem Expo­nenten den R-Faktor abzulesen. Ich will keine abstrusen Sonder­fälle konstru­ieren und einfach die Werte der letzten 15 Tage vom 30. April bis zum 14. Mai betrachten:

1639 945 793 679 685 947 1284 1209 1251 667 357 933 798 933 913

Ein exponentieller Ausgleich auf diese Werte liefert für die vorderen zwei Wochen (1639 bis 933) den R-Fak­tor 0,837 und nur einen Tag später für die hinteren zwei Wochen (945 bis 913) mit 0,972 einen weit höheren Wert. Weshalb werden solche Sprünge von einem Tag auf den anderen nicht nur täglich verkündet, sondern möglicher­weise von Experten wirk­lich errechnet? Weil man selbst als Mathe­matiker blau­äugig glauben kann, man hätte durch wochen­weise Anpassung bekannter Funk­tionen die regel­mäßigen Melde­verzüge ausge­glichen. [2] Das ist offen­sicht­lich nicht der Fall. [3]

Es ist kaum zu glauben, doch die einfachen Methoden liefern bessere, gleich­mäßigere und vor allem glaub­würdi­gere Ergeb­nisse. So bilde ich einfache Verhält­nisse zweier aufein­ander­fol­gender Wochen, woraus sich der R-Faktor gemäß R=w^(4/7) ergibt:

w = (1209+...+933) / (1639+...+1284) = 6148 / 6972 = 0,882   R=0,931
w = (1251+...+913)  /  (945+...+1209) = 5852 / 6542 = 0,895   R=0,938

Und nach der vermuteten Robert-​Koch-​7-Tage-R-​Methode auf Basis gemeldeter statt genow­casteter Zahlen:

R = (1209+...+933) / (679+...+667) = 6148 / 6722 = 0,915
R = (1251+...+913) / (685+...+357) = 5852 / 6400 = 0,914

Die Ergebnisse sind ähnlich. Man muß sich also nicht fragen, weshalb andere zu stark abwei­chenden Ergeb­nissen kommen. Ich vertraue meinen ein­fachen Berech­nungen: Seit dem 1. Mai stieg der R-Faktor langsam und stetig von 0,75 bis maxi­mal 0,95 an. In den letzten vier Tagen lag er nach meinen Kalku­lati­onen bei 0,94±0,01. Wenn das Robert-​Koch-​Institut heute 0,88 nennt, so liegt das noch im Rahmen. Die näch­sten Tage werden es zeigen, denn Now­casting, Glät­tung und Wochen­auswahl hin oder her: Wenn das Robert-​Koch-​Institut wirk­liche 7-Tage-​Mitte­lungs-​4-Tage-​Inkuba­tionszeit-​R-Faktoren bestimmt, dann muß deren siebte Potenz im Mittel der vierten meiner w-Werte ent­sprechen.

[1] Es ist kein Patent darauf anmeldbar, aber auch keine Urheber­schaft zu benennen. Das ist das Schöne an der Mathematik, es gibt sie ohne jeden lebenden oder gestor­benen Menschen. Trotzdem gebürt Ehre dem, der wich­tige Zusammen­hänge gefunden oder gar bewiesen hat. Der 7-Tage-​R-Faktor gehört nicht dazu.
[2] Warum wird die Wochengängigkeit schlechter als erwartet ausge­glichen? Ich nenne es einmal eine mathe­matische Täuschung. Die Ausgleichs­kurve wird nicht nur vom Trend beein­flußt, sondern auch vom Wochen­verlauf. Zur Veran­schau­lichung schneide man aus einer Säge­zahn­kurve zwei Zacken aus, einmal von Spitze zu Spitze und einmal von Mitte zu Mitte. Sie stehen für zwei Wochen von gemel­deten Neu­infek­tionen. Sollte ich mit der Hand durch diese zwei Verläufe möglichst gut eine Gerade oder Exponen­tial­funktion legen, so wäre die erste fallend, die zweite steigend. Das erinnert mich an eine akusti­sche Täuschung, in der stets gleiche Töne beständig aufzu­steigen scheinen, weil ihr internes Spektrum sich schnell aufwärts bewegt.
[3] Wer es nicht glaubt, trage in einem Tabellenkalkulations­programm in die erste Spalte 0 bis 14 (für 30. April bis 14. März) und in die zweite und dritte Spalte die Tageszahlen der neu Infizierten (1639 bis 913) ein und lösche in der zweiten Spalte den letzten Wert 913 und in der dritten den ersten 1639. Trägt man sodann in einer Grafik die Werte der zweiten und dritten Spalte gegen die der ersten auf, so sind zwei Verläufe zu sehen, die sich größten­teils über­lappen, aber gut sichtbar werden, wenn man für den zweiten weit größere Symbole verwendet. Wählt man nun für beide Zahlenreihen einen exponentiellen Ausgleich, so ist der erste wesent­lich steiler als der zweite. Das liegt natür­lich auch daran, daß beim Über­gang von der ersten zur zweiten Spalte vorne mit 1639 viel entfällt, hinten aber nur 913 hinzukommt. Das allein aber erklärt nicht alles. Um das zu erkennen, ersetze man 1639 einfach durch zu w=0,9 erwar­tende 1300. Selbst 1000 läßt noch einen Resteffekt.

Disziplinlosigkeit | Virologenschnack | Prognose | Lebenswert | Ethikraten | Herdenimmunität | Unredlichkeit | Tote | Nationalstaaten | Corona | Rattenschwanz | Förderalismus | Unterleben | Reproduktion | Zweite Welle

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Ich habe mich gefragt, warum der vom Robert-​Koch-​Institut verkün­dete R-Faktor so sehr schwankt, lange Zeit sich weit von von der Rea­lität entfernte und dadurch viele Diskus­sionen verursacht hat? Das nach­ste­hende Bild zeigt als gelbe Linie diese Werte. Wenn sie nicht die zeit­weise und plötz­lich auftre­tenden Schwan­kungen aufwiese, könnte man in ihr bis auf verständ­liche Unsicher­heiten den wahren R-Faktor erahnen.


Verschiedene R-Faktoren (png)

Es ist eine gute und auf der Hand liegende, aber leider zu spät kommende Idee, die Berechnung der R-Faktoren nicht aus Vier­tages­blöcken [1] abzu­leiten, weil man der Meinung ist, die mitt­lere Inku­bations­zeit sei vier Tage, sondern aus zwei um vier Tage versetzten Wochen­blöcken. Diese glat­teren Werte heißen 7-Tage-​R-Faktoren, werden ab vorge­stern publi­ziert, wurden wahr­schein­lich rück­wirkend für vergan­gene Zeiten berechnet und sind als rote Linie darge­stellt. Das vermeidet in Zukunft hoffent­lich abrupte Schwan­kungen.

Das ruhige Dahinplätschern der 7-Tages-​R-Faktoren weckt in mir insofern Vertrauen, als sie seit April sehr gut mit meinen blau dargestellten R-Fak­toren über­ein­stimmen, die ich aus dem Vergleich zweier nicht nur um vier Tage, sondern um eine ganze Woche versetzte Wochen­blöcke ermit­telt habe. Und zwar aus den unkorri­gierten gemel­deten Zahlen, nicht aus den genow­casteten. Eine dauer­hafte Abwei­chung in eine Rich­tung hätte mich auch gewun­dert, denn durch mäßiges Hin- und Her­schieben von Erkrankten ändert man im Mittel nichts.

Wie aber ist dann zu erklären, daß die Zahlen des Robert-​Koch-​Insti­tutes im März deut­lich früher fallen als meine. Der durch die Urlaubs­rück­kehrer verur­sachte Berg liegt drei Tage vor meinem, und die bedeut­same 1 wird sogar anderthalb Wochen früher unter­schritten. Es liegt wahr­schein­lich daran, daß die Infek­tions­daten durch Nowcas­ting weit in die Vergan­genheit geschoben wurden. Dadurch wurde die Spitze des Berges, wo der R-Faktor bei 1 liegt, stark vorver­legt und der Anstieg dorthin deutlich steiler. Die Strafe folgte nicht auf dem Fuße, sondern erst am Ende der Kontakt­beschrän­kungen, als behauptet wurde, der R-Faktor wäre schon zuvor unter 1 gefallen.

Noch trauriger als diese unnötige Verwirrung ist der waage­rechte Verlauf der blauen, roten und gelben Linie ab Mitte April, während die auf den Zahlen bis zum 19. April basie­rende Erwar­tung gemäß der ange­paßten Normal­vertei­lung weiterhin exponen­tiell fällt. Mit Diszi­plin hätten wir entlang dieser schwarzen Linie bis zum Muttertag die Epidemie so gut wie über­wunden. Unge­duld, Diszi­plinlo­sigkeit, Öffnungs­diskus­sions­orgien und Dränge­leien einiger Sparten [2,3] fordern nun nicht nur unnö­tig Tote, sie richten auch fortge­setzten wirt­schaft­lichen Schaden an.

[1] Vier Tage sind etwa eine halbe Woche, womit die Wochen­gängig­keit der gemel­deten und auch der genow­casteten Zahlen sich sehr gut in wöchent­lichen Schwan­kungen der 4-Tages-​R-Faktoren nieder­schlagen kann. In den letzten drei Wochen ist es dadurch geradezu zu einer Resonanz­kata­strophe gekommen.
[2] Die gelbe Spitze oberhalb von 2 am 18. Juni ist nicht Teil einer Resonanz­kata­strophe sondern das Ergebnis schon vor Corona übler Zustände in der Fleisch­zerle­gungs­wirt­schaft. Der damit verbun­dene Berg Infi­zierter erzeugt in den R-Ver­läufen eine Welle aus zunächst erhöhten Werten, die dann auf unter­dursch­nitt­liche fallen, bevor sich wieder Norma­lität einstelt. Vielleicht führt die erzeugte Angst auf 0,9 und nicht auf langsam stei­gende Werte um 1 herum.
[3] Der Tönnis-Berg ist überstanden. Die danach fallenden R-Werte haben einge­lullt. Im Juli aber wurde klar: Allge­meine Diszi­plin­losig­keiten von Hedo­nisten, Fern­reisenden, Bade­gästen, Säufern, Frömm­lern, Groß­fami­lien werden die Werte dauer­haft über der Eins halten. Das reicht für eine flache, dauer­hafte zweite Welle. Die inter­essiert mich nicht mehr so sehr wie die erste. Sie ist nur noch Begleit­erschei­nung allge­meinen Verhal­tens, Ärgernis und gerechte Strafe.

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Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die falschen R-Werte des Robert-​Koch-​Insti­tutes im Monat März beruhen auf dem Versuch, Erkrankte auf den vermu­teten Tag ihrer Infektion statt ihrer Entdeckung vorzu­datieren. Ich bin fest davon über­zeugt, daß dies über­trieben und vor allem ungleich­mäßig erfolgte. Wenn sich der Berg dadurch nur um ein paar Tage nach vorne verschiebt, dann kann man gerne darüber disku­tieren, ob der R-Faktor früher sank oder auf einen anderen Tag zu datieren ist. Merk­würdig bleibt aber, daß sich der Berg nicht nur weit verschoben, sondern auch in die Vergan­genheit stark gestaucht hat. Es mag sein, daß man in der Anfangs­zeit die Erkrankten zügiger entdeckte als später, weil im Verlaufe der Zeit immer mehr Menschen mit schwachen Symptomen immer später getestet wurden. Was man aber nicht machen darf: Vor dem sog. Lockdown Tag für Tag von kurzen Verdop­pelungs­zeiten faseln und danach behaupten, der R-Faktor sei bereits zuvor unter 1 gefallen, der Berg also über­schritten.


gemeldete Erkrankte blau, genowcastete rot (png)

Das Bild zeigt als blaue Punkte die täglich gemeldeten Zahlen zu den Neuin­fekti­onen und als Linie die Wochen­mittel­werte, Grund­lage meiner wöchentlichen Zuwachsraten. Die roten Punkte sind die genow­casteten Werte, die sich ständig auch weit in die Vergangen­heit hinein ändern. [1] Demzu­folge auch deren als Linie darge­stellten Wochen­mittel­werte, aus denen sich die neuen 7-Tage-R-Werte ergeben. Sie wurden wohl in die Vergan­gebheit rückge­rechnet und ändern sich fort­während. [2]

Wer meint, aus falsch verstandener wissen­schaft­licher Genauig­keit derart hinter der durch täglich publi­zierte Zahlen erzeugten Erwar­tung der Menschen zurück­fallen zu müssen, sollte sein Vorgehen über­deutlich erläu­tern oder besser ganz verschweigen, zumin­dest in einer Zeit, da die Ergeb­nisse von Journa­listen in die Welt gerotzt nur Unver­ständnis, Hohn und Spott nach sich ziehen. Von Anfang an war mir klar, daß es wie bei der Bild­zeitung mit dem Aufzug nicht nur rauf, sondern auch runter geht. Zum Schluß wird kein gutes Haar mehr bleiben. [3]

[1] Robert-Koch-Institut: Tabelle mit Nowcasting-​Zahlen zur R-Schätzung. Excel-​Tabelle, 08.06.2020. Darin angepaßte Werte der täglich neu Infi­zierten, unbear­beitet (Spalte B) und geglättet (Spalte E) bis zum 04.06.2020.
[2] Das ist natürlich sehr komfortabel. Man kann heute im Fernsehen mit drama­tischen Zahlen Eindruck schinden und morgen sind sie dank Neube­rechnung schon wieder aus der Verlaufs­kurve verschwunden.
[3] 03.06.2020: Das mußte Herr Drosten in den letzten Tagen erleben. Weshalb die Bild­zeitung ihn nieder­machte, habe ich gar nicht mehr zur Kenntnis genommen. Ich nehme an, es ist ohne Belang.

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Merkwürdigerweise bleiben auch ein paar Kleinigkeiten ohne emoti­onalen Bezug jahr­zehnte­lang im Gedächtnis. So erinnere ich mich aus einem Seminar über sto­chasti­sche Inte­gration an zwei­erlei. Zum einen gleichen sich kleine zufäl­lige Störungen im Laufe eines Prozesses nicht unbe­dingt aus und können sogar Abwei­chungen in immer die gleiche Rich­tung bewirken. Zum anderen anderen ist es für die konsten­günstige Einhal­tung eines Soll­wertes vorteil­haft zu wissen, ab welcher Abwei­chung man gegen­steuern sollte. Für letz­teres wurden Satel­liten angeführt, die bei kleinen Bahnstö­rungen keinen knappen Treib­stoff verpul­vern können, man aber aus gleichem Grunde auch recht­zeitig gegen­steuern sollte. Warum erwähne ich das? Weil es auch für die Corona-​Epidemie gilt.

Ein Beispiel soll ersteres verdeutlichen: Die vernünftige Hälfte der Bevöl­kerung habe 0,7 und die andere rück­sichts­lose 1,2 als R-Faktor. Dann sollte man sich nicht vom arithme­tischen Mittel 0,95 oder gar dem geome­trischen 0,92 einlullen lassen. Schon zu Beginn ist ein höherer Wert anzu­setzen, wenn wie zu erwarten die Rück­sichts­losen bereits stärker durch­seucht sind. In jedem Falle werden sie mit der Zeit stärker als die Vernünf­tigen betroffen sein. Dann steigt der mittlere R-Faktor. Die Rück­sichts­losen nähern sich der Herden­immuni­tät und reißen die anderen mit.

Zweiteres ist am Verlauf der veröffent­lichten R-Fak­toren zu sehen, vor allem denen für vier Tage. Sie können mit ihren Schwan­kungen unmög­lich der Realität entspre­chen, sofern es für den R-Faktor überhaupt eine gibt. Vor einer Entwarung, vor allem aber Panik­mache sollte man also ein­schät­zen können, ob Schwan­kungen zumin­dest scheinbar zufäl­liger Natur sind und sich großen­teils wieder ausglei­chen oder ob sich ein Trend abzeichnet, dem man im ungün­stigen aufstre­benden Falle recht­zeitig begegnen sollte, denn zu spät erfordert das Gegen­steuern mehr Aufwand. Und unnötige Tote hat es bis dahin auch gegeben.

Gestern saß bei einem der üblichen Verdächtigen wieder ein als Mathe­matiker vorge­stellter Mitar­beiter des Robert-​Koch-​Insti­tutes vor einer R-Kurve mit einem dunkel ausge­malten Berg über der Eins. Ich konnte es nicht mitan­sehen, schal­tete um [2] und ärgere mich, nicht schon gestern auf meinen für heute erwar­teten und tatsäch­lich erreichten R-Faktor über 1 hinge­wiesen zu haben. Es ist nämlich ganz einfach: Mit 797 und 745 waren die Zahlen für den 19. und 20. März recht hoch, zwei Wochen später mit 362 und 353 dagegen sehr niedrig. Dadurch sanken die Wochen­mittel vom 22. auf den 24. März um stolze 22 Pro­zent, wodurch mein w-Wert von 0,81 auf 0,66 fiel. Deshalb ist es ganz normal, wenn eine Woche später diese w-Werte vom 29. auf den 31. März von 0,80 auf 1,03 anziehen, ohne jeden Grund in der Gegenwart oder der nahen Vergan­gen­heit.

Daß dies passieren kann, war mir von Anfang an klar und ist ständig zu beob­achten, denn es liegt in der Natur der ein­fachen Divi­sion von grob gewich­teten Mittel­werten, daß ein Knick nach unten später einen nach oben nach sich ziehen kann, sofern er nicht bereits voraus­gegan­gen ist. Man könnte die Werte glätten und sich so der vermeintlichen Realität des R-Faktors nähern. Was aber machen das Robert-​Koch-​Institut und die drama­tisie­renden Medien? Sie publi­zieren und kolpor­tieren den alten 4-Tage-​R-Wert, der natur­gemäß drei Tage früher am 28. März eine noch bruta­lere Spitze von 1,08 aufweist. Wessen Augen aller­dings nicht nur der Wimpern­verlän­gerung dienen, kann dem Kurvenverlauf weit­gehend entnehmen, ob eine rein rechne­rische Schwan­kung oder ein echter Trend vorliegt. Und der heißt derzeit im Börsen-​Jargon: Anhal­tene Seit­wärtsbe­wegung. Das ist traurig genug.

[1] In den letzen drei Wochen lag der sog. 4-Tage-R-Wert mehr­fach über der Eins-Linie. Das allein ist noch kein zwingender Grund gegenzu­steuern, da er zumeist nicht der Realität entspricht und im Mittel immer noch unter eins liegt. Es wäre aber ganz unab­hängig davon sinnvoll, die diese hohen Werte tragenden Diszi­plinlosen in die Schranken zu weisen, damit die Epidemie schnell beendet wird und wir die Masken abnehmen können.
[2] Da das Kleinhirn recht schnell ist, drängte sich beim Anblick der satu­rierten Disku­tanten vor der drama­tisie­renden Kurve der Gedanke auf, man würde bereits morbiden Gefallen daran finden, mit der R-Kurve gele­gentlich einen kurzen Blick in das Reich des Todes werfen zu können. Und die Betonung des nun als Physiker bezeich­neten Mathe­matikers, er habe durchaus Meinungs­verschie­den­heiten mit Herrn Wieler, die zu entwickeln aber auch ein Promo­tionsziel seiner Mitar­beiter sei, ließ in mir den Ekel der letzten Monate wieder aufsteigen, in denen jedes fehler­hafte Ergebnis als wert­voller Beitrag zu einem wissen­schaft­lichen Diskurs gerecht­fertigt wurde. Ich muß Herrn Lesch wider­sprechen: Die sich in Zeiten der Epidemie ausbrei­tenden Analysen, Studien und Auffas­sungen belegen nicht die Über­legen­heit der Wissen­schaft, sondern beschä­digen mit zuneh­mend unred­lichen Ergeb­nissen deren Glaub­wür­digkeit.

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Nachdem vor ein paar Tagen das R-Gespenst über der Eins durch die Medien getrieben wurde, ist der R-Wert heute auf 0,62 gefallen. Von dreima­ligem Fall in Folge und sogar Absturz ist zu lesen. Wie blöd muß man sein, um solche Schwan­kungen nicht zu erwarten und immer wieder über­rascht zu berichten?
     i   n(i)    v(i)    q(i)    r(i)
    19    797    2235    1,28    0,87
    20    745    2397    1,02    0,91
    21    460    2515    0,76    0,92
    22    638    2640    0,71    0,79
Sa  23    431    2274    0,57    0,82
So  24    289    1818    0,63    0,74
    25    432    1790    1,04    0,80
    26    362    1514    1,23    0,92
    27    353    1436    1,40    1,00
    28    741    1888    1,46    1,08
    29    738    2194    0,83    0,94
Sa  30    286    2118    0,54    0,82
So  31    333    2098    0,60    0,68
    32    213    1570    0,69    0,68
    33    342    1174
    34    394    1282
    35    507    1456
Die Tabelle zeigt die Zahl n(i) der neu Erkrankten zum i-ten Mai, deren Viertages-Summen v(i)=n(i)+n(i-1)+n(i-2)+n(i-3), die Quoti­enten q(i)=v(i+3)/v(i-1) zweier auf­einander­folgen­der Blöcke und den Viertages-​R-Wert r(i) des Robert-​Koch-​Insti­tutes. Hohe Werte sind rot, niedrige grün darge­stellt. Sie treten bei den neu Erkrankten gerne im Wechsel alle vier Tage, als Folge in den Vier­tages­blöcken und schließ­lich in den Quo­tienten auf. Die R-Werte des Robert-​Koch-​Insti­tutes bewegen sich weit­gehend synchron, schwanken aber weniger, weil sie auf zuvor geglät­teten Anzahlen beruhen. [1] Und da sich das alles in der Nähe der Eins abspielt, kommt es abwech­selnd zu Befürch­tungen und Entspan­nung. Um einen dummen Zufall handelt es sich leider nicht. Der trotz aller Wochen­endar­beit sich durch­setzende Stiefel erzeugt einen regelmäßigen Wochen­verlauf. Dessen Periode von sieben Tagen ist wegen 7/2≈4 gut geeignet, einen auf Vier­tages­blöcken beru­henden R-Wert kräftig ins Schwanken zu bringen. Das über­rascht keinen, der jemals Zahlen­kolonnen mit perio­dischem Verlauf verar­beiten mußte. Im Robert-​Koch-​Insti­tut war das vor Corona wohl nicht der Fall.

[1] Robert-Koch-Institut: Tabelle mit Nowcasting-Zahlen zur R-Schätzung. Excel-​Tabelle, 08.06.2020.

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Vor zwei Wochen erläuterte ich, warum der „effektive“ 4-Tages-​R-Wert enormen Schwan­kungen unter­liegt und man recht naiven Gemütes sein muß, um in ihm den Verlauf der wirk­lichen Netto­repro­duktions­zahl zu sehen. Zwischen­zeitlich ist es zu extremen Aus­schlä­gen gekommen. Der Wert lag in den letzten drei Wochen mehr­fach unter 0,8 bzw. über 1,2. Obwohl meine R-Werte nicht auf geglät­teten Zahlen, sondern einfach auf den gemel­deten beruhen, verlaufen sie viel eben­mäßiger. Einzelne Spitzen nach oben oder unten sind schnell als Folge von zu geringen oder erhöhten Tages­zahlen zu erkennen.

Deshalb irritierte mich kurzzeitig, daß auch meine w-Werte in den letzten zwei Tagen mächtig anzogen und 1,3 über­stiegen, was einem R-Wert von 1,16 entspricht. Und wenn morgen mehr als 175 neu Erkrankte gemeldet werden, dann wird dieser Wert noch steigen. [1] Ein zweiter Blick spricht meine Werte frei. Sie entspre­chen der Realität: In den letzten drei Wochen haben sich 2482, 2344 und 3113 Menschen in Deutsch­land neu ange­steckt. Einem im Vergleich zu letztem Monat bereits beschei­denen Rück­gang folgte nun ein deut­licher Zuwachs, der nur zum Teil den Dreck­spatzen bei Tönnies zuge­schrieben werden kann. Vielmehr macht ein Verbund aus Unein­sichtigen in Nord­rhein-​West­falen, Nieder­sachsen, Bremen und Hessen zusammen mit den Hedo­nisten unserer Haupt­stadt die Bemü­hungen und Diszi­plin der überwäl­tigenden Mehr­heit zunichte.

Ich werde es wohl nicht mehr erleben, daß die Normalbevölkerung nicht nur die Nase rümpft und die eine oder andere verächt­liche Bemer­kung abläßt, sondern sich effektiv gegen Asoziale zur Wehr setzt. Corona zeigt uns, daß dies nicht immer über­triebe Härte und herz­loser Egoismus ist, denn von sich durch­seuchenden Minder­heiten geht eine echte Gefahr aus. Satu­rierte Gutmen­schen mögen sich damit trösten, daß es ja nur einige kleine Gruppen betrifft, die von ihnen sogar noch als unter­privilegiert bemit­leidet werden. Doch wenn sie nicht in den Griff zu bekommen sind und notfalls einge­zäunt werden, dann sind letzt­lich alle dran. Es reicht nicht, wenn die Vernünf­tigen einen R-Wert von 0,8 unter­schreiten, solange sich inmmitten der Zivili­sation Subkul­turen mit 1,2 tummeln. [2]

[1] Mit 687 wurden es sehr viele, vor allem für einen Samstag, da viele Gesundheitsämter das Sabbatgebot beachten, kein einziger verstarb, aber einer von den Toten auferstand.
[2] Das ist nicht ganz korrekt ausgedrückt, denn man kann Subkul­turen den R-Wert nicht runter­prügeln. Gemeint ist genauer gesagt: Es darf in Subkul­turen mit zu hohem R-Wert nur wenige Infi­zierte geben, möglichst ohne Kontakt zur vernünf­tigen Bevöl­kerungs­mehrheit. Selbst die hätte wieder einen hohen R-Wert, wenn Corona so gut wie ausge­rottet wäre und alle Schutz­maß­nahmen wieder entfielen, denn  Rt und R0 sind die Anzahlen derer, die ein Infi­zierter ansteckt bzw. anstecken möchte. Sie verschwinden nicht gegen 0, weil die Krank­heit ausge­rottet ist. Für Pocken gilt immer noch R0≈6.

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Unsere Qualitätsjournalisten sind nicht nur über­wältigt, wenn ein stark stei­gender R-Wert vermeldet werden kann, sondern sind oder tun auch über­rascht, wenn er plötz­lich fällt, wie heute der 4-Tage-R-Wert von 2,02 auf 0,72. Zwar wird gelegent­lich erwähnt, daß dieser Wert den Zustand vor vier Tagen beschreibt, doch hat man wohl nichts dagegen, daß die meisten Leser darin aktuelle bare Münze sehen. Unschuldig daran ist auch nicht das Robert-​Koch-​Institut, das mit immer gleichen Wendungen die Reali­tätsnähe ihrer R-Werte relati­viert, sie dann vier bzw. fünf Tage in die Vergan­genheit verschoben in eine Excel-​Tabelle einträgt, deren Werte täglich angepaßt werden, aber ihre R-Werte dennoch jeden Tag raus­posaunt. So wurden die am gestrigen 23.06. verkün­deten 2,02 zum 19.06. einge­tragen und sind schon heute auf 1,9 gesunken.

Es spricht nichts dagegen, die Vergangenheit mit fort­schrei­tender Gegen­wart besser beziffern zu wollen. Nur sollte man das nicht als aktuelle Zustands­beschrei­bungen ausgeben. Wenn die verkün­deten R-Werte nur die Vergan­genheit beschreiben, sollte doch keiner über­rascht sein, sofern er die Nach­richten, besser die Zahlen der letzten Woche verfolgt hat. Wenn die Anzahl der neu positiv Getesteten um 290 dümpelte, dann vier Tage lang auf 650 stieg und danach wieder auf 540 fiel, ist es doch nicht verwun­derlich, wenn der Viertage­wert binnen weniger Tage über 2 steigt und danach genauso schnell wieder auf 0,8 fällt. Sollte sich alles wieder norma­lisieren, so wird es wieder Richtung 1 gehen.

Zwar ist es ein Rückschlag, wenn ein bedeu­tender, aber dennoch lokaler Ausbruch die R-Werte kurz­zeitig hoch­treibt und ein paar Dutzend Tote kostet, doch ist es lang­fristig entschei­dend, daß der R-Wert im Mittel möglichst deut­lich unter 1 liegt. Das ist derzeit auch ohne Fleisch­betriebe und Wohn­bunker nicht der Fall. Vielmehr scheinen die Werte langsam zu steigen. Und davon lenken die aktu­ellen Ausbrüche ab. Sie lassen die Menschen glauben, daß mit ihrer Eindäm­mung alles getan und danach wieder gut ist.

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Die am 23. und 24. Juni verkündeten und zum 19. bzw. 20. Juni notierten Viertages-R-Werte von 2,02 bzw. 0,72 haben mich nicht ruhen lassen. Natürlich ist ein solcher Sprung möglich, nur sehe ich keine Zahlen, die ihn recht­fertigen. Wie hoch müßten die tägli­chen Zahlen sein und wie stark schwanken? Dazu betrachte ich die nicht­negativen Anzahlen a,b,...,i positiv Getesteter an den neun Tagen vor der Verkün­digung eines Abfalles der Vier­tages­zuwächse von x auf y. Löst man

x = (e+f+g+h) / (a+b+c+d) und y = (f+g+h+i) / (b+c+d+e)

nach f+g+h auf und setzt sie gleich, ergibt sich

e = (xa+(x-y)(b+c+d)+i) / (1+y)

Bei genauerem Hinsehen behauptet das Robert-Koch-Institut für seine Vier­tages-​R-Werte nur, daß sie mit 95-pro­zentiger Wahr­schein­lichkeit zwischen 1,53 und 2,41 bzw. 0,56 und 0,91 liegen, weshalb ich die minimale Sprung­weite von x=1,53 nach y=0,91 ansetze und so mit minde­stens 90-pro­zentiger Wahr­schein­lichkeit

e ≥ 0,801a+0,324(b+c+d)+0,523i > 1158

für den 19. Juni erhalte, an dem aber nur 601 erreicht wurden. Selbst wenn ich e auf den 18. Juni mit den Maximalwert 770 der letzten Wochen lege, wären immer noch 839 zu übertreffen. [1]

Wie können also die extremen Werte x=2,02 und y=0,72 des Robert-​Koch-​Insti­tutes erklärt werden, ohne die geringe Wahr­schein­lichkeit in Anspruch zu nehmen, gleich zweimal das Prädiktions­intervall von 95 Pro­zent zu verlassen? Ich habe keine Lust, die Anleitung zu studieren, in der die Bildung der Viertages-​R-Werte beschrieben wird, und gehe einfach davon aus, daß es an den sich täglich ändernden Zahlen a bis i liegt. Das Bestreben, Altfälle auf das Infek­tions­datum zu legen und dies bei neuen zu schätzen, sollte eigent­lich die R-Werte der Realität nähern, insbe­sondere also glätten. Doch ange­sichts des erst­maligen Auftre­tens eines kurzen und gemessen am Grund­rauschen recht hohen Berges hat das Nowcasting wohl einfach versagt.

[1] Warum habe ich eine Abschätzung für e gewält? Weil e der Wert ist, der bei der Berech­nung der beiden R-Werte vom Zähler in den Nenner wandert und deshalb den größten Einfluß auf die Sprung­weite hat. Diese Überge­wichtung von e im Vergleich zu den anderen ist aber weniger bedenklich als der nur halb so große Einfluß der Rand­werte a und i, während die übrigen nur als Summen b+c+d bzw. f+g+h zur Abfe­derung beitragen. Um durch a, e und i verur­sachte Sprünge zu mildern, wären zum Rand hin abfal­lende Gewichte sinnvoll, vor allem über mehr als vier Tage.
[2] Es ist nun ein Tag vergangen. Der 4-Tage-Wert ist mit 0,57 immer noch im Keller, weil ein kurzer steiler Berg nicht nur eine über­bewer­tete stei­gende Flanke hat, sondern auch eine fallende. Sein Maximum der letzten Tage hatte der 4-Tage-Wert mit 2,88 am 21. Juni erreicht. Einen Tag lang stand es zum 17. Juni in der Tabelle, wurde zwischen­zeitlich auf 2,04 herabge­stuft und liegt nun einen Tag vor dem neuen Gipfel mit 2,26 am 18. Juni. Morgen werden die Werte wieder andere sein. Eine schöne Methode, täglich zu drama­tisieren und gleich­zeitig vor der Geschichte mit halbwegs mode­raten Werten zu glänzen.

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Kaum hat der 4-Tage-R-Wert die Marke von 0,7 erreicht, schon „bewegen wir uns auf einen neuen Tief­stand zu“. Wo soll der liegen? Unter­halb der 0,56 vom 26. Juni? Nach der Tönnies-​Dramatik nun zurück in eine schöne Welt der Keim­frei­heit? Ich erwarte eine Steige­rung der verschie­denen R-Werte auf 0,96 binnen einer Woche. [1] Meine Über­legung ist recht einfach: Vor einem Monat hatten wir bei einem R-Wert von etwa 0,98 täglich 350 Neuer­kran­kungen. Für diese Woche wären „nur“ noch 300 zu erwarten gewesen. Reali­stisch erscheinen mir etwas mehr, nämlich 400 an Wochen­tagen und 200 am Samstag und am Sonntag. Dann steigt der R-Wert binnen einer Woche von 0,89 auf 0,96 an. Wahr­schein­lich wird sich Tönnies nur als drei­wöchige Verzö­gerung mit 2000 Kranken und 20 Toten mitt­leren Alters erweisen. [2] Besten­falls steckt die Angst nun tief genug, die bestän­dige R-Wert-​Steige­rung aufzu­halten.

[1] 17.07.2020: Eine Woche ist um, und das Tiefstand­gelaber könnte wieder von Höhen­angst abgelöst werden. Der heute vermeldete R-Wert für sieben Tage liegt bei 1,20 und der für vier Tage sogar bei 1,25. Meinen Wert von 1,04 halte ich für reali­stischer. Und das ist nicht mehr Tönnies zuzu­rechnen, sondern Ausdruck einer allge­meinen Entwick­lung, verur­sacht von Dreck­schweinen, die sich im Schatten lokaler Ausbrüche sulen.
[2] Drei Wochen Verzögerung bedeuten letztlich 7000 Erkrankte mehr, weshalb ich Tönnies und andere nordrhein-​westfä­lische Umtriebe mit 9000 beziffern möchte, die viel­leicht 200 Tote nach sich ziehen. Weiter so, liebe Hedo­nisten, Frömmler, Freiluft­säufer!

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Immer wieder schwanken die R-Werte unnatürlich stark, werden aber vom Robert-Koch-Institut dennoch täglich heraus­posaunt, gleich­wohl sie sich auf ein Datum beziehen, das vier bzw. fünf Tage zurück­liegt, und im Laufe der Zeit noch korri­giert werden. Kaum Schwierig­keiten gäbe es, wenn statt der stark schwan­kenden und fehler­haften Tages­zahlen eine recht glatte reelle Funktion n in der Zeit vorläge. Dann gäbe die loga­rith­mische Ablei­tung l(d)=n'(d)/n(d) gute Auskunft über das Wachstum. Leider hat man sich statt­dessen für die daraus abgelei­tete Repro­duk­tions­zahl R(d)=exp(4·l(d)) mit dem Beliebig­keits­faktor 4 entschieden, weil ohne verläß­lichen Beleg ange­nommen wird, die Krank­heit würde in vier Tagen weiter­gegeben. [1]

Das Robert-Koch-Institut versucht, die Anzahl der neuen Infek­tionen n(d) zu glätten. Das gelingt aber nur mangel­haft, weshalb die Ablei­tung n'(d) und damit die „effek­tiven“ Vier- bzw. Sieben­tages­werte stark schwanken und selbst ein nur vage existie­rendes „wahres“ R schlecht nähern. Die schlichten Berech­nungs­methoden tragen im Vergleich zu den Unregel­mäßig­keiten nur wenig zur Abwei­chung bei. Zur Verdeut­lichung habe ich versucht, die Realität der Monate Mai bis Juli einiger­maßen glatt zu model­lieren.


R-Wert-Entwicklung am fiktiven Tönnies-Berg (png)

Das Bild zeigt drei schwarze Verläufe. Eine stark mit einer Halbwerts­zeit von 6,2 Tagen fallende exponen­tielle Linie, die den R-Faktor zu Tönnies und Umgebung nähern soll. [2] Eine weitere mit einer Verdop­pelungs­zeit von 217 Tagen kaum sichtbar exponen­tiell stei­gende schwarze Linie steht für den Rest Deutsch­lands. Aus beiden ergibt sich die wellen­förmige Linie als Gesamt­wert. [3] Es liegt also in der Natur der Sache, daß bei einem lokalen Ausbruch größeren Ausmaßes die R-Werte zunächst ansteigen, danach unter die Normal­linie fallen, um sich ihr letzt­lich wieder zu nähern.

Die gelbe Linie zeigt den sich ergebenden Vier- und die rote den Sieben­tages­wert nach der Methode des Robert-Koch-Institutes, die blaue meine Berech­nung. Alle verhalten sich wie Renn­fahrer und schneiden die Kurven. [4] Am Schnitt­punkt der schwarzen Linien ist zu erkennen, daß die farbigen nach­laufen. Die gelbe und die blaue um einen halben, die rote um einen ganzen Tag. [5] Alle drei Linien verlaufen zufrieden­stellend. Das Schneiden der Kurven nimmt sogar einen Funken Dramatik aus der Sache. Meine Kritik setzt daher und schon immer an einer anderen Stelle an, nämlich beim Einfluß von Ungleich­mäßig­keiten auf den Verlauf der drei berech­neten Werte. Dazu habe ich die Eben­mäßig­keit an zwei Stellen verletzt und am 16. Mai 100 Erkranke zuge­schlagen, die ich am 17. wieder ausge­glichen habe. Das erzeugt Zacken im Verlauf, weil die Störung zunächst durch den Zähler und später durch den Nenner wandert.

Ich sehe meine blauen Werte als Sieger, auch wenn zum Ausgleich der kleinen Spitze sieben Tage zuvor und danach je eine in die andere Richtung auftritt. [6] Bei den gelben Viertageswerten ist es ähnlich. Nur ist der Ausschlag deutlich stärker und wird schon im Abstand von vier Tagen ausge­glichen. Die roten Sieben­tages­werte sind im Volumen nicht schlechter als meine. Es entsteht aber ein Zentral­krater, weil in der Mitte die Stör­stelle sowohl im Zähler als auch im Nenner addiert wird. Deshalb gefallen mir meine Werte etwas besser, die Vier­tages­werte fallen durch.

Wie man im ebenmäßigen Teil des Verlaufes sieht, können selbst die Vier­tages­werte sehr genau sein. Außerdem ragen sie nicht 6 bzw. 7, sondern nur 4 Tage in die Vergangen­heit und lassen so die Gegen­wart besser erahnen. Das Robert-Koch-Institut wollte die durch Schwan­kungen, Störungen, Melde­verzüge und Wochen­verlauf verur­sachten Zuckungen der Vier­tages­werte durch Glättung und Rück­datie­rung auf den vermuteten Ansteckungs­zeitpunkt mildern. Das scheiterte. [7] Leider gibt es keine wohldefinierten wahren R-Werte. [8] Die nähe­rungs­weise Vorstel­lung von ihnen liegt aber sicher­lich in mehr als einem von 20 Tagen außer­halb des 95-pro­zentigen Prädik­tions­inter­valls. Heute wird 1,06 als Unter­grenze für den Sieben­tages­wert von 1,20 ange­geben. Meines Erach­tens liegt der wahre Wert trotz aller Diszi­plinlosig­keiten noch knapp darunter.

[1] In einem früheren Bild ist der Verlauf von lnλ darge­stellt, was nur durch die tages­weise Diskre­tisie­rung von l abweicht. Schon dort hatte ich Rλ^4 erwähnt, womit R=exp(4·l) nicht über­rascht und erneut belegt, weshalb die Ausgleichs­gerade durch lnλ Maximum und Breite einer Normal­vertei­lung angibt, die gut durch die realen Werte n(d) verläuft. So konnte schon Ende März der Höhe­punkt recht genau vorher­gesagt werden, der jedoch im Einver­nehmen von Politik und Viro­logie unter Beto­nung „weiterhin stei­gender Zahlen“ verschwiegen wurde. Das diskre­ditierte zwar die „Wissen­schaft“, verhin­derte aber sofor­tige Öffnungs­diskus­sions­orgien.
[2] Daß die Linie praktisch aus dem Unendlichen kommt, widerspricht nur augen­schein­lich oder bei naiver Sicht­weise der Realität. Schließ­lich handelt es sich um ein konti­nuier­liches Modell. So haben sich bei Tönnies am 31. Mai 0,10 ange­steckt, und dank eines R-Faktors von 13,6 am 1. Juni bereits 0,19. Das ist nicht nur unpro­blema­tisch, sondern auch konse­quenter als Nullen anzu­setzen. Weniger ins Auge springt der gleiche Schein­wider­spruch Ende Juli, wo der R-Faktor bei Tönnies fast auf 0 absackt.
[3] Mit welchen Gewichten sich aus den beiden R-Werten ein mitt­lerer ergibt, hängt natür­lich davon ab, welches Ausmaß an Erkrankten die beiden Gruppen beisteuern. Für Tönnies ist eine Normal­vertei­lung mit einer Spitze von 300 am 23. Juni und einer Streuung von 6 Tagen ange­setzt, für den Rest Deutsch­lands eben­falls 300 am 2. Juli, wo der täglich um 3 Promille stei­gende R-Faktor die Eins-Linie über­quert.
[4] Für diese schlichte Erkenntnis benötigt man natürlich keine Modell­rechnung. Es reicht ein Blick auf die Berech­nung aus Quoti­enten von Vier- bzw. Sieben­tages­blöcken. Da meine Werte auf insgesamt 14 Tagen beruhen, schneiden sie die Kurve am stärksten.
[5] Die Vorwoche liegt im Mittel (1+7)/2=4 Tage zurück, die Vorvor­woche 11. Eine opti­male Datie­rung meiner Werte wäre damit (4+11)/2=7,5 Tage zurück. Ich verwende aber nur 7. Für die Sieben­tages­werte ergeben sich Wochen­mittel bei (1+7)/2=4 und (5+11)/2=8 Tagen zurück. Optimal wäre eine Rück­datie­rung um (4+8)/2=6 Tage. Das Robert-Koch-Institut setzt mit 5 einen ganzen Tag weniger an. Und für die alten Vier­tages­werte führen (1+4)/2=2,5 und (5+8)/2=6,5 auf (2,5+6,5)/2=4,5 statt 4 Tage. Durch den Versatz um einen halben bzw. ganzen Tag sieht es so aus, als würden Rechts­kurven stärker geschnit­ten als linke und gegen Ende der Fahrer fast aus der Kurve getragen, während er sich zu Beginn noch an der Mittel­linie orientiert.
[6] Diesen unangenehmen Effekt kann man mindern, wenn die mitt­leren Tage beider Wochen deutlich stärker gewichtet werden als die am Rande. Dadurch fällt es nicht so sehr auf, wenn ein ausrei­ßender Wert in den Zähler oder Nenner eindringt oder ihn verläßt. Darauf habe ich aller­dings verzichtet, weil es nicht nur aufwen­diger ist, sondern auch die Wochen­gängig­keit schlechter ausgliche, gleich­wohl die Hoffnung besteht, daß sie in Zähler und Nenner gleich­mäßig zuschlägt.
[7] Die Rückdatierung schob den Berg um eine Woche in die Vergan­genheit, was den R-Faktor schon vor den Kontakt­beschrän­kungen unter die Eins-Linie drückte. Als dies nach Wochen zuge­geben wurde und an die Öffent­lichkeit gelangete, war die Häme verdienter­maßen groß. Die Glättung gelang eben­falls nicht ausrei­chend. So verblieb eine Wochen­gängig­keit mit fatalen wöchent­lichen Zuckungen des Vier­tages­wertes, die wegen abneh­mender Absolut­zahlen mit hohen relativen Schwan­kungen in letzter Zeit überhand nahmen. Deshalb wurde das „Siebentage-R“ eingeführt. Leider werden die Vier­tages­werte aber immer noch jeden Tag rausge­hauen.
[8] Die Wikipedia nennt für die Basisrepro­duktionszahl R0, wieviele Menschen von einer infek­tiösen Person durch­schnitt­lich ange­steckt werden, wenn kein Mitglied der Popu­lation gegen­über dem Erreger immun ist. Das mag manchen als Definition genügen. Eine Wohlde­finition ist es kaum. Sie bedarf noch einer Präzi­sierung. Wich­tiger aber ist der Umstand, daß selbst bei bekanntem R0 nur schwer das Wachstum vorher­zusagen ist. Weniger aufgrund der Unkenntnis bereits beste­hender Unem­pfind­lich­keit, gar Immu­nität oder unbe­kannter Vertei­lung des Risikos auf einzelne Gruppen, sondern in erster Linie wegen der unbe­kannten Inkuba­tions­zeit. Und wenn ich auch eine unge­naue Defini­tion und eine postu­lierte Inku­bations­zeit hinnehme, so bleiben R0, Rt, R und Konsorten dennoch der Makel einer nur groben Meßbar­keit. Das belegen die zuckenden berech­neten „effek­tiven“ Werte selbst in Zeiten, da weit und breit kein Grund zu sehen ist, weshalb die „wahren“ Werte derart schwanken sollten.

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Jetzt sehen manche die zweite Welle kommen und suchen nach dem Grund derzeit stei­gender Werte. Der ist im Prinzip ganz einfach. Der R-Wert ist kontra­intuitiv, weil er es im Falle eines lokalen Ausbru­ches nicht wie die Infek­tions­zahl bei einem Berg beläßt, sondern zum Aus­gleich anschlie­ßend unter die Normal­linie fällt, wenn auch nur wenig, da auch hier wegen einset­zender Routine, Nach­lässig­keit und Klein­rederei ein Ratten­schwanz das Tal lang­zieht und von naiven Gemü­tern für eine Rück­kehr zur Norma­lität gehalten werden kann. Doch die wird nach Tönnies erst jetzt erreicht. Und siehe da: Der R-Wert könnte im Schatten von Einzel­ereig­nissen durchaus schneller als mit von mir ange­setzten tägli­chen drei Pro­mille gewachsen sein. Seit Ostern im Mittel um vier. Aber ich will meine Vermu­tungen nicht schlecht reden: Ein Pro­mille konnte ich nicht absehen, es lag nicht im lang­fristigen Trend der nach­öster­lichen Sorg­losig­keit, ist auch nicht von Tönnies und Konsorten verschuldet, sondern durch den einset­zenden Tourismus. Heute schön an den 17 positiv Gete­steten in Meck­lenburg-​Vorpom­mern zu erkennen. In der ersten Juli-​Hälfte waren es gerade einmal 2 (in Worten: zwei).

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Nach meiner Simulation des Tönnies-Berges nun auf Basis realer Zahlen nicht die „wahren“ R-Werte, sondern nur die „effek­tiven“. So bezeichnet sie das Robert-​Koch-​Institut, obwohl von einem Effek­tivwert zu fordern wäre, daß sich aus ihm sehr gut die reale Entwick­lung abzu­leiten ist.


R-Wert-Entwicklung am realen Tönnies-Berg (png)

Das ist weder bei meinem aus w abgelei­teten Wert r noch bei den veröf­fentli­chen r4 für vier und r7 für sieben Tage der Fall. Sie sind alle­samt durch schlichte Division gebil­dete auf vier Tage bezo­gene mitt­lere Steige­rungs­raten. Zur Erinne­rung:

w(d-4) = (p(d-1)-p(d-8)) / (p(d-8)-p(d-15))
r(d-7) = w(d-4)^(4/7)
r4(d-4) = (g(d-1)-g(d-5)) / (g(d-5)-g(d-9))
r7(d-5) = (g(d-1)-g(d-8)) / (g(d-5)-g(d-12))

Darin steht p(d) für die Anzahl der jemals Infi­zierten bis zum Ende des Tages d, die am Vormittag des Folge­tages d+1 vom Robert-​Koch-​Institut publi­ziert wird. Ich berechne daraus Wochen­zu­wächse w, die auf den mitt­leren Tag d-4 der vergan­genen Woche datiert werden. Aus ihnen leite ich ein blau darge­stell­tes r ab, das zur Anpas­sung an eine wahre Repro­duk­tions­zahl um eine ganze Woche zurück­liegt. Das Robert-​Koch-​Institut verschiebt jeden Tag neu die Infi­zierten auf einen vermu­teten Ansteckungs­zeit­punkt und ermit­telt so aus den gemel­deten Zah­len p einen geglät­teten Ver­lauf g, aus dem sich der Vier­tage­wert r4 und der Sieben­tage­wert r7 ergeben, die beide am Nach­mittag des aktu­ellen Tages d+1 im Rahmen des tägli­chen Berichtes raus­gehauen werden und als dünne gelbe bzw. rote darge­stellt sind. Sie werden vier bzw. fünf Tage rück­datiert in eine Excel-​Tabelle [1] über­nommen, wo sie sich aber durch zukünf­tige neue Glät­tungen noch verän­dern können. Die Verläufe zum heutigen 27. Juli sind durch eine dicke gelbe bzw. rote Linie darge­stellt.

Im Prinzip entspricht der reale Verlauf der dick darge­stellten rückda­tierten Werte dem theo­reti­schen auf der Basis einer ange­nommen glatten Entwick­lung. Die dünnen Linien der täg­lich rausge­hauenen Werte laufen nicht nur vor, sie schwanken auch wesent­lich stärker. Wer deshalb Tag für Tag aus ihnen einen Zeitungs­artikel zimmert, verarscht Leser für ein kleines Zeilen­honorar. Abwei­chend von der Simu­lation ist der nach­laufende tiefe Teil der Welle deut­lich länger und flacher. Das verwun­dert wenig, da auch lokale Ausbrüche zu einem Ratten­schwanz neigen. Daduch nicht zu erklären ist aber, daß die Linie gegen Ende deut­lich steigt. Das ist auch keine Fort­setzung eines leichten Anstieges, der sich bereits in den letzten zwei Monaten abzeich­nete. Vielmehr muß eine Unzahl lokaler Ausbrüche oder eine anzie­hende flächen­deckende Diszi­plin­losig­keit ange­nommen werden. Ob es eine zweite Welle wird, hängt von den Maßnahmen ab, die ergriffen werden oder auch nicht.

[1] Robert-Koch-Institut: Tabelle mit Nowcasting-​Zahlen zur R-Schätzung. Excel-​Tabelle, 27.07.2020. Darin die Vier- und Siebentageswerte in den Spalten H und K.

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Unsere Medien werden nicht müde, uns mit neuen Zahlen zu verwirren. Eben in der Tages­schau: Vier­zehn­tage­inzi­denzen von Lett­land bis Spanien. Deutschland mit 31 pcm/14d, also eine Sieben­tage­inzi­denz von 15,5 pcm/7d oder 155 ppm/Woche oder schlicht 22 ppm/d, etwa jede Stunde einer auf eine Milli­onen Einwohner.

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